Veröffentlicht: 26.06.09
Chinesischer Besuch

Leuchtende Augen für einen Hybrid-Motor

Der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, Wan Gang, hat am vergangenen Donnerstag der ETH Zürich einen Kurzbesuch abgestattet. Sein besonderes Interesse galt dem Prototyp eines pneumatischen Hybrid-Motors, den Ingenieure um Professor Lino Guzzella entwickelten.

Roman Klingler
Für einmal selbst hinter dem Steuerrad: Wan Gang, der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, in der Bolide „Formula Hybrid“. (Bild:Markus Senn)
Für einmal selbst hinter dem Steuerrad: Wan Gang, der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, in der Bolide „Formula Hybrid“. (Bild:Markus Senn) (Grossbild)

Die schwarzen Limousinen mit abgedunkelten Fenstern fuhren am Donnerstagmorgen mit leichter Verspätung vor. ETH-Präsident Ralph Eichler empfing Wan Gang, seines Zeichens Minister für Wissenschaft und Technologie der Volksrepublik China, und seine Entourage am Eingang zum Maschinenlabor. Der Zwischenhalt an der ETH Zürich war vom hohen chinesischen Gast ausdrücklich gewünscht worden.

Die Voraussetzungen, dass man sich auf Anhieb verstand, waren ideal: Wan Gang ist Maschinenbauingenieur, hat in Deutschland doktoriert und spricht die Sprache Max Frischs so gut, dass es keine Dolmetscherdienste braucht für die Verständigung zwischen China und der ETH Zürich. Professor Lino Guzzella als gewiefter Conférencier führte die chinesischen Gäste an verschiedene Stände, an denen der Formula Hybrid und das Projekt PAC-Car II vorgestellt wurden. Der Minister zeigte sich ob der Arbeiten angehender ETH-Maschinenbauingenieure beeindruckt und liess es sich nicht nehmen, direkt hinter dem Steuerrad des studentischen Monoposto Platz zu nehmen (siehe Bild).

Dichtes Beziehungsnetz

In seinen Begrüssungsworten hatte ETH-Präsident Ralph Eichler dem Minister dargelegt, wie die ETH Zürich bereits heute mit China institutionell verflochten ist. So existieren zurzeit rund 100 Forschungskontakte auf Stufe der einzelnen Professuren mit 40 Institutionen in China. Zusätzlich gibt es Zusammenarbeitsverträge mit mehreren chinesischen Universitäten wie der Peking University, der University of Nanjing oder etwa noch der Tongji University, die Wan Gang vor seiner Ernennung zum Minister selber präsidiert hatte.

An der ETH Zürich sind rund 200 chinesische Staatsbürger in Forschung und Lehre tätig, davon 62 Doktorierende und 64 Studierende, die hier den Master machen. Schliesslich, so Ralph Eichler, koordiniert die ETH Zürich als so genanntes Leading House die schweizerisch-chinesischen Wissenschafts- und Technologiebeziehungen. Der Präsident hatte erst kürzlich verschiedene Partneruniversitäten in China besucht (siehe ETH Life).

Ein Prototyp, der einiges verspricht

Den Schluss- und Höhepunkt der Kurzvisite der chinesischen Gäste setzte ein Besuch im Labor des Instituts für Dynamische Systeme und Regelungstechnik, in dessen Mitte der Prototyp eines pneumatischen Hybrid-Motors thronte (siehe ETH Life). Lino Guzzella erklärte der Delegation die Funktionsweise des neuartigen Motors und vor allem auch die Vorteile dieses Konzeptes gegenüber heute schon bestehenden Hybrid-Antrieben. Der neue Motor gehorche einer „alten 80/20-Ingenieur-Regel“, so Guzzella: Der an seinem Institut entwickelte Motor ermögliche nämlich 80 Prozent der Kraftstoffersparnis eines Elektro-Hybrids bei nur 20 Prozent von dessen Mehrkosten.

Minister Wan war interessiert an dieser neusten Entwicklung und hakte mit Detailfragen immer wieder nach. Offenbar hinterliess er auch einen bleibenden Eindruck bei den ETH-Vertretern. Ralph Eichler meinte: «Es ist toll, wenn Politiker auf höchster Ebene wie Herr Wan Interesse und Sachkunde in Wissenschaft und Technik vereinen.» Der Minister unterstrich, wie wichtig die Zusammenarbeit mit der Schweizer Industrie und insbesondere auch mit der ETH Zürich sei. Ebenso wichtig sei es, die Ausbildung junger Menschen und den studentischen Austausch weiter zu fördern. Angesprochen auf das neuartige Motorenkonzept und die Möglichkeit, dieses in chinesische Autos einzubauen, liess Wan diplomatisch durchblicken, dass die Industrie diese Entwicklung mit Interesse verfolge. Warten wir es ab: Vielleicht wird man aus ETH-Sicht einmal sagen können, dass der kurze Besuch von Minister Wan im Maschinenlabor langfristige Auswirkungen hatte auf die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und China.