Veröffentlicht: 22.04.10
Science

Neuer genetischer Sub-Code entdeckt

Biologen und Informatiker der ETH Zürich konnten einen genetischen Sub-Code identifizieren, der bestimmt, wie schnell Zellen ihre Proteine herstellen. Die Studie, die im Rahmen eines multidisziplinären Forschungsprojekt des Schweizerischen Instituts für Bioinformatik (SIB) entstand, erschien letzte Woche in der Fachzeitschrift «Cell».

Medienmitteilung SIB
Die DNA enthält auch Informationen darüber, welche Gene schnell und welche langsam in Proteine übersetzt werden.
Die DNA enthält auch Informationen darüber, welche Gene schnell und welche langsam in Proteine übersetzt werden. (Grossbild)

Jede Zelle eines Organismus enthält eine Kopie ihres Genoms in Form einer Sequenz von Desoxyribonukleotiden, der DNA. Die Zelle wandelt die kodierenden Sequenzen der DNA wie nach einem Bauplan in Proteine um. Proteine sind die Bausteine der Zelle und haben verschiedenste Aufgaben: Sie sind für das Wachstum des Organismus notwendig, sie helfen Gewebe zu reparieren oder stellen der Zelle Energie zur Verfügung.

Schnellere Übersetzungsrate

Den Forschenden der ETH Zürich und des Schweizerischen Instituts für Bioinformatik (SIB) ist es nun gelungen, im genetischen Code einen Sub-Code zu identifizieren. Dieser bestimmt, mit welcher Rate die Zelle ihre Proteine herstellt.

«Eine Zelle muss sehr schnell auf Verletzungen wie DNA-Schäden oder potente Gifte wie Arsen reagieren können. Der neue Sub-Code ermöglicht uns zu sehen, welche Gene schnell und welche langsam in Proteine übersetzt werden», sagt die Mitautorin der Studie, Gina Cannarozzi. Für die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Computational Science liegt der Nutzen der Studie darin, dass die Forschenden diese Informationen jetzt direkt über die Analyse des genetischen Codes erhalten können. Bisher konnten diese Informationen nur durch aufwändige und teure experimentelle Methoden, zum Beispiel über Microarrays, beschafft werden.

Neue Erkenntnisse über die Funktionsweise der Ribosomen

Ausserdem ermöglicht der neue Sub-Code Einsicht in die zellulären Prozesse auf molekularer Ebene. In jeder lebendigen Zelle findet die Übersetzung der genetischen Sequenz in Proteine in dafür spezialisierten «Maschinen», den Ribosomen, statt. Die Entdeckung des neuen Sub-Codes führt deshalb auch zu neuen Erkenntnissen über die Funktionsweise dieser Maschinen. Die bisher in der Studie gefundenen Daten weisen darauf hin, dass die Ribosomen eigene Komponenten, die sogenannten tRNA, wiederverwenden, um die Geschwindigkeit der Protein-Synthese zu optimieren.

Verbesserte Herstellung von Therapeutika

Der neuentdeckte Sub-Code kann möglicherweise auch therapeutisch genutzt werden. Viele therapeutische Reagenzien, beispielsweise Insulin, werden in Wirten wie dem Bakterium Escherichia coli oder der Hefe Saccharomyces cerevisiae hergestellt. Der neue Sub-Code könnte helfen, die Information so umzuschreiben, dass die Herstellung in diesen Wirten verbessert wird.

Literaturhinweis

Cannarozzi G et al. A Role for Codon Order in Translation Dynamics. Cell 141, 355-367, April 16, 2010. doi:10.1016/j.cell.2010.02.036

 
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