Veröffentlicht: 09.02.09
ETH Start-up zur Risikobeurteilung

Verhindern, was ein Unternehmen ruinieren kann

Gleichzeitige Doktorate zu sich ergänzenden Themen bescherten drei Jungunternehmern die Geschäftsidee für ihre Risikomanagement-Beratung. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Auch dank des neuen Obligationenrechts.

Alexandra von Ascheraden
Die Gründer von i-Risk: Adrian Fischer, Berthold Barodte, Eric Montagne (von links) (Bild: i-Risk/ETH Zürich)
Die Gründer von i-Risk: Adrian Fischer, Berthold Barodte, Eric Montagne (von links) (Bild: i-Risk/ETH Zürich) (Grossbild)

Risiken ist jede Firma ausgesetzt. Aber nur wenige wären existenzbedrohend, wenn sie einträten. Das ETH-Spin-off i-Risk untersucht, welche Gefahren ein Unternehmen ruinieren könnten, wie man diese vermeiden kann und hilft beim Aufbau des Risikomanagements.

«Unsere Auftragsbücher waren von Anfang an gut gefüllt», freut sich Berthold Barodte, einer der drei Firmengründer. Mitgründer Eric Montagne ergänzt: «Das lag daran, dass wir alle drei das Glück hatten, im Sommer 2008 unser Doktorat am D-MTEC im Bereich Risikomanagement beenden zu können und nahtlos daran die Firmengründung anzuschliessen. Viele der Firmen, mit denen wir im Zusammenhang mit unseren Dissertationen in Kontakt standen, hatten schon angefragt wie es nach dem Abschluss unserer Arbeiten weitergehen werde.»

Die beiden haben zusammen mit Adrian Fischer bei Roman Boutellier, Professor für Technologie- und Innovationsmanagement, am Departement für Management, Technologie und Ökonomie (D-MTEC) der ETH doktoriert. Boutellier ist heute Beirat der jungen Firma.

Die Arbeiten der Jungunternehmer ergänzen sich ideal. Schwerpunkte der drei Dissertationen waren der Einfluss des Faktors Mensch im Risikomanagement, Implementierung präventiver und reaktiver Massnahmen in Energieunternehmen und die Anpassung von Risikomanagement an die Gegebenheiten mittelständischer Unternehmen.

Willkommene Änderung des Obligationenrechts

Der Grossteil der Kunden von i-Risk sind Mittelständler wie Karl Vögele, Möbel Märki oder Pneu Egger. Aber auch für Grossfirmen wie Emmi, SBB oder Swiss konnten die drei schon Projekte umsetzen. Gut vierzig Unternehmen stehen mittlerweile auf der Referenzliste. Sehr gelegen kam den Jungunternehmern eine Änderung des Obligationenrechts, die zum Geschäftsjahr 2008 in Kraft trat und ihre Dienste für alle Firmen einer bestimmten Grösse interessant macht. Im Artikel 663b OR wird nämlich neu verlangt, dass Unternehmen im Anhang zur Jahresrechnung Angaben zur Risikobeurteilung machen müssen.

Basis der Arbeit von i-Risk sind intensive Gespräche und Workshops mit der Geschäftsleitung und mit Fachleuten des auftraggebenden Unternehmens. Hier werden die potentiellen Gefahren für das Unternehmen zusammengetragen und konkretisiert. i-Risk geht zusätzlich Checklisten durch, die das Unternehmen in wichtigen Punkten auf Risiken abklopfen. Eric Montagne erklärt das Vorgehen: «Zuerst analysieren wir mit der Geschäftsleitung, was sie davon abhalten könnte, die vorgegebenen Dreijahresziele zu erreichen. Die Antworten bündeln wir zu etwa zwanzig Punkten, die wir in Workshops konkretisieren.» Dabei wird die Wahrscheinlichkeit eines Brandes im Produktionsgebäude ebenso diskutiert wie die Gefahr, einen Trend zu verpassen.

Sicher stellen, dass alle dasselbe meinen

Wichtig ist jeweils herauszufinden, wie gravierend die Folgen für den Geschäftsgang wären. Es gilt, die grössten Risiken zuerst anzugehen. Kein einfaches Unterfangen. Denn oft stellt sich dabei heraus, dass nicht alle vom gleichen reden. Montagne: «Der Klassiker sind IT-Ausfälle. Der eine denkt an einen zweistündigen Ausfall. Der kommt häufiger vor, ist aber nicht geschäftskritisch. Sein Kollege hat einen zweitägigen Ausfall vor Augen. Die Chance, dass dieser auftritt ist wesentlich geringer, die Folgen allerdings wären fatal.»

Die Aufgabe von i-Risk ist es dafür zu sorgen, dass am Ende alle von denselben Voraussetzungen ausgehen und zusammen die grössten Gefahren identifizieren. Nun werden Ursache-Wirkungsbäume erstellt (root-cause-analysis). Darauf basierend entwickelt i-Risk die nötigen Prozesse, um diese Risiken weit möglichst auszuschalten. Dazu wird mit der Unternehmensführung bestimmt, welcher Mitarbeitende was bis wann umsetzt. Ein zum Teil selbst entwickeltes Risikomanagement-Softwaretool hilft, die Implementierung dieser Prozesse zu überwachen.

Rückrufplan entwickeln

Berthold Barodte weiss, wie abstrakt das klingt. Am Beispiel eines Zahnbürstenherstellers erklärt er das Vorgehen: «Für unseren Kunden wäre ein umfassender Produktrückruf fatal. Die Spezialisten aus der Produktion wissen, dass das Verbindungsstück zwischen Griff und Bürstenkopf eine gewisse Dicke haben muss, wenn der Kopf nicht irgendwann abbrechen soll. Naheliegend wäre, hier beim Qualitätsmanagement anzusetzen.» Da sah die Firma jedoch keinen Bedarf. Barodte: «Dagegen stellte sich heraus, dass es keinen Rückrufplan gab, um fehlerhafte Produkte zügig und ohne Aufhebens vom Markt zu nehmen.» Dort konnte i-Risk bei der Umsetzung helfen.

Ausbau geplant

Das junge Unternehmen lief so gut an, dass die drei bereits Pläne für die fernere Zukunft schmieden. Der wichtigste: «Wir wollen keinesfalls zu dritt bleiben», wie Barodte lächelnd zugibt. Das geht i-Risk in kleinen Schritten an. Künftig wollen sie Doktoranden einbinden. Zudem wollen sie ihr Geschäftsfeld ausweiten. Montagne: «Wenn wir schon über die Risiken eines Unternehmens Bescheid wissen, erfahren wir auch viel über die Chancen.» Künftig wollen sie sich daher auch in der Strategieberatung etablieren.

 
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