Veröffentlicht: 31.08.10
Science

Löchrige Strahlenfalle

Forscher am Institut für Feldtheorie und Höchstfrequenzelektronik der ETH Zürich haben neuartige Oberflächen hergestellt, die Radarstrahlung effizient und über ein breites Spektrum absorbieren können. Die Methode lässt sich auf kurzwellige Strahlung übertragen und könnte für intelligente Solarzellen eingesetzt werden.

Claudia Hoffmann
Die neuen Metamaterialien absorbieren Radarstrahlung besonders effizient durch die sich wiederholende Anordnung von Kupferplättchen und Löchern. (Bild: Arya Fallahi / ETH Zürich)
Die neuen Metamaterialien absorbieren Radarstrahlung besonders effizient durch die sich wiederholende Anordnung von Kupferplättchen und Löchern. (Bild: Arya Fallahi / ETH Zürich) (Grossbild)

Zur Abschirmung von Gebäuden in der Nähe von Flughäfen oder zur Tarnung von Militärflugzeugen werden Oberflächen eingesetzt, die Radarstrahlung absorbieren. Dazu verwendet man vorzugsweise flache Materialien, die aber meist den Nachteil haben, nur einen engen Bereich der Radarstrahlung zu erfassen. Wissenschaftler um Christian Hafner, ETH-Professor und Leiter des Instituts für Feldtheorie und Höchstfrequenzelektronik (IFH) und der Forschungsgruppe «Computational Optics», haben mit einer neuen Methode Oberflächen hergestellt, welche Radarstrahlung in einem sehr breiten Bereich absorbieren. Die perforierten Platten von wenigen Millimetern Dicke lassen sich einfach und kostengünstig herstellen.

Antennen und Löcher kombiniert

Die Forscher setzten für ihre Neuentwicklung verschiedene Komponenten zu einem sogenannten «Metamaterial» zusammen. Als Unterlage diente ein kommerziell erhältliches, radarabsorbierendes Trägermaterial. Dieses beschichteten sie mit geometrischen Strukturen aus Kupfer, in einem Fall in der Form kleiner Schweizer Kreuze. Solche Muster sind als Frequenz-selektive Oberflächen bekannt, da sie wie kleine Antennen wirken und nur bestimmte Wellenlängen auffangen. Die Muster kombinierten die Forscher mit millimetergrossen, runden Löchern in der Oberfläche des Trägermaterials, in denen die Radarwellen «eingefangen» werden.

Wichtig ist, dass die Grösse der verwendeten Strukturen der Grösse der Wellenlänge entspricht, im Fall der Radarstrahlung wenige Millimeter. Nur dann entstehen Resonanzen, ähnlich wie bei einer Stimmgabel, die das Signal verstärken. Werden verschiedene Strukturen miteinander kombiniert, erzeugen sie mehrere Resonanzen. Je mehr Resonanzen entstehen, desto breiter ist der empfangene Frequenzbereich und desto effektiver wird die Strahlung schliesslich vom Trägermaterial absorbiert.

Auf die Anordnung kommt es an

Für den optimalen Resonanzeffekt ist nicht nur die Grösse und Form der Kupferstrukturen und Löcher entscheidend, sondern auch deren Anordnung und Position. Kombinationen verschiedener Muster können unter Umständen Resonanzen erzeugen, die miteinander wechselwirken und sich gegenseitig stören. «Solche Wechselwirkungen lassen sich nicht intuitiv vorhersagen», erklärt Christian Hafner. Um dieses Problem zu lösen, entwickelte Arya Fallahi, der seine Doktorarbeit vor kurzem in Hafners Gruppe abgeschlossen hat, eine neue Software. Diese berechnet, welche Struktur-Kombinationen einen optimalen Effekt erzielen. «Das Ziel war, mit Hilfe des Computerprogramms Metamaterialien mit spezifischen Eigenschaften zu erzeugen. Mit Radarwellen ist das relativ leicht zu realisieren. Die Radar-Absorber sind aber nur ein Zwischenschritt für weitergehende Anwendungen», sagt Hafner.

Fensterscheiben als Sonarpanel

Die Einsatzmöglichkeiten der neuen Metamaterialien sind vielfältig. Sie lassen sich an andere Strahlungsarten, zum Beispiel Infrarot- oder Solarstrahlung, anpassen. In abgewandelter Form könnten sie als Hitzeschilde für Turbinen oder für die Raumfahrt verwendet werden. Um Sonnenstrahlung einzufangen müssen die Strukturen allerdings miniaturisiert werden. Das Spektrum des Sonnenlichts liegt im Nanometerbereich, die Wellenlänge ist einige Tausend Mal kleiner als bei Radarstrahlung. Daher müssen die entsprechenden Metamaterialien nanostrukturiert sein. Das erfordert aufwändigere Technologien als bei Radar- oder Mikrowellen.

Laut Hafner bleibt abzuwarten, welche Entwicklungen die Solarindustrie in den nächsten Jahren in dieser Hinsicht bringt. Er stellt sich einen Einsatz von Metamaterialien vor, deren Eigenschaften zusätzlich elektronisch steuerbar sind. Diese könnten für intelligente Fenster verwendet werden. Mit ihnen beschichtete Fensterscheiben würden wie Blenden funktionieren: Bei bedecktem Himmel lassen sie Licht durch, während sie in geschlossenem Zustand Sonnenlicht absorbieren und es zu Energiegewinnung nutzen.

Literaturhinweis

Fallahi, Arya. Optimal design of planar metamaterials. ETH (2010). doi:10.3929/ethz-a-006088358.

 
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