Veröffentlicht: 24.03.09
Hochleistungsrechnen

Ein Supercomputer für 550 Wissenschaftler

Heute wird die Erweiterung des Hochleistungsrechners Brutus der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Cluster leistet soviel wie 5’000 handelsübliche PCs. ETH-Wissenschaftler können sich als Shareholder daran beteiligen.

Niklaus Salzmann
Eine Reihe wassergekühlter Racks des Supercomputers Brutus. (Bild: ID/ETH Zürich)
Eine Reihe wassergekühlter Racks des Supercomputers Brutus. (Bild: ID/ETH Zürich) (Grossbild)

Dicke Betonwände schützen den Computerraum im Keller des Rechenzentrum-Gebäudes an der Clausiusstrasse. Ein Drehkreuz lässt nur Mitarbeiter mit dem passenden Badge passieren – denn die ETH bezog unter anderem während des Kalten Krieges Material aus den USA, deren Exportgesetze damals solche Sicherheitsmassnahmen forderten, um den Missbrauch von Supercomputern für militärische Zwecke zu verhindern. Der Raum ist kühl und lärmig. Darin stehen reihenweise Racks, die aussehen wie Gefrierschränke in einem Warenhaus, nur dass sie Elektronik statt Gemüse enthalten. Links die technisch überholten Maschinen. Rechts der neuste Stand der Technik: der Brutus-Cluster.

Die Informatikdienste, die den Supercomputer betreiben, haben dessen Leistung im vergangenen Jahr massiv ausgebaut. Am heutigen «Brutus User Day» (siehe Kasten) wird das Ergebnis den Anwendern und Interessierten vorgestellt: 75 Teraflops wird der Computer bald leisten können, das sind 75 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde, soviel wie 5’000 handelsübliche PCs.

Von Quantenmechanik bis Soziologie

Computersimulationen sind heute eine eigene Disziplin der Wissenschaften, zusätzlich zu Theorie und Experiment. Das Spektrum an der ETH reicht von der Simulation quantenmechanischer Systeme am Departement Physik, über Studien sozialen Verhaltens am Departement Geisteswissenschaften, bis zur Simulation von Körperflüssigkeiten am Departement Maschinenbau. Der Supercomputer Brutus der Informatikdienste ergänzt für ETH-Wissenschaftler das Angebot des Schweizer Hochleistungsrechenzentrums CSCS in Manno im Tessin.

Olivier Byrde, Leiter der Hochleistungsrechengruppe (High Performance Computing HPC) der Informatikdienste an der ETH Zürich, ist ursprünglich Mathematiker. Für seine Doktorarbeit an der ETH Lausanne in den Neunzigern hatte er Berechnungen in Fluiddynamik auf massiv parallelen Supercomputern durchgeführt und kennt deshalb solche Maschinen auch aus Sicht des Anwenders. Als Byrde vor zwei Jahren die Leitung der Gruppe HPC übernahm, stellte sich ihm die Frage, wie der wachsende Bedarf der ETH-Wissenschaftler nach Rechenleistung gedeckt werden kann. Da nicht genügend Geld für einen neuen grossen Supercomputer vorhanden war, schuf sein Team aus Komponenten bereits vorhandener Cluster ein völlig neues System. Brutus ist nun seit einem Jahr in Betrieb, wird jetzt mit neuster Hardware ausgerüstet und bald sechzehn Mal mehr leisten, als seine Vorgänger zusammengenommen.

Mehrere Zentimeter dicke Stromkabel

Brutus ist die Abkürzung für «Better Reliability and Usability Thanks to Unified System» – höhere Zuverlässigkeit und Nutzerfreundlichkeit dank eines einheitlichen Systems. Dass der Cluster aus Komponenten verschiedener Generationen zusammengebaut wurde, merken die Anwender nicht. Sie loggen sich auf einem einheitlichen Portal ein, und ein «Job Manager» entscheidet automatisch, welcher Teil des Clusters die Rechnung am besten durchführt.

Die Rechenkapazität wird nach einem Shareholder-Prinzip verteilt. Dreissig Forschungsgruppen aus elf Departementen haben sich finanziell an Brutus beteiligt; ihnen steht der entsprechende Anteil Rechenleistung zu. Rund zehn Prozent haben die Informatikdienste selber finanziert und stellen sie jenen Wissenschaftlern zur Verfügung, die nicht Shareholder sind. 550 Forscher rechnen auf Brutus, der im Schnitt zu gut neunzig Prozent ausgelastet ist – andere Cluster kommen in der Regel auf keine fünfzig Prozent. Auf Effizienz legte das Team um Olivier Byrde besonderes Augenmerk. Der Stromverbrauch musste möglichst gering bleiben – bereits jetzt sind die Stromkabel mehrere Zentimeter dick. Effizient gekühlt wird in den neueren Racks durch Wasserkühlung statt Luftkühlung. Und effizient ist Brutus auch bezüglich der benötigten Arbeitskraft – er wurde entworfen und wird betrieben von drei Personen.

Brutus User Day

Heute Dienstag, 24. März, findet der «Brutus User Day» mit Vorträgen zum Thema «High Performance Computing» statt. Der Anlass steht allen Interessierten offen.
ETH Hauptgebäude, HG D16.2, 13 bis 17 Uhr
Programm