«Fragen wird es in der chemischen Forschung immer geben»
ETH-Professorin Franziska Schoenebeck simuliert am Computer chemische Reaktionen, um sie besser zu verstehen und weiterzuentwickeln. Im Labor folgen dann experimentelle Tests, sagt sie im Interview zum «Internationalen Jahr der Chemie».
Was
halten Sie für die grösste Errungenschaft oder wichtigste Entdeckung der
Chemie?
Franziska
Schoenebeck: Es
gibt so viele sehr wichtige und faszinierende Errungenschaften; ich habe da
keinen Favoriten. Ein berühmtes Zitat von Ralph Waldo Emerson kommt mir in
diesem Zusammenhang jedoch in den Sinn: Chemistry began by saying it would
change the baser metals into gold. By not doing that it has done much greater things.
Womit
befassen Sie sich in ihrer Forschung und was wird davon im Alltag spürbar oder
nutzbar?
Wir erkunden, wie und warum Reaktionen überhaupt in der
Weise ablaufen, wie sie geschehen. Basierend auf unseren Erkenntnissen
versuchen wir, die Umwandlungen dann zu verbessern. Für die detaillierten
Erkundungen verwenden wir Computerprogramme, die uns helfen, die Moleküle
reagieren zu sehen. Solche Details sind sonst nur schwer zu erfassen, denn wir
sprechen hier von Grössenordnungen, die ein Milliardstel eines Menschen
darstellen, und Prozessen, die 10‘000 Milliarden mal schneller ablaufen als der
derzeitige 100-Meter-Sprint-Weltrekord! Solche theoretischen Betrachtungen
führen dann automatisch zu Ideen für Weiterentwicklungen, die wir mit
Experimenten im Labor in die Realität umsetzen.
Haben
Sie ein Vorbild in der Chemie? Wenn ja, welches und warum diese Person?
Ich habe kein spezielles Vorbild, aber einige persönliche
Helden in der Chemie. Ein besonderer Moment war sicher, als einer dieser
Helden, der Nobelpreisträger Roald Hoffmann, geduldig meinen vielen Fragen in
mehreren E-Mails Rede und Antwort stand, als ich noch eine junge
Erstjahresdoktorandin war. Das fand ich damals richtig klasse.
Wie
wird sich Ihr Forschungsgebiet entwickeln, wo liegt das Potenzial?
Fragen wird es in der chemischen Forschung immer geben.
Die Fragestellungen werden sich mit der Zeit verändern und den gegebenen
Herausforderungen der jeweiligen Zeit angepasst sein. Was mich zuversichtlich
stimmt, ist, dass die Werkzeuge, mit denen wir Forschung betreiben, zum
Beispiel die Computer, immer leistungsfähiger werden. So können die Moleküle, die
wir betrachten, immer größer und komplexer werden, und wir können sie mit
grösserer Genauigkeit als heute untersuchen und demzufolge ihre Eigenschaften
auch immer besser vorhersagen. Ich freue mich darauf!
Zur Person
Franziska Schoenebeck ist seit Februar 2010 Assistenzprofessorin für Physikalisch-organische Chemie am Laboratorium für Organische Chemie der ETH Zürich. Zuvor arbeitete sie zwei Jahre als Postdoc an der University of California, Los Angeles, und doktorierte von 2004 bis 2007 in Glasgow. Sie stammt ursprünglich aus Berlin.
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