Veröffentlicht: 16.02.12
Science

Mitkochende Kinder nörgeln weniger

Hilfe für Suppenkasper: Eine Forscherin der ETH Zürich hat untersucht, welche Kinder beim Essen am wenigsten wählerisch sind. Aus ihrer Arbeit leitet sie ab, wie Eltern ihre Kinder fördern können, um nörgelndes Essverhalten zu vermeiden.

Fabio Bergamin
Ein Bub hilft beim Kochen. (Bild: iStockphoto)
Ein Bub hilft beim Kochen. (Bild: iStockphoto) (Grossbild)

Viele Eltern können ein Lied davon singen: Kinder können ganz schön wählerisch sein, was das Essen angeht. Sie können sich standhaft weigern, beispielsweise Spinat zu essen oder Bohnen oder Salat, und damit die Pläne der Eltern vereiteln, viel gesundes Gemüse auf ihren Speiseplan zu stellen. Doch wie können Eltern ihre Kinder zu einem weniger nörgelnden Essverhalten bewegen? Klazine van der Horst, Postdoc am Lehrstuhl für Konsumentenverhalten des Instituts für Umweltentscheidungen, suchte eine Antwort auf diese Frage und untersuchte dazu die Hintergründe des wählerischen Verhaltens im Detail. Sie befragte dazu 300 Eltern in der Deutschschweiz mit Kindern von 6 bis 12 Jahren.

Die Ergebnisse der Umfrage dürften Eltern interessieren: So zeigte sich, dass jene Kinder am wenigsten heikel sind, die den Eltern beim Kochen mithelfen. «Eltern sollen daher versuchen, ihre Kinder in die Essenszubereitung miteinzubeziehen und das Kochen zu einem gemeinsamen Erlebnis machen,» sagt van der Horst. Dabei sei es wichtig, dass die Kinder nicht nur beim Kochen zuschauen oder bloss den Tisch decken helfen. Vielmehr soll man ihnen die Verantwortung übertragen für kleine Aufgaben beim Kochen.

Es kommt auf die Freude an

Eine zweite Schlussfolgerung aus van der Horsts Studie ist, dass die Freude am Essen ein absolut zentraler Faktor ist: Je positiver die Stimmung am Esstisch und je mehr sich die Kinder auf das Essen freuen, desto weniger heikel sind sie.

Zudem bestätigt die Studie, dass die Freude jener Kinder grösser ist, deren Eltern wenig Druck auf ihre Kinder beim Essen ausüben. Obschon van der Horst in der Studie nicht untersuchte, ob es sich dabei um einen Kausalzusammenhang handelt, vermutet sie einen solchen: «Es wirkt kontraproduktiv, wenn Eltern ihre Kinder zwingen, den Teller auszuessen, oder sie sie zum Essen zwingen, auch wenn sie sagen, sie hätten keinen Hunger.» Ein solcher Druck könne indirekt dazu führen, dass Kinder begännen, am Essen zu nörgeln und wählerisch zu sein. Indirekt deshalb, weil Druck der Eltern die Freude der Kinder am Essen verringert und sich dies negativ auf das Essverhalten auswirkt, wie die Studie gezeigt hat.

Ohne Zuckerbrot und Peitsche

Aus früheren Arbeiten sei zudem bekannt, dass auch das Rationieren von Süssigkeiten eine ungeeignete Methode sei, um Kinder zum Essen von Gemüse anzuhalten, sagt van der Horst. Ebenso wenig empfehlenswert ist es, Süssigkeiten als Belohnung zu versprechen, wenn Kinder den Teller ausgegessen hätten.

Heisst das, dass Eltern ihre Kinder essen lassen sollen, was diese möchten? Van der Horst verneint. Die Eltern sollten den Rahmen vorgeben, sagt sie. «Auch wenn die Kinder ständig nur Pizza essen wollen, sollte man natürlich nicht jeden Tag mit ihnen Pizza backen.» Es sei jedoch förderlich, wenn die Kinder bis zu einem gewissen Grad auch beim Kochen ihre Wünsche äussern könnten, um so ihre Freude am Kochen und am Essen zu erhalten. Die Vorschläge der Forscherin: Eltern können die Kinder beispielsweise mitbestimmen lassen, welches konkrete Menu man aus vorgegebenen Zutaten kocht, oder wo genau sie bei der Zubereitung mithelfen möchten. Eine andere Möglichkeit ist, die Kinder zum Einkaufen mitzunehmen und sie in die Entscheidung einzubeziehen, welches Gemüse man kauft. All dies trägt dazu bei, dass Kinder einen positiven Bezug zum Kochen und zum Essen aufbauen können und dass das Essen zum positiven Erlebnis für alle wird.

Auf die Idee zur Studie sei sie durch ihre Tochter gekommen, sagt van der Horst. Diese interessiere sich stark für das Essen und das Kochen und sei überhaupt nicht heikel. Van der Horst wollte daher untersuchen, ob es da einen generellen Zusammenhang gibt.

Literaturhinweis

Van der Horst K: Overcoming picky eating. Eating enjoyment as a central aspect of children’s eating behaviors. Appetite 2012. doi: 10.1016/j.appet.2011.12.019