Veröffentlicht: 29.05.08
Roll out Fokusprojekte D-MAVT

Maloja ist startbereit

Strahlend weiss und fast wie ein echter Formel-1-Bolide, nur ein wenig kleiner: Am Dienstag haben Maschinenbaustudierende den neuen Formula Student-Rennwagen „Maloja“ enthüllt. Auch Vorgänger „Albula“ war da – umgebaut zu einem Hybrid-Rennauto. Zu bestaunen waren zudem ein Torschuss- und ein vierbeiniger Laufroboter.

Peter Rüegg
Maloja enthüllt: Die Studenten lüften das Geheimnis um den neuen Rennwagen.
Maloja enthüllt: Die Studenten lüften das Geheimnis um den neuen Rennwagen. (Grossbild)

Die Spannung war gross. Ein rotes Seidentuch verhüllte den angekündigten neuen Formula Student-Rennwagen, nur die Konturen liessen erahnen, dass „Maloja“ ähnlich aussehen würde, wie sein Vorgänger „Albula“, der wenige Minuten zuvor, umgebaut und mit Hybridmotor ausgestattet, enthüllt wurde. Unter grossem Applaus zogen schliesslich die Mitglieder des 23köpfigen Teams am Tuch, weiss und strahlend erschien das Rennauto im Scheinwerferlicht.

Karbon spart Gewicht

„Maloja“ ähnelt seinem Vorgänger „Albula“, doch haben die Studierenden zahlreiche Neuerungen eingeführt. So sind das Monocoque-Chassis, die Sitzschale, das Steuerrad, die Seitenkästen und die Radstangen aus Karbon-Verbundstoff. Der Unterboden wurde aerodynamisch optimiert und besteht ebenfalls aus Karbon. Die Felgen und Räder sind grösser und dank besserer Ergonomie hat der Pilot im Cockpit mehr Platz, wo zudem noch mehr benutzerfreundliche Elektronik enthalten ist.

Die Bauweise des Motors ist vergleichbar mit "dem Vorgängermodell, jedoch wurde der Ansaugtrakt optimiert. Der Motor mit einem Hubraum von 600 Kubikzentimetern ist ein integriertes tragendes Bauteil. „Maloja“ hat vier Bremsen, „Albula“ hatte nur drei. Insgesamt ist der neue Rennwagen mit seinen Gesamtgewicht von 200 Kilogramm um einen Sechstel leichter als sein Vorgänger, unter anderem dank der konsequenten Verwendung von Karbon-Bauteilen.

35'000 Stunden Arbeit

Der Wagen ist wegen seines geringeren Gewichts spritziger als sein Vorgänger und kann in 3,7 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen. Er hat 90 PS und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h. Wie letztes Jahr wird die Studentengruppe an verschiedenen Rennen in Silverstone, Hockenheim und in Maranello, Italien, teilnehmen. Bereits in 10 Tagen findet der erste Wettkampf teil. Dabei geht es nicht in erster Linie ums Tempobolzen. Bewertet wird auch ein  Businessplan, der eine Vermarktungsstrategie für 1000 Stück des Fahrzeugs zu einem Preis von unter 25'000 Franken beinhalten muss. Daneben zählen aber auch diverse Fahrprüfungen, unter anderem ein Ausdauertest.

Die Studierenden haben in den vergangenen Monaten rund 35'000 Stunden in den Bau des Fahrzeugs investiert. Neben den 15 Maschinenbau-Studenten der ETH beteiligten sich am Projekt „Maloja“ auch zwei Elektrotechnikstudenten der Luzerner Hochschule für Technik und Architektur, zwei Wirtschaftsstudenten der HSG und drei Designstudenten von der HGK Zürich.

"Albula" wird umweltfreundlicher

„Albula“ hat indessen nicht ausgedient. Eine zweite Studentengruppe baute den Rennwagen des Vorjahrs in ein Hybridfahrzeug um. Dieses verfügt nun neu über einen Elektromotor, der von einem Benzinmotor unterstützt wird. Weil der Elektroantrieb auch eine entsprechend grosse Batterie braucht, musste der Wagen ziemlich stark angepasst werden. Das Chassis ist breiter, und auch ein neues Bremssystem wurde nötig, weil der „Albula“-Hybrid schwerer ist als der alte. Er kommt auf rund 150 PS. Die Gruppe wird im Juli auf Formel-1-Ring von Silverstone in der Kategorie Hybridfahrzeuge ihr erstes Rennen absolvieren.

