Toni Walker muss abwandern

Optimismus in Ehren! Wenn Ihr Toni Walker wiederkäme, so würde ich mit ihm zur Kirche von Wassen hinaufsteigen, damit er von der Friedhofmauer aus das Inferno an Lärm und Gestank der Autobahn erleben könnte. Kein Zweifel, nach diesem Erlebnis würde auch er gehen, so bald wie möglich. Wassen ist übrigens kein Spezialfall, denn die Situation in Gurtnellen, Göschenen, Airolo, Ambri, Piotta, Faido, Lavorgo, Bodio usw. ist sehr ähnlich.

Braucht man noch zu erwähnen, dass der Bahnhof von Wassen längst geschlossen ist und keine Züge mehr halten? Es gibt auch seit vielen Jahren keine Züge mehr zu steuern, dies wird meines Wissens von Luzern aus erledigt.

Fast drei Jahrzehnte, d.h. ab etwa 1968, habe ich Dienst in Form zahlreicher Kurse und Einzeltagen in der damaligen Festungsbrigade 23 geleistet und konnte das unablässige Wachstum des motorisierten Verkehrs konkret mitverfolgen. Zuerst war es die sprunghafte (vergleichsweise aber bescheidene) Zunahme mit der Eröffnung der ausgebauten Strasse über den Pass ab 1977, dann die Verkehrsflut mit der Eröffnung des Strassentunnels 1980. Noch heute bin ich dem Gebiet Gotthard verbunden und verbringe einzelne Nächte in der Gegend. Ein Hotelaufenthalt in Wassen, in Gurtnellen, in Airolo, geschweige denn in der hervorragend restaurierten alten Sust von Dazio Grande ist allenfalls Gehörlosen zu empfehlen. Der „normale“ Tourist entflieht verständlicherweise dem pausenlosen, auch nachts nicht enden wollenden Verkehrslärm. Wen kann der langsame Niedergang der Dörfer im Reusstal und in der Leventina angesichts der hoffnungslosen Prämissen erstaunen?

Von der europäischen Transitachse bleibt der Bevölkerung ausser permanentem Lärm und Staub so gut wie nichts. Von der Autotransport-Lobby Verständnis für eine Begrenzung (des Schwerverkehrs) zu erwarten ist illusorisch. Von einer Beschränkung des Personenwagenverkehrs wagt man nicht einmal zu sprechen. Die Leute von Wassen haben also die schlechtestmöglichen Karten.

Der Ehrlichkeit halber sei noch erwähnt, dass das Elektronikzeitalter mit den Möglichkeiten der Telekommunikation (Kraftwerke, Bahnen etc.) ebenfalls seinen Teil beigetragen, den Tälern die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Toni Walker müsste wohl den Beruf oder auf jeden Fall seinen Arbeitsort wechseln. Selbst die Landwirtschaft kann ich ihm angesichts des ungünstigen Geländes im Reusstal nicht empfehlen.

Ulrich Meier, Dipl. Kult.Ing. ETH, Hondrich - 16.05.08

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