Veröffentlicht: 16.03.12
Campus

ETH-Forschungszentrum in Singapur eingeweiht

Forschende und Gäste aus der Schweiz und Singapur haben im Beisein von Bundesrat Alain Berset das Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability (SEC) offiziell eingeweiht. Thema der aktuellen Forschung: Städte der Zukunft .

Roman Klingler
Das symbolische Durchschneiden des Bandes zur offiziellen Einweihung des SEC. Von links: ETH-Präsident Ralph Eichler, Yong-I Ying von der National Research Foundation, Bundesrat Alain Berset, Minister Vivian Balakrishnan, ETH-Rat-Präsident Fritz Schiesser und der Direktor des SEC, Gerhard Schmitt. (Bild: SEC/Keng Photography)
Das symbolische Durchschneiden des Bandes zur offiziellen Einweihung des SEC. Von links: ETH-Präsident Ralph Eichler, Yong-I Ying von der National Research Foundation, Bundesrat Alain Berset, Minister Vivian Balakrishnan, ETH-Rat-Präsident Fritz Schiesser und der Direktor des SEC, Gerhard Schmitt. (Bild: SEC/Keng Photography) (Grossbild)

Rund 250 Gäste aus der Schweiz und aus Singapur nahmen auf Einladung der ETH Zürich an der Einweihung des neuen Forschungsgebäudes in Singapur teil, darunter auch die beiden Ehrengäste, der Singapurer Minister für Umwelt und Wasserressourcen, Vivian Balakrishnan, sowie Bundesrat Alain Berset. Der Schweizer Bildungsminister strich in seiner Rede die Bedeutung von Bildung, Forschung und Innovation heraus, ganz besonders für Länder wie die Schweiz und Singapur, beides Kleinstaaten ohne nennenswerte Rohstoffvorkommen. Er hoffe, dass die Forschungszusammenarbeit in Singapur dazu beitragen werde, das Wachstum der Städte nachhaltiger zu gestalten.

Die ETH Zürich bezog in diesen Tagen und Wochen als erste ausländische Universität ein nigelnagelneues Forschungsgebäude, den sogenannten CREATE-Tower. Dieser steht auf dem Universitätsgelände der National Singapore University (NUS), rund 20 Fahrminuten ausserhalb des Stadtzentrums. Sukzessive werden weitere Forschungsgruppen ausländischer Universitäten in den CREATE-Tower einziehen, unter anderem auch vom MIT, von der UC Berkeley und der TU München. Von diesem Zusammenkommen mehrerer Universitäten unter einem gemeinsamen Dach versprechen sich die ETH-Forschenden viel.

Die Einweihung des Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability (SEC) erfolgt ziemlich genau zwei Jahre nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der ETH Zürich und der National Research Foundation (NRF). Das SEC bildet den Rahmen, innerhalb dessen konkrete Forschungsprojekte stattfinden können. Das erste solche Projekt, das «Future Cities Laboratory» (FCL), widmet sich dem Thema der nachhaltigen Stadtentwicklung (siehe Kasten). Risikoforschung und Ernährungssicherheit sollen mittelfristig als weitere Themen des SEC hinzukommen.

Mitten im Wachstums-Dreieck

Das FCL wurde in den vergangenen eineinhalb Jahren aufgebaut. Heute sind mehr als 100 Forschende für das FCL tätig, darunter 45 Doktorierende, rund 20 Postdocs und ein Dutzend so genannter Principal Investigators. Das sind ETH-Professorinnen und -professoren, die für einzelne Module zuständig sind und temporär in Singapur forschen. ETH-Präsident Professor Ralph Eichler sieht in diesem ersten Forschungsstandort einer Schweizer Universität in Asien eine Chance für die Ausbildung: “Hier gewonnene Erkenntnisse werden in die Curricula der Architektur- und Ingenieurstudiengänge einfliessen und unsere Absolventinnen und Absolventen dazu befähigen, neues Wissen bei der Planung und Entwicklung von Grossstädten einzusetzen.”

