Wissenschaftlich beschlagene Schweiz
Donald Hilvert erforscht enzymatische Mechanismen mit dem Ziel, synthetische Enzyme herzustellen, die natürliche Enzyme punkto Reaktionsgeschwindigkeit übertreffen. Er hält die Schweiz für das wissenschaftlich gebildetste Land der Welt.
Was
betrachten Sie als grösste Errungenschaft oder wichtigste Entdeckung der
Chemie?
Jedes materielle Objekt und jeder Prozess auf diesem
Planeten beinhaltet Chemie und Chemikalien. Schliesslich
setzt sich alles, was auf der Erde existiert, aus chemischen Substanzen
zusammen, und das Leben kann als grösste Errungenschaft der Chemie bezeichnet
werden. Eine
bahnbrechende Errungenschaft der Chemie im engeren Sinne war jedoch die
Aufklärung der DNA-Struktur und der Mechanismen, mit denen genetische Informationen
codiert und decodiert werden. Aber natürlich würden berühmte Kollegen aus
anderen Bereichen der Chemie andere Durchbrüche als noch wichtiger bezeichnen.
Was ist der
Schwerpunkt Ihrer Forschung, und welche Aspekte davon sind im täglichen Leben sichtbar
oder einsetzbar?
Unsere Forschungsgruppe untersucht die Mechanismen von
Enzymen. Das sind Proteinkatalysatoren, welche lebensnotwendige chemische
Reaktionen enorm beschleunigen. Unser Ziel ist neue Enzyme herzustellen, die
schnellere oder selektivere Reaktionen ermöglichen als jene, die man in der
Natur findet. Für viele Reaktionen, die von Interesse sind, kennt man noch nicht einmal
die natürlichen Katalysatoren. Beispiele für enzymatische Anwendungen im täglichen Leben
reichen von Therapien für Herzinfarktpatienten bis hin zu Fleischzartmachern,
Fleckenentfernern für die Kleidung, oder der in der Schweiz besonders beliebten
Käseherstellung.
Haben Sie
in der Chemie ein Vorbild? Und wenn ja, wer ist es und warum
gerade diese Person?
Der grosse deutsche Wissenschaftler Emil Fischer war der
Vater der bioorganischen Chemie. Er gewann viele seiner herausragenden
Erkenntnisse nicht nur durch Beobachtung und Experimente, sondern ebenso durch
inspiriertes Schlussfolgern und reine Logik. Er ist
immer noch einer der ganz Grossen in der Wissenschaft. Interessanterweise
erfahren wir aus seiner Autobiographie, dass sein Vater den jungen Fischer an
die Universität schickte, weil er ihn für zu dumm hielt, um als Kaufmann
erfolgreich im elterlichen Betrieb mitzuarbeiten.
Wie wird
sich Ihr Forschungsbereich weiterentwickeln? Wo liegen die Potenziale?
Die Chemie im Verbund mit biologischen Verfahren und
Computertools wird uns zunehmend in die Lage versetzen, besondere
massgeschneiderte Katalysatoren zu entwickeln, die es in Sachen
Geschwindigkeit, Selektivität und Effizienz durchaus mit natürlichen Enzymen
aufnehmen können. Dieser Bereich wird sich daher schnell über das, was heute machbar ist,
hinaus entwickeln.
Welchen
chemischen Begriff sollte bis zum Ende des Internationalen Jahrs der Chemie
jeder kennen und warum?
Es ist nicht wichtig, einen bestimmten Begriff zu kennen.
Vielmehr geht es darum, die Konzepte und Aufgaben der Chemie zu verstehen. Dazu
kann ich als gebürtiger Amerikaner den Schweizern ein Lob aussprechen: Wenn
doch nur die ganze Welt so wissenschaftlich beschlagen, informiert und
kenntnisreich wäre wie die Schweiz. Ich kann nur dringend raten: weiter so!
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