Veröffentlicht: 20.12.07
Erdwissenschaften

Ist der Mond ein Stück von der Erde?

Forscher der ETH Zürich haben den Entstehungszeitpunkt des Mondes neu bestimmt. Demnach bildete er sich mehr als 62 Millionen Jahre nachdem sich unseres Sonnensystems entwickelt hatte, vor zwischen 4.50 und 4.45 Milliarden Jahren. Er ist somit 30 Millionen Jahre jünger als bisher angenommen. Die Forschungsergebnisse lassen zudem annehmen, dass Erde und Mond aus den gleichen Ausgangsmaterialien entstanden sind.

Simone Ulmer
Der Mond entstand durch die Kollision eines Protoplaneten mit die Erde. Bild: Fahad Sulehria
Der Mond entstand durch die Kollision eines Protoplaneten mit die Erde. Bild: Fahad Sulehria (Grossbild)

Über den Wolfram-182-Gehalt in Mondgestein ist es möglich den Geburtszeitraum des Mondes einzugrenzen. Wissenschaftlern vom Institut für Isotopengeologie und mineralische Rohstoffe der ETH Zürich und dem Institut für Mineralogie und Geologie der Universität zu Köln konnten jetzt genaue Daten liefern. Die teilweise unerwarteten Ergebnisse der Studie wurden heute in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Überraschend war, dass der Gehalt von Wolfram-182 in verschiedenen Mondgesteinen gleich war. Zudem stimmten diese mit Proben von Erdgesteinen überein. Letzteres ist sehr ungewöhnlich, erklärt Thorsten Kleine, Mitautor der Studie und Oberassistent am Institut für Isotopengeologie der ETH Zürich. Alle Gesteinsproben von anderen Planten unseres Sonnensystems haben einen individuellen Anteil an Wolfram-182. Dies liegt an der unterschiedlichen Entstehungszeit jedes Planeten. Die neuen Ergebnisse, dass alle untersuchten Mondgesteine gleiche Werte hatten, führte dazu, dass das vor zwei Jahren neu bestimmte Alter des Mondes neu errechnet werden muss.

Neues Entstehungsmodell

Die geochemischen Merkmale der vor fast 40 Jahren bei Apollomissionen gesammelten Gesteinsproben weisen darauf hin, dass der Mond durch keine bis dahin gängigen Theorien entstanden sein kann. Für die Mondentstehung entwickelte sich daraufhin die heute weitläufig akzeptierte Theorie, dass er sich durch den Zusammenstoss eines etwa Mars-grossen Protoplaneten mit der Erde gebildet hat. Als der Himmelkörpers auf der Erde einschlug, bildeten Trümmerteile eine Scheibe um die Erde. Aus ihr soll der Mond entstanden sein. Computer-Simulationen ergaben, dass dabei mehr als 80 Prozent des Protoplaneten den Mond bildeten. Da nun aber laut der jüngsten Studie die Mengen an gemessenem Wolfram-182 sowohl in den Mond-, wie auch den Erdgesteine gleich sind, ist diese Vorstellung nicht mehr haltbar. Denn laut dem Doktoranden und Leiter der Forschungsgruppe Mathieu Touboul und seinen an der Studie beteiligen Kollegen Thorsten Kleine, Bernard Bourdon, Herbert Palme und Rainer Wieler, müssten bei gleichen Wolfram-182 Mengen der Mond und die Erde aus denselben Ausgangsmaterialien entstanden sein. Der Mond müsste sich aus Trümmern der Erde, die beim Einschlag des Protoplaneten herausgeschleudert wurden, gebildet haben. Dies widerspricht jedoch den Computermodellen. Möglich wäre auch, so die Forscher, dass die fatale Kollision eine Art gigantische Magmascheibe entstehen liess. Darüber hätten sich die chemischen Elemente zwischen Mond und Erde austauschen und ausgleichen können.

Bessere Methoden erlauben Altersrevision

Thorsten Kleine ist es zusammen mit einem internationalen Wissenschaftlerteam bereits vor zwei Jahren gelungen, durch verfeinerte Messmethoden das Alter des Mondes neu zu bestimmen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Isotope der Elemente Wolfram-182 und Hafnium-182. In den ersten 60 Millionen Jahren, nachdem sich unser Sonnensystem gebildet hatte, beeinflusste das Isotop Hafnium-182 die Menge des Wolfram-182 entscheidend. Denn aus dem Zerfall von Hafnium-182 kann Wolfram-182 entstehen. Mit einer Halbwertszeit von neun Millionen Jahren ist Hafnium aber nach 60 Millionen Jahren kaum noch nachweisbar. Während Hafnium-182 beim Zerfall variierenden Mengen an Wolfram-182 produziert, ändern sich nach dem kompletten Zerfall von Hafnium-182 die Werte des Wolfram-182 nicht mehr. Dies ermöglicht das Alter des Mondes in einem ersten Schritt einzugrenzen. Sind die Wolfram-182-Werte in allen Proben gleich, kann der Mond erst 60 Millionen Jahre nach Entstehung des Sonnensystems entstanden sein. Dies gibt allerdings nur den frühsten Entstehungszeitpunkt an. Kombiniert mit dem Alter des ältesten Mondgesteins von rund 4.46 Milliarden Jahre, kann das Mondalter auf zwischen 4.45 und 4.50 Milliarden Jahre eingegrenzt werden.

Die Ergebnisse beweisen laut den Forschern auch, dass tatsächlich ein Einschlag eines Protoplaneten den Mond entstehen liess. Sonst müsste er, wie alle anderen Körper unseres Sonnensystems, viel früher entstanden sein und variierende Wolfram-182-Werte in sich tragen.