Veröffentlicht: 07.12.07
ETH-Podium zur Work-Life-Balance

Forscherkarriere und Familie verbinden

Drei akademische Ehepaare und der Präsident der ETH diskutierten am vergangenen Dienstag, wie gut sich Privat- und Berufsleben vereinbaren lassen und was die ETH dazu beitragen kann, damit der Spagat gelingt.

Angela Brunner
Betreuungsplätze für Kinder sind ein zentrales Anliegen von berufstätigen Eltern. (Bild: Archiv ETH Life)
Betreuungsplätze für Kinder sind ein zentrales Anliegen von berufstätigen Eltern. (Bild: Archiv ETH Life) (Grossbild)

Drei akademische Elternpaare nahmen an der Podiumsdiskussion zum Thema „Integrating Family & Science at ETH Zurich“ teil: Anna Sobek (Postdoc Agroscope Reckenholz) und ihr Mann Sebastian Sobek (Postdoc ETH), Professor Nenad Ban und seine Frau, Professorin Eilika Weber-Ban (Institut für Molekularbiologie und Biophysik) sowie Frauke Greve (Postdoc ETH) und ihr Mann Jan Lichtenberg (Leiter Forschung und Entwicklung eines ETH Spinoffs). Als Diskussionsteilnehmer begrüssten die Veranstalter auch Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich. Luzia Lehman, Gleichstellungsbeauftragte der ETH, moderierte die Diskussion.

Hürden und Verbesserungsvorschläge

Diskutiert wurden Fragen rund um die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben in der Forschung. Welche Hürden stellen sich Akademikern in den Weg, die sich der Wissenschaft und zugleich ihrer Familie widmen möchten? Und wie liesse sich ihre Situation verbessern? 40 Prozent der akademischen Frauen haben im Alter von 40 Jahren keine Kinder. Auf der anderen Seite verliert die Wissenschaft vielfach gut ausgebildete Frauen, sobald sie eine Familie gründen. Somit hat die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch eine gesellschaftliche Brisanz.

Karriere mit Kind

Ralph Eichler, Vater von drei erwachsenen Kindern, verglich die Wissenschaft mit dem Spitzensport. Eine Mannschaft, die für die olympische Goldmedaille trainiere, müsse im Prinzip stets einen vollen Einsatz leisten und könne eigentlich keine Kompromisse eingehen, um an die Weltspitze zu gelangen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Seiner Ansicht nach ist es sehr schwierig, dass zwei Personen Kinder haben und zugleich beide eine Topkarriere machen.

Doch er räumte ein, dass es immer Ausnahme-Elternpaare gebe, die die Energie für beides aufbringen können. Und es bestünden durchaus höchst anspruchsvolle Aufgaben, die in Teilzeit erledigt werden können. Jan Lichtenberg verwies darauf, dass seine bisherigen Vorgesetzten selber Familien hatten, was ihm zeige, dass Privat- und Berufsleben durchaus vereinbar sind. Diese persönliche Erfahrung habe ihn ermutigt. Seiner Meinung nach müsste man sich nicht 24 Stunden dem Beruf widmen. Im Spiel mit den Kindern finde er auch berufliche Inspiration.

Effiziente Eltern

„Eltern werden gut darin, effizient zu sein“, argumentierte Eilika Weber-Ban. Sie werden produktiver, wenn sie über weniger Zeit verfügen. Dass Privat- und Berufsleben kompatibel seien, fand auch Sebastian Sobek. Zum Beispiel könne man sich tagsüber dem kranken Kind widmen und dafür abends im Labor arbeiten. Sofern man sich am Output orientiere, interessiert die eigentliche Präsenzzeit weniger. Nenad Ban erzählte vom starken Teamgeist in der Gruppe, als im Labor einen Durchbruch erzielten wurde und gleichzeitig einer der Mitarbeiter Vater wurde. Die Forscher waren bereit für einander einzuspringen und das Projekt innerhalb kürzester Zeit erfolgreich abzuschliessen. Zwei Monate später erschien der Artikel bereits im Magazin Sience.

