Veröffentlicht: 11.08.10
Science

Weiterentwickeltes Röntgenverfahren

Röntgen mit dem sogenannten Phasenkontrastverfahren ermöglicht es, Details von Weichteilen oder Organen kontrastreich darzustellen. Forscher haben das Verfahren nun beschleunigt und verfeinert, so dass es einfacher zu handhaben ist und eine geringere Strahlendosis benötigt.

Simone Ulmer
Abbildung eines Rattenhirns, erzeugt mit der weiterentwickelten Phasenkontrastmethode. Die wesentlichen anatomischen Strukturen sind deutlich sichtbar. Die weisse Linie entspricht einem Millimeter, es sind Details von etwa 10 tausendstel Millimeter sichtbar. (Bild: PSI)
Abbildung eines Rattenhirns, erzeugt mit der weiterentwickelten Phasenkontrastmethode. Die wesentlichen anatomischen Strukturen sind deutlich sichtbar. Die weisse Linie entspricht einem Millimeter, es sind Details von etwa 10 tausendstel Millimeter sichtbar. (Bild: PSI) (Grossbild)

Beim Röntgen messen Detektoren, wie stark ein Material die Röntgenstrahlen absorbiert. Knochen erscheinen im Röntgenbild gestochen scharf, da das Knochenmaterial die Strahlen stark absorbiert. Weichteile oder Organe werden dagegen unscharf abgebildet, da sie die Röntgenstrahlen weniger und zudem ähnlich stark aufnehmen und deshalb kaum Kontraste bilden – auf dem Bild lässt sich nicht viel erkennen. Das sogenannte Verfahren des Röntgen-Phasenkontrasts hilft, diese Probleme zu überwinden, indem der Verlauf der Lichtwellen der Röntgenstrahlen gemessen wird.

Phasenkontrast mit Röntgenstrahlung

Grundvoraussetzung für das Phasenkontrast-Verfahren ist, dass die Strahlenquelle phasengleiche Wellen aussendet, im Fachjargon spricht man von einer kohärenten Quelle, welche die Intensität moduliert. Der Kontrast entsteht, wenn sich Lichtwellen, die beim Übergang von einem Medium in ein anderes gebrochen werden, überlagern. Beim Röntgen-Phasenkontrast werden genau jene Interferenzen der Wellen gemessen.

Um die hohe Kohärenz für den Röntgen-Phasenkontrast zu erreichen, brauchte es bis anhin eine sogenannte Synchrotron Strahlungsquelle. Sie erzeugt im Gegensatz zur konventionellen Röntgenstrahlung sehr intensive kohärente Strahlung. Im Jahr 2006 gelang jedoch Wissenschaftlern am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen ein grosser Durchbruch: Sie entwickelten eine Röntgenoptik, die es ermöglichte, auch mit konventionellen Röntgenquellen kohärente Strahlung zu erzeugen. Dazu schalteten sie speziell entwickelte Gitter mit Abständen von wenigen tausendstel Millimetern zwischen Strahlengang und Objekt. An ihnen bricht sich das Licht und wird auf diese Weise unter anderem in Phase gebracht, bevor es das zu untersuchende Objekt durchdringt.

Optimierte Methode

Beim Röntgen-Phasenkontrast brauchte es bis anhin mehrere Aufnahmen des Objekts - das sogenannte «Phase Stepping» - bei denen das Gitter, an dem die Interferenzen erzeugt werden, jeweils um einen Bruchteil von Mikrometern verschoben wird. Die mathematische Analyse der verschiedenen Bilder ergibt dann den höheren Kontrast.

Eine chinesisch-schweizerische Forschungsgruppe unter der Leitung von Marco Stampanoni, Assistenzprofessor an der ETH Zürich und dem PSI, hat dieses Verfahren nun so optimiert, dass das zeitaufwändige und mechanisch komplizierte «Phase Stepping» entfällt und nur noch zwei Aufnahmen gemacht werden müssen. Die neue Methode – als «Reverse Projection Method» bezeichnet – beruht im Unterschied zum «Phase Stepping» darauf, dass der Phasenkontrast erfasst werden kann, ohne die Gitter zu bewegen.

Die Gitter werden dort positioniert, wo die Sinuskurve, welche die Intensität der Phaseninformationen beschreibt, am steilsten ist - also quasi linear verläuft -, da dort der Phasenkontrast einfach zu berechnen ist. Das zu untersuchende Objekt wird dann bei den Positionen 0 Grad und 180 Grad, also nur zwei Mal, durchleuchtet. Stampanoni hebt den Unterschied hervor: «Beim „Phase Stepping“ wird das selbe Ergebnis erst mit mindestens drei und manchmal sogar mehr als fünf Röntgen-Schritten erreicht, da dort die Intensitätskurve abgetastet wird, um zur optimalen Phasenkontrast-Aufnahme zu kommen.»

Mit der neuen Methode ist die Strahlendosis um mindestens 30 Prozent niedriger und das Verfahren schneller. Stampanoni hofft, dass in Zukunft Phasenkontrast-Bilder genauso problemlos wie herkömmliche Röntgenbilder aufgenommen werden können. Das neue Verfahren könnte zukünftig in jeder Arztpraxis, aber auch bei der Materialprüfung, zum Einsatz kommen. An Flughäfen könnten damit zudem Gepäckstücke effizienter auf Gefahrengut durchleuchtet werden.

Literaturhinweis:

Peiping Z et al.: Low-dose, simple, and fast grating-based X-ray phase-contrast imaging: PNAS 2010, 107, 13576-13581; published ahead of print July 19, 2010, doi:10.1073/pnas.1003198107

 
Leserkommentare: