Veröffentlicht: 29.06.12
Science

Grosse Windräder sind klimaschonender

Eine ETH-Studie unter der Leitung von Stefanie Hellweg, Professorin für Ökologisches Systemdesign, kommt zum Schluss, dass grosse Windkraftanlagen grüneren Strom produzieren als kleine. Günstig für die Umwelt wirkt sich aus, dass die Anlagenbauer an Erfahrung zulegen und voneinander lernen.

Peter Rüegg
Windkraft ist eine viel versprechende erneuerbare Energiequelle. Neue Ergebnisse von Forschenden der ETH Zürich und der Universität Nijmegen zeigen, dass grössere Windkraftanlagen die Elektrizität grüner produzieren. (Bild: Flickr)
Windkraft ist eine viel versprechende erneuerbare Energiequelle. Neue Ergebnisse von Forschenden der ETH Zürich und der Universität Nijmegen zeigen, dass grössere Windkraftanlagen die Elektrizität grüner produzieren. (Bild: Flickr) (Grossbild)

Derzeit reden viele von der Sonne, dem Wasser, dem Wind. Gefragt sind erneuerbare Energien, die uns zukünftig mit Strom versorgen. Grosse Hoffnung setzen Konsumenten wie Stromerzeuger auf die Windkraft. Aber wie «ökologisch» sind Windkraftanlagen wirklich, wenn der ganze Lebenszyklus einer Anlage auf den CO2-Ausstoss beleuchtet wird - vom Energieaufwand, der nötig ist, um Baumaterialien zu gewinnen, zu bearbeiten und zu transportieren, bis zum Energieeinsatz für den Bau, Betrieb und Abbruch.

Neue Einsichten liefert nun eine Forschungsgruppe der ETH Zürich und der niederländischen Radboud Universität Nijmegen in einem Fachartikel, der soeben in «Environmental Science & Technology» erschienen ist: Je grösser die Windkraftanlage, desto grüner produziert sie Elektrizität.

Lernerfahrungen zahlen sich aus

«Dieser Effekt entsteht durch die Kombination von Anlagengrösse und Lerneffekten», sagt Marloes Caduff vom Institut Umweltingenieurwissenschaften. «Um eine Windkraftanlage mit doppelter Leistung zu erhalten, ist nicht automatisch doppelt so viel Energieaufwand und Material zu deren Bau nötig.»

Dieser so genannte Skaleneffekt ist auch aus der Ökonomie bekannt und lässt sich auf die Umweltleistung von Windkraftanlagen übertragen. So kostet es nur unwesentlich mehr Energie, eine Anlage grösseren Massstabs zu bauen als eine kleinere.

Eine Windkraftanlage, deren Rotordurchmesser 90 Meter beträgt, kommt demnach ökologisch wesentlich besser weg als eine Anlage mit Rotordurchmesser von 60 Metern. Bei der grossen Anlage sinkt nicht nur das Klimaerwärmungspotenzial für jede mit Windkraft produzierte Kilowattstunde, sondern gleichzeitig steigt auch die Produktionskapazität um mehr als das Doppelte.

Grüner wird der Windstrom aus grossen Anlagen nicht zuletzt deshalb, weil die Erbauer erfahrener werden und voneinander lernen. Dies beschleunigt den Fortschritt bei der Planung und dem Bau von Windkraftanlagen. Dadurch konnte etwa die Form der Rotorblätter rasch optimiert werden. Dies trägt dazu bei, den Wind besser auszunutzen, ohne dass der Turm oder der Generatorkopf grösser werden.

Für ihre Fallstudie untersuchte Marloes Caduff zwölf einzelne Windturbinen mit Rotoren von 12,5 bis 90 Metern Durchmesser. Bei diesen Anlagen war der CO2-Aussstoss pro erzeugter Kilowattstunde bekannt. Am klimaschädlichsten ist die Herstellung des Stahlmasten, die im Extremfall fast 40 Prozent zum CO2-Ausstoss einer Anlage beiträgt, gefolgt von der Produktion des Generatorkopfs (12 bis 37 Prozent). Negativ ins Gewicht der Ökobilanz fällt auch der Glasfaser-Plastik, der Chromstahl für den Generatorkopf und der Beton des Fundaments.

In den vergangenen Jahrzehnten hat nicht nur die Zahl der ans Stromnetz angeschlossenen Windräder zugenommen. Auch die Baudimensionen wurden immer grösser. 1980 lag der Durchmesser der Rotoren bei 15 Metern, mittlerweile gibt es Anlagen, deren Rotoren-Durchmesser zehn Mal grösser sind, wie zum Beispiel derjenige der Offshore-Anlage «Alstom Aliade 150» vor der Küste Frankreichs. Geplant sind Windkraftanlagen von noch grösseren Ausmassen.

Umweltwirkung der Generatoren genauer einschätzen

Die Ergebnisse der Studie könne man nicht auf grössere Windturbinen übertragen, sagt Caduff. Sie würden aber Anlagebetreibern helfen, die Umweltwirkung ihrer eigenen Generatoren einzuschätzen, indem sie diese in Durchmesser und Höhe einordnen können.

Windkraft ist eine viel versprechende erneuerbare Energiequelle und wird in vielen Staaten derzeit stark gefördert. Allein zwischen 2006 und 2007 stieg die Netto-Windenergieproduktion in den EU-27-Ländern um über einen Fünftel auf 99‘430 Gigawattstunden (GWh). Die USA haben beschlossen, bis 2030 einen Fünftel ihres Stromverbrauchs mit Windenergie zu decken. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, werden mehr Windparks und grössere Windturbinen benötigt.

Literaturhinweis

Caduff M, Huijbregts MAJ, Althaus H-J, Koehler A & Hellweg S. Wind Power Electricity: The Bigger the Turbine, the Greener the Electricity? Env Science&Techn. 2012, 46, 4725-4733. Doi: 10.1021/es204108n

 
Leserkommentare: