Flugroboter im Dienste der Geodäsie
Unbemannte Luftfahrzeuge werden zunehmend für zivile Anwendungen eingesetzt. Wie vielfältig die Einsatzgebiete und die Fluggeräte sind, zeigte sich kürzlich an einer Konferenz an der ETH Zürich. Forschungsbedarf besteht insbesondere bei der Messgenauigkeit und der Datenverarbeitung.
Unbemannte Luftfahrzeuge – umgangssprachlich auch Drohnen
genannt – haben in der letzten Zeit hin und wieder für (negative) Schlagzeilen
gesorgt, etwa wenn sie von der Polizei zur Überwachung von Grossanlässen oder
vom Militär für Spionagezwecke eingesetzt werden.
Dabei geht in der Regel vergessen, dass solche Fluggeräte zunehmend auch in zivilen Bereichen verwendet werden, so auch in der Geomatik, wo die «unmanned aerial vehicles» (UAV) neue Anwendungen ermöglichen.
Flächenflieger, Zeppeline, Multikopter
«UAVs sind überall dort eine interessante Option, wo der Einsatz von bemannten Vermessungsflugzeugen oder Helikoptern zu aufwändig oder zu gefährlich wäre», erklärt Henri Eisenbeiss, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ETH-Institut für Geodäsie und Photogrammetrie. «Sie eignen sich beispielsweise, um Bergsturzgebiete zu kartieren, Waldbrände zu überwachen, den Abbau in Kiesgruben zu kontrollieren oder das Gelände bei geplanten Bauvorhaben präzise zu vermessen und zu dokumentieren.»
So vielfältig wie die Anwendungen, so vielfältig sind
auch die Fluggeräte, wie sich an der internationalen Konferenz UAV-g 2011
zeigte, die Mitte September an der ETH Zürich stattfand. An einer Demonstration
auf dem Flugfeld Birrfeld wurde den Konferenzteilnehmern eine breite Palette an
Fluggeräten vorgeführt.
Die Spannweite reichte von ultraleichten, 500 Gramm schweren Flächenfliegern über kleine Zeppeline und futuristisch anmutende Multikopter mit vier, sechs oder acht Rotoren bis hin zu mehreren Dutzend Kilogramm schweren Helikoptern, die relativ schwere Lasten mitführen können.
Mehrwert für Anwender
Gerade die beschränkte Nutzlast ist eine grosse
Herausforderung, erklärt Eisenbeiss, der die Konferenz initiierte: «In den
bemannten Flugzeugen setzt man für die Vermessung hochwertige, präzise
Instrumente ein, die schon ohne Speicher- und Kontrolleinheit bis zu 50
Kilogramm schwer sind. Solche Messgeräte können von einem UAV unmöglich
transportiert werden.»
Für die Geomatikingenieure geht es also darum, leichtere Messgeräte zu entwickeln, die trotzdem genügend präzis sind für geodätische Anwendungen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil UAVs in erster Linie für kleinräumige Aufgaben mit hoher Genauigkeitsanforderung eingesetzt werden.
Mit der Frage, für welche Anwendungen UAVs tatsächlich
geeignet sind, befasst sich auch das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie.
Die ETH-Forschenden untersuchen beispielsweise, wie man die Aufnahmen der UAVs
mit Daten des Katasters kombinieren könnte. Tatsächlich eröffnen sich durch den
Einsatz von UAVs interessante Ansätze für eine umfassendere
Grundstückvermessung, liefern die kleinen Fluggeräte doch Daten und Bilder,
welche die herkömmlichen Vermessungsdaten und Luftbildaufnahmen ideal ergänzen.
So lässt sich beispielsweise aus den Daten der amtlichen Vermessung und den Luftbildaufnahmen der UAVs eine dreidimensionale Darstellung des Geländes erzeugen, die für die späteren Anwender – beispielsweise Immobilienfirmen, Planungsbüros oder Besitzer von Solaranlagen ‑ einen Zusatznutzen bietet. Allerdings lässt sich die Position der Flugobjekte heute nur mit Meter-Genauigkeit lokalisieren. Aus Sicht der Vermessung wäre jedoch Zentimeter-Genauigkeit notwendig.
Anspruchsvolle Datenverarbeitung
Für die Forschung geht es daneben auch um die Frage, wie
die Daten möglichst effizient verarbeitet werden können. So entwickeln die ETH-Wissenschaftler
ein Verfahren, mit dem thermische Aufnahmen von Gebäuden schneller verarbeitet
werden können. «Mit den flexiblen UAVs lassen sich Gebäude viel detaillierter
untersuchen als bisher», erläutert Eisenbeiss. «So lässt sich mit ihnen ohne
weiteres aufzeigen, wie viel Wärme durch das Dach entweicht.
Dies ist mit den herkömmlichen Aufnahmemethoden noch kaum möglich.» Auch in der Archäologie können UAV wichtige Informationen liefern. So haben ETH-Forscher unter der Leitung von Armin Grün, emeritierter Professor für Photogrammetrie, beispielsweise in Bhutan die Burgruine Drapham Dzong mit Hilfe von UAVs vermessen. Gerade in einem Land wie Bhutan, wo es nahezu unmöglich ist, Katasterdaten zu erhalten, bieten UAVs ein interessantes Hilfsmittel für die archäologische Vermessung.
Daneben gibt es aber auch noch ganz konkrete Fragen zu
klären: So müssen zivile UAVs gewissen Sicherheitsansprüchen genügen. «Es
handelt sich zwar um Modellflieger, doch die UAVs fliegen autonom nach klar
definierten Vorgaben. Aus Sicherheitsgründen ist es jedoch nötig, dass der
Mensch jederzeit die Kontrolle übernehmen kann», erklärt Eisenbeiss.
Und nicht zuletzt stellen die gesetzlichen Vorschriften ein gewisses Hindernis dar. «Bei schweren Fluggeräten braucht es eine Spezialbewilligung, und die zuständigen Behörden sind sich in der Regel nicht bewusst, wie vielfältig die Anwendungsmöglichkeiten von UAV heute bereits sind.» Auch vor diesem Hintergrund war die Konferenz Mitte September ein voller Erfolg, ist Eisenbeiss überzeugt, konnten sich die Behördenvertreter hier doch aus erster Hand über den Stand der Technik informieren.
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