Das Albula-Team bestand zuerst aus sechs Studenten. Weil aber der Aufwand für dieses Projekt stetig wuchs, kamen neue Leute dazu, so dass am Ende 15 Studenten daran arbeiteten.

Fussball-Roboter schlägt Natigoalie

Einer weiteren Männerdomäne nahm sich eine dritte Gruppe an: Fussball. Das Sechserteam „bend it“ aus vier Männern und zwei Frauen konstruierte einen künstlichen Freistossschützen, den „Bender“. Im Prinzip ist dieser David Beckham-Roboter eine Kiste, die in Freistossdistanz vor einem Tor aufgestellt wird. Eine Computersimulation berechnet die Flugbahn des Balls und die Maschine kann entsprechend eingestellt werden, so dass der Ball mit hoher Geschwindigkeit und Drall in einen gewünschten Punkt des Tors fliegt. Die Maschine könnte dazu dienen, Torhüter zu trainieren oder Flanken, Eck- und Freistossvarianten einzuüben.

Bei einem ersten Test schwächelte der Roboter-Beckham noch, wie Videoaufnahmen der Studierenden dokumentierten. Doch nach einigen Optimierungen konnten die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure das Gerät schliesslich auf dem Fussballfeld testen: „Bender“ trat gegen Ex-Nationalgoalie Jörg Stiel an, der sich zuweilen zünftig strecken musste, um sich vom Roboter nicht geschlagen geben zu müssen.

Vom Kriechen zum Laufen

Nicht zum Fussballer gereicht hat es dem autonomen Laufroboter mit Federung, abgekürzt „A.L.F.“, obwohl dies das Ziel der vierten Gruppe war. Sie begann ihr Fokusprojekt, um mit A.L.F. am Robocup in den USA, dem Fussballturnier für Roboter, teilzunehmen. Doch der Weg dorthin blieb den Studierenden verwehrt. Die Entwicklung des Laufroboters brauchte zu lange, das Unterfangen war komplizierter, als sich die Studenten ausgemalt hatten. Nach der Konzeption und dem Zusammenbau der Einzelteile musste das Team dem Gehroboter wie einem Kleinkind erst einmal das Laufen beibringen, eine Aufgabe, die alles andere als leicht war. A.L.F. hing zu Beginn wie eine Marionette an Fäden, um die Beine zu entlasten. Videoaufzeichnungen zeigten, wie der langsam lernen musste, seine Beine richtig zu bewegen. Dennoch kam es immer wieder zu tragikomischen Unfällen.

Am Dienstag präsentierte sich A.L.F. von einer vorsichtig-trägen Seite. Auch die Studenten behandelten den Roboter wie Porzellan. Immerhin hat er einen Wert von 25'000 Franken. Dennoch ist den Studierenden eine beachtliche Leistung geglückt. A.L.F. bewegte am Roll out seine Beine zwar langsam, aber koordiniert.

Teamarbeit steht im Vordergrund

Ziel der Fokusprojekte ist nicht, ein marktreifes Produkt zu erhalten. Die Studierenden sollen sich im Rahmen ihres Bachelor-Studiums damit auseinandersetzen, wie ein Projekt von der ersten Idee bis hin zur Umsetzung durchgeführt wird. Alle beginnen bei Null. Sie müssen erst eine Idee formulieren, skizzieren, auslegen, Grundlagen schaffen, auf dem CAD planen, das Gerät montieren und schliesslich in Betrieb setzen.

Professor Roland Siegwart betonte in seiner Ansprache, dass es für die Durchführung solcher Projekte begeisterte Studierende brauche. Nicht das Ziel werde beurteilt, sondern der Weg dahin. „Studierende lernen, im Team zu arbeiten und ein Projekt durchzuziehen.“ Von den Studierenden wird einiges abverlangt. Das Projekt dauert ein Jahr, und die Nächte vor der Präsentation waren für viele sehr kurz.

„Die Projekte sollen Sinn stiften“, ergänzte Lino Guzzella, Professor am Institut für Mess- und Regeltechnik. Einen Sinn, den viele spätestens dann erkennen, wenn ihr Produkt im Rampenlicht steht.