Veröffentlicht: 26.09.12
Science

Neue Manioksorte trotzt verheerenden Viren

Pflanzenwissenschaftler der ETH Zürich haben eine von afrikanischen Konsumenten und Landwirten bevorzugte Manioksorte entwickelt, die gegen zwei seiner ernsthaften Virenkrankheiten resistent ist. Nun möchten sie diese Sorte in Afrika testen.

Peter Rüegg
Verräterische braune Flecken in Querschnitten von Maniok-Wurzeln: Diese Pflanze ist vom Braunflecken-Virus befallen, die Wurzeln werden ungeniessbar. (Copyright: Carl D. Walsh)
Verräterische braune Flecken in Querschnitten von Maniok-Wurzeln: Diese Pflanze ist vom Braunflecken-Virus befallen, die Wurzeln werden ungeniessbar. (Copyright: Carl D. Walsh) (Grossbild)

Maniok gehört in tropischen Ländern zu den wichtigsten Nutzpflanzen, besonders in Afrika südlich der Sahara. Verschiedene Pflanzenviren bedrohen jedoch dessen Anbau und damit die Nahrungsgrundlage von hunderten Millionen Menschen. ETH-Forschende unter der Leitung von Wilhelm Gruissem, Professor für Pflanzen-Biotechnologie, und von seinem Oberassistenten Hervé Vanderschuren haben deshalb mithilfe der Gentechnologie eine neue Sorte Maniok entwickelt, die gegen das gefürchtete «Cassava Brown Streak Virus» resistent ist. Dieses Virus infiziert die essbaren stärkereichen Wurzeln, wo sich braune streifenartige Flecken bilden. Das macht die Wurzeln ungeniessbar. Seinen Ursprung hat das Virus in Ostafrika und droht, sich nach Zentral- und Westafrika auszubreiten.

Impfen mit RNA

Um Maniok gegen das Braunstreifen-Virus resistent zu machen, haben die Forscher das Erbgut einer Manioksorte soweit verändert, dass sie so genannte «small interfering RNA»-Moleküle (siRNA) bildet. Diese dockt an einen Abschnitt des Virusgenoms, das ebenfalls eine Ribonukleinsäure (RNS) ist, an. Damit legt die siRNA das Virus-Erbgut lahm, sodass sich der Erreger in der Pflanze weder vermehren noch verbreiten kann. Die Pflanze stellt die siRNA auch natürlicherweise nach einer Infektion mit dem Virus her. Die Forscher haben aber eine Möglichkeit gefunden, Maniok dazu zu bringen, diese siRNA vor einer Infektion in allen Pflanzenteilen herzustellen. Damit ist diese Manioksorte auf den Virenbefall vorbereitet.

Die siRNA dockt an einem Abschnitt der Viren-RNS an, die im Laufe der Entwicklungsgeschichte erhalten blieb und sich kaum verändert hat. Damit dürfte es dem Virus schwerer fallen, sich rasch an die durch die siRNA vermittelte Immunität anzupassen.

Gewächshaus-Versuche zeigten den ETH-Forschern, dass das neue Gen für die siRNA Maniok wirksam vor dem Virus schützt. So konnten die Wissenschaftler auch mehrere Monate nach der Infizierung von transgenen Testpflanzen mit dem Braunstreifen-Virus keine Anzeichen erkennen, dass es sich vermehren kann. Auf den Maniok selbst hat die siRNA-Produktion keinen negativen Effekt. Sie wächst normal und bildet gesunde Wurzeln aus.

Alte Resistenz bleibt erhalten

Eingepflanzt wurde das Genkonstrukt der nigerianischen Sorte TME 7, auch bekannt als «Oko-iyawo», die aus dutzenden von möglichen Sorten ausgewählt wurde, weil sie bei Konsumenten und Landwirten beliebt ist und die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zucht hat. TME 7 ist natürlicherweise immun gegen das Maniok-Mosaikvirus, ein weiteres Virus, das den Maniokanbau in ganz Afrika ernsthaft bedroht. «Diese Resistenz wird durch die zusätzlich eingebrachte Immunisierung gegen das Braunstreifen-Virus nicht verändert», sagt Wilhelm Gruissem.

Übertragen werden beide Viren am wahrscheinlichsten durch die Weisse Fliege Bemisia tabaci, die Pflanzensäfte saugt und dabei die Krankheitserreger in die Maniokpflanze einschleust. «Die Weisse Fliege ist in den letzten Jahrzehnten viel häufiger geworden», betont Gruissem, «und gefährdet den Maniokanbau stärker denn je.» Die Fliege zu bekämpfen, sei allerdings schwierig, selbst wenn sich die afrikanischen Bauern Pestizide leisten könnten. Deshalb sei Schutz des Manioks vor Viren über genetische Veränderungen viel effizienter und umweltfreundlicher.

Kostenloser Technologietransfer nach Afrika

In der nächsten Zeit wollen Gruissem und Vanderschuren gemeinsam mit afrikanischen Kollegen die genveränderte Sorte in Feldversuchen testen, um herauszufinden, ob die Resistenz gegen beide Viren unter natürlichen Bedingungen bestehen bleibt. Für die Feldexperimente hat die deutsche Fiat Panis-Stiftung, die schon in der Vergangenheit die Maniok-Forschung an der ETH Zürich unterstützte, bereits eine Finanzierung in Aussicht gestellt. Die Zürcher Forscher sind auch aktiv daran beteiligt, die Technologie interessierten Forschungsinstitutionen in Afrika kostenlos zur Verfügung zu stellen, damit Wissenschaftler in den jeweiligen Ländern lokale von den Konsumenten bevorzugte Manioksorten gegen die Viren resistent machen können.

Hervé Vanderschuren hat interessierten Forschungsinstitutionen in Kenia und Südafrika bereits geholfen, die Technologie einzuführen. In Tansania sind Bestrebungen im Gang, sie ebenfalls zu etablieren. «Die ETH unterstützt diese Länder dabei, indem sie ihnen die Technologien kostenlos zur Verfügung stellt. Die Produkteentwicklung sollte aber letztlich verstärkt von den einzelnen Ländern durchgeführt werden», sagt Wilhelm Gruissem. Für ihre Initiative hatte die Maniok-Forschungsgruppe der ETH 2011 den Forschungspreis des Schweizerischen Forums für Internationale Agrarforschung (SFIAR) erhalten.

Literaturhinweis

Vanderschuren H, Moreno I, Anjanappa RB, Zainuddin IM, Gruissem W. Exploiting the combination of natural and genetically engineered resistance to Cassava mosaic and cassava brown streak viruses impacting cassava production in Africa. PLoS One. Published online 25 September 2012.