Veröffentlicht: 29.05.09
High Performance Computing

Gipfelstürmer rund um den Monte Rosa

In nur knapp drei Monaten wurde das CSCS in Manno, Tessin, wieder zum leistungsstärksten Rechenzentrum der Schweiz. Mit einer Rechnerleistung von 141,6 Teraflop verfügt der neue Supercomputer über mehr Rechnerleistung als die Summe aller Computer-Cluster in der Schweiz.

Simone Ulmer
Der am CSCS neu installierte Monte Rosa Supercomputer (Alle Bilder: Michele De Lorenzi/CSCS)
Der am CSCS neu installierte Monte Rosa Supercomputer (Alle Bilder: Michele De Lorenzi/CSCS) (Grossbild)

Der Name «Monte Rosa» für einen Superrechner impliziert indirekt Assoziationen mit Gipfelstürmern, nicht nur wegen des Namens des berühmten schweizerisch-italienischen Gebirgsmassivs. Vor allem, wenn man bedenkt, dass vom Schulleitungsbeschluss der ETH Zürich, der grünes Licht für einen Ausbau des Vorgängers Piz Palu gab, bis zur Inbetriebnahme keine drei Monate vergangen sind. Das CSCS gibt den Rechner im Laufe der nächsten Woche für seine Benutzer frei.

Quantensprung im Supercomputing der Schweiz

In den wenigen Wochen hat das Nationale Rechenzentrum der Schweiz für seine Verhältnisse einen Quantensprung vollbracht: Die Computerleistung wurde mehr als verachtfacht. Dadurch gehört das CSCS bezüglich seiner Rechenkapazitäten im High Performance Computing (HPC) weltweit zu den führenden Rechenzentren. Am CSCS ist man optimistisch, dass «Monte Rosa» im Juni auf der Supercomputer-Konferenz in Hamburg, wo die schnellsten Rechner der Welt in der Liste der «Top 500» bekanntgegeben werden, unter den ersten fünfzig platziert sein wird. Das wäre somit auch für die Schweiz ein Quantensprung im High Performance Computing.

Das High Performance Computing ist heute neben den theoretischen und experimentellen Wissenschaften das dritte Standbein der Wissenschaften. Versuche, die etwa im Labor in Zellkulturen oder Reagenzglas gemacht wurden, werden heute teilweise am Computer simuliert. Das spart einerseits Zeit, liefert aber für die Wissenschaftler auch Einblick in wichtige Zwischenstufen von Prozessen, die unter dem Mikroskop oder mit anderen experimentellen Mitteln nur schwer oder gar nicht nachvollziehbar wären. Auch die Klimaszenarien der Zukunft zu skizzieren, wäre ohne Simulationen nicht möglich.

Vorbereitung für den Empfang

Im Vorfeld der «Monte Rosa»-Installation musste am CSCS in kürzester Zeit die elektrische Infrastruktur geschaffen und die Wasserkühlung vorbereitet werden. Vergangene Woche war es dann soweit: Ein Zeltvorbau vor dem CSCS bot der sensiblen 30 Tonnen schweren Fracht, die vier LKWs anlieferten, Schutz vor Wind und Wetter. Die zwanzig mannshohen Türme, die die Racks des XT5 der amerikanischen Firma Cray in sich bergen, kamen in Begleitung von rund einem Dutzend Elektroingenieuren und Computerbau-Spezialisten der Firma, die nahezu rund um die Uhr die Maschine aufbauten.

«High Impact»-Projekte als Test

Knapp eine Woche später sind 14‘752 Prozessoren am CSCS nun in der Lage, 141 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde durchzuführen. Damit hat das CSCS auf einen Schlag enorm viel mehr Kapazitäten und kann seinen Nutzern Rechnerleistung zur Verfügung stellen, die derzeit höher ist, als diejenige sämtlicher in der Schweiz verfügbaren Computer-Cluster zusammengenommen. Deshalb wurden die Benutzer aufgerufen, so genannte High-Impact Projekte einzureichen, die bereits als Pläne in den Schubladen der Wissenschaftler liegen, jedoch bis anhin in der Schweiz nicht durchführbar waren, da keine Möglichkeit bestand, derartig grosse Simulationen durchzuführen.

Mit solchen Projekten will das CSCS testen, zu welchen Rechenleistungen die Maschine in der Lage ist. Thomas Schulthess, Direktor des CSCS und Professor für Physik an der ETH Zürich, hatte mit derartigen Testläufen im vergangenen Jahr mit dem Superrechner «Jaguar» in Oak Ridge den Gordon Bell Preis erhalten (siehe ETH Life Artikel vom 21.11.2008).

Der nächste Berg wartet bereits

Gipfelstürmer scheinen die Leute des CSCS-Teams tatsächlich zu sein: Kaum ist der neue Rechner da, liegen bereits Pläne für ein weiteres «Aufrüsten» vor, denn Ziel des nationalen Hochleistungsrechenzentrums CSCS ist, ein Petafloprechner, wie er diese Woche in Jülich in Deutschland eingeweiht wurde, seinen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Zum jetzigen Schritt sagt Thomas Schulthess: «Wir sind begeistert von der Möglichkeit, die simulationsbasierenden Wissenschaften an neue Grenzen heranführen zu können». Schulthess betont, wie wichtig es war, dass das HPC in der Schweiz zur Nationalen Strategie erklärt wurde (siehe ETH Life Interview vom 17.12.2008) und ist froh darüber, dass sowohl die Schweizerische Universitätskonferenz (siehe ETH Life Artikel vom 6.5.2009), der Bund mit seinem ersten Konjunkturpaket und der ETH Bereich das Projekt fördern und finanziell unterstützen.

CSCS

Das Nationale Hochleistungsrechenzentrum der Schweiz wurde 1991 im Auftrag des Bundes gegründet und wird seither von der ETH Zürich betrieben. Es stellt seine Kapazitäten allen nationalen Forschungseinrichtungen zur Verfügung und arbeitet deshalb mit den beiden ETH, den Schweizer Universitäten, den Forschungsanstalten des ETH-Bereichs, dem CERN und der MeteoSchweiz, zusammen. Der Monte Rosa Supercomputer wird aus Mitteln des Konjunkturpakets des Bundes, des CSCS, Zuschüssen der Schulleitung der ETH Zürich und zu einem kleinen Teil vom Paul Scherrer Institut (PSI) finanziert, welches sich darüber einen Anteil an Rechner sichert.