Veröffentlicht: 26.01.12
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ETH-Forschung von EU gefördert

Wie der Europäische Forschungsrat gestern Abend offiziell bekannt gab, erhalten sieben ETH-Forscherinnen und Forscher einen vielbeachteten ERC Advanced Grant. Insgesamt vergibt die EU über 17 Mio. Schweizer Franken für Projekte von ETH-Forschenden.

Franziska Schmid
Thomas Bernauer, Ilya Karlin, Bertrand Meyer, Martin Quack (obere Reihe, v.l.n.r.), Nicola Spaldin, Matthias Troyer und Luc van Gool (untere Reihe, v.l.n.r.) haben sich erfolgreich um EU-Fördergeld beworben.
Thomas Bernauer, Ilya Karlin, Bertrand Meyer, Martin Quack (obere Reihe, v.l.n.r.), Nicola Spaldin, Matthias Troyer und Luc van Gool (untere Reihe, v.l.n.r.) haben sich erfolgreich um EU-Fördergeld beworben. (Grossbild)

Im Januar wird es jeweils offiziell: Der Europäische Forschungsrat veröffentlicht die Liste mit den Namen all jener Forschenden, die einen ERC Advanced Grant erhalten. Unter den 294 ausgezeichneten europäischen Forschern befinden sich eine erfreulich hohe Zahl von Schweizer Wissenschaftlern. 22 Schweizer Projekte wurden insgesamt ausgezeichnet, ganze sieben davon stammen von ETH-Forschern und Forscherinnen. Die ERC Advanced Grants werden an etablierte Spitzenforscher vergeben und sind deshalb als Auszeichnung zu verstehen. Auch die Summen, mit denen die Forschungsprojekte gefördert werden, sind beachtlich: Über einen Zeitraum von fünf Jahren erhält jedes der Projekte zwischen 1,9 und 3 Mio. Schweizer Franken.

Fünf Grants in Physical Sciences and Engineering

Die ETH-Forschenden sind besonders im Bereich «Physical Sciences and Engineering» erfolgreich. Ilya Karlin vom Institut für Energietechnik möchte in seinem Projekt ein neuartiges Rechenverfahren für die Fluiddynamik ausarbeiten, welches auf einem drastisch reduzierten molekularen Bild der Teilchen basiert. Die von Karlins Gruppe entwickelte Entropic Lattice Boltzmann Method (ELBM) wird dabei eng mit anderen neuen Ideen rechnergestützter Verfahren des Hochleistungsrechnens verbunden, die letztlich effizientere, genauere und stabilere Strömungssimulationen in komplexen Geometrien ermöglichen sollen.

Nebst den männlichen Kollegen ist auch eine Forscherin mit von der Partie: Nicola Spaldin, Professorin für Materialtheorie, erforscht in ihrem Projekt komplexe Oxide, also Materialien aus Übergangsmetallen und Sauerstoff, und ihre gekoppelten und konkurrierenden Instabilitäten. Das Ziel dieses ERC-Projekts ist, zu verstehen, wie durch die Kombinationen von bisher unerforschten Instabilitäten und Ordnungsphänomenen neue Materialeigenschaften hervorgebracht werden können.

Neues zu Schrödingers Gleichung

Die grössten Supercomputer haben Probleme, wenn sie die Schrödinger-Gleichung für Systeme vieler stark wechselwirkender Teilchen lösen sollen. Im Projekt von Matthias Troyer, Professor für Computerphysik am Institut für Theoretische Physik, werden neue Methoden entwickelt, um solche Vielteilchenprobleme zu simulieren. Diese Methoden sollen auf die Physik ultrakalter atomarer Quantengase angewandt werden. Ziel ist, Synergien zwischen Atomphysik, Festkörperphysik und numerischen Simulationen herzustellen.

Das Projekt «Concurrency Made Easy» (CME) von Bertrand Meyer, Professor für Software Engineering, stellt das nebenläufige Programmieren als eine einfache und natürliche Erweiterung der modernen objekt-orientierten Programmiertechnik dar. Die CME-Technologie basiert auf dem an der ETH Zürich entwickelten «Simple Concurrent Object-Oriented Programming» (SCOOP) Konzept, das in die Programmiersprache Eiffel integriert wurde. CME soll es jedem Programmierer ermöglichen, ohne besondere Mühen leistungsstarke IT-Anwendungen zu entwickeln, die die Kapazitäten moderner Computersysteme voll ausnutzen.

«Händigkeit» und politische Steuerungsmechanismen

Mit fundamentalen Fragen der Molekülphysik bei chiralen Molekülen beschäftigt sich die Forschungsgruppe von Martin Quack. Der Begriff «Chiralität» (Händigkeit) betrifft die räumliche Struktur von Molekülen. Experimente sollen unter anderem einige grundlegende Fragen zur Stereochemie und zur Quantenphysik der Chiralität beantworten. Völlig neuartige Paritätsisomere könnten sich quasi gleichzeitig wie eine linke und rechte Hand verhalten und eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften besitzen. Einen weiteren ERC Advanced Grant im Bereich «Physical Sciences and Engineering» erhält Prof. Luc van Gool für sein Projekt Variation & the City.

Eines der mit dem ERC Advanced Grant ausgezeichneten ETH-Projekte stammt aus dem Bereich «Social Science and Humanities». Viele wichtige gesellschaftliche Probleme sind heute globaler Natur und lassen sich deshalb am besten durch politische Steuerungsmechanismen auf globaler Ebene lösen. Thomas Bernauer, Professor am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften, untersucht in seinem Projekt, ob und wie sich globale politische Steuerungsmechanismen innerhalb von einzelnen Staaten gesellschaftlich stärker legitimieren lassen. Das Projekt konzentriert sich auf die Klimapolitik und analysiert, wie sich bestimmte Formen der Repräsentation, der Entscheidungsfindung sowie der Verteilung von Kosten und Nutzen der globalen Zusammenarbeit auf die öffentliche Unterstützung und damit die Legitimation der Klimapolitik auswirken.

EU GrantsAccess tätig für Uni und ETH

EU GrantsAccess ist eine gemeinsame Stelle der Universität Zürich und ETH Zürich, welche aktuelle Informationen zu nationalen und internationalen Forschungsprogrammen wie den ERC Grants zusammenstellt und Forschende bei der Antragstellung und beim Projektmanagement berät und unterstützt. Dass die Zusammenarbeit auf allen Ebenen intensiv ist, zeigt sich auch darin, dass dieses Jahr zwei Projekte ausgezeichnet wurden von Professoren, die eine Doppelprofessur inne haben: Martin Schwab, Professor für Neurowissenschaften, und Josef Jiricny, Professor für Functional Genomics, beide auch an der ETH Zürich tätig, erhalten für ihre Projekte ebenfalls einen ERC Advanced Grant. Weitere Informationen dazu in: UZH News

 
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