Es sind vor allem Asien und Afrika, die gemäss Prognosen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten das ausgeprägteste Wachstum in Städten haben werden. Singapur befindet sich in der Mitte eines gedachten Dreiecks zwischen China, Indien und Indonesien, in dem heute schon ein Drittel der Weltbevölkerung lebt. Man geht davon aus, dass in dieser Region in den nächsten 20 bis 30 Jahren etwa dreimal so viele Menschen dazukommen werden, wie heute in Europa leben. Singapur sei in mehrfacher Hinsicht ein idealer Standort, um an neuen Ideen und Konzepten für nachhaltigere Städte zu forschen, sagt Professor Gerhard Schmitt, die treibende Kraft hinter dem ETH-Engagement in Asien und SEC-Direktor.

Singapur als Stadtstaat –mit einer Fläche etwas grösser als der Genfersee – ist besonders interessiert an einem intelligenten und nachhaltigen Umgang mit dem urbanen Raum. Für die ETH-Forschenden spielen auch die verschiedenen staatlichen Stellen oder Agencies, wie sie in Singapur genannt werden, eine wichtige Rolle. Singapur kennt beispielsweise seit vielen Jahren das Road Pricing und so werden täglich Daten generiert, die für die Modellierung und Simulation von Verkehrsströmen Gold wert sind – und andernorts gar nicht zur Verfügung stehen. Eines der Forschungsmodule des FCL befasst sich denn auch mit der Optimierung von Singapurs Transportsystem.

Singapurs offensive Forschungsförderungspolitik

Die ETH Zürich ist nicht die einzige ausländische Hochschule, die nun ein Standbein für ihre Forschung in Singapur hat. Der Stadtstaat ist seit Jahren sehr aktiv, um sich als internationaler Forschungs- und Innovationsstandort zu empfehlen. Dazu gehört, dass die Singapurer Forschungsförderungsstiftung NRF ausländische Universitäten für eine Zusammenarbeit zu gewinnen versucht. Singapur hat dafür erhebliche Mittel eingesetzt und auf dem Universitätsgelände der National University of Singapore (NUS) innerhalb kurzer Zeit einen eigenen Campus mit verschiedenen Gebäuden errichtet.

Es sei für Singapur als Kleinstaat eine Überlebensfrage, offen zu sein und mit Partnern wie der ETH Zürich komplexe Probleme wissenschaftlich zu untersuchen, die alleine nicht gelöst werden könnten, meinte Vivian Balakrishnan auf dem Rundgang durch das Future Cities Laboratory. Dazu gehört zweifellos die Frage, wie man neue Mega-Cities planen und bauen kann, damit die Menschen sich darin wohl fühlen werden und die Städte sich nachhaltig entwickeln.

Future Cities Laboratory

Das «Future Cities Laboratory» (FCL) wurde als interdisziplinäres Forschungsprogramm für nachhaltige Stadtentwicklung im September 2010 gestartet. Im Zentrum stehen drei Schwerpunkte: nachhaltige Gebäudetechnologien, die Stadt als urbanes System und das Verhältnis zwischen Stadt und Land. Das Projekt will diese verschiedenen Ebenen sinnvoll miteinander verbinden und deren Wechselwirkungen erforschen. Die Architekten, Planer und Wissenschaftler sehen und entwerfen die Stadt als dynamisches System, in dem Menschen interagieren und Ressourcen wie Energie, Wasser, Raum, Kapital, Material oder Information ständig im Fluss sind. Die ETH Zürich arbeitet im Rahmen des FCL unter anderem mit der National University of Singapore (NUS) und der Nanyang Technological University (NTU) zusammen. Direktor des SEC ist Professor Gerhard Schmitt, das FCL leitet Professor Kees Christiaanse.

 
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