Mehr Lebensqualität

Neben der familienfreundlichen Einstellung der Vorgesetzten und loyalen Mitarbeitenden spielt auch das Arbeitsumfeld eine Rolle. Lichtenberg betonte, wie wichtig flexible Arbeitszeiten und Heimarbeit wären, was das Vertrauen des Arbeitgebers voraussetzt. „Es ist nicht nötig, von alle fünf Minuten zuhause eine E-Mail zu schicken, damit alle wissen, dass man arbeitet“, sagte er. Lichtenberg war der Ansicht, dass man überall arbeiten kann – egal, ob im Flugzeug oder auf dem Balkon, wo man die Kinder spielen sehen könne. Durch die Verbindung von Familien- und Berufsleben sei es möglich, die Lebensqualität zu steigern.

Eine Befreiung von einfachen Laborarbeiten für werdende Eltern wünschte sich Anna Sobek. Solche Entlastungsmassnahmen würde Eilika Weber-Ban beispielsweise auch im administrativen Bereich begrüssen. Allerdings unterrichtete sie die Studierenden auch freiwillig während ihres Schwangerschaftsurlaubs und befürwortete daher, dass werdende Mütter wählen können, ob sie in dieser Zeit in der Lehre tätig sein wollen. Eichler empfahl hierbei vorsichtig zu sein, um keinen negativen Teamgeist zu erzeugen, indem administrative oder langweilige Arbeiten auf kinderlose Arbeitskollegen abgewälzt werden.

Details beachten

Bedeutung mass Eilika Weber-Ban ebenfalls familienfreundlichen Terminen bei. Man solle daran denken, keine Termine auf den Abend zu legen, damit die Eltern ihre Kinder abholen können. Sebastian Sobeks Vorgesetzter zeigte sich flexibel in der Ferienplanung. Daher konnte er drei Monate unbezahlten Urlaub nehmen und die Zeit mit seinem wenige Monate alten Sohn zu verbringen.

ETH-Präsident Ralph Eichler sagte, dass die Vorgesetzten flexibel auf kurzfristige Probleme wie kranke Kinder oder pflegebedürftige Eltern reagieren sollten. Auch komme es weniger auf die Präsenz am Arbeitsplatz an, sondern auf die effektiv geleistete Arbeit. Aus seiner Erfahrung an der ETH seien diesbezüglich die meisten Vorgesetzten vernünftig.

Kinderbetreuung verbessern

Eilika Weber-Ban argumentierte, dass sich inzwischen die Unterstützungsstruktur geändert habe. Kinderbetreuung sei eines der wichtigsten Elemente, um den Eltern das Leben etwas zu erleichtern. Für sie mache es einen Unterschied, ob das Familienleben anstrengend sei oder gar nicht stattfinden könne. Sie gebe viel Geld aus, um ihre Kinder ganztags in eine Privatschule zu schicken. Ihrer Meinung nach sind Eltern, die freie Hortplätze fordern, bereit, für die Kinderbetreuung tief in die Tasche zu greifen.

Frauke Greve betrachtete es als unabdingbar, dass die Kinderbetreuungssituation verbessert werden soll. Sie selbst hatte Angst keinen Krippenplatz zu finden. Eilika Weber-Ban hoffte, dass die ETH ihr Prestige nutze, um eine Führungsrolle in der Kinderbetreuung zu übernehmen. Eichler betonte, dass er den Ausbau von Krippenplätzen an der ETH unterstütze und sich bei der Politik für Tagesschulen einsetzen werde.

An Möglichkeiten glauben

Nenad Ban war letztlich überzeugt, dass man Familie und Beruf unter einen Hut bringen könne und ermunterte seine Mitarbeitenden auch dazu. Seit IBM auf ein flexibles Arbeitsmodell setze, das Teilzeit- und Heimarbeit ermögliche, seien die Mitarbeitenden effizienter, schloss Hans Hofmann, Personalleiter IBM Forschungslabor, die angeregte Diskussion.

 
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