Veröffentlicht: 23.09.08
Leistungselektronik

Das Eine-Million-Dollar-Projekt

In diesen Tagen stellt sich heraus, ob ein ETH-Team einen Preis der US-Armee gewinnt. Sein tragbares Energiepaket soll vier Tage lang Strom liefern und weniger als vier Kilogramm wiegen.

Niklaus Salzmann
Simon Round mit dem tragbaren Energiepaket am Tag vor dem Abflug.
Simon Round mit dem tragbaren Energiepaket am Tag vor dem Abflug. (Grossbild)

In der Regel befasst sich der Elektroingenieur Simon Round nicht mit Benzintanks. Doch in den letzten Monaten war alles ein wenig anders. Das Ziel des Teams um den Neuseeländer war für einmal von aussen gesteckt, vom Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten: Ein tragbares Energiepaket, welches vier Tage lang Strom liefert und weniger als vier Kilogramm wiegt. Vergleichbare Systeme wogen bisher ein Mehrfaches. Um ihr Ziel zu erreichen, haben die Forscher die Grenzen ihrer Fachgebiete und Departemente überschritten. Immerhin winkt den Gewinnern ein Preis von einer Million Dollar.

Simon Round ist Senior Researcher am Labor für Leistungselektronik. Er hat das Projekt koordiniert. Eine der letzten Verbesserungen war die Verringerung des Gewichts durch Einsatz von Kohlefaserteilen. Für jedes eingesparte Gramm kann das Team mehr Benzin einfüllen – und desto höher sind die Chancen, dass ihr Energiepaket vier Tage lang durchhält. Das System kombiniert einen Benzinmotor mit einem Generator, Batterien und Leistungselektronik; im Entwicklerteam arbeiten entsprechend das Departement für Informationstechnologie und Elektrotechnik und das Departement für Maschinenbau zusammen.

92 Stunden im Labor

Drei Mitarbeiter des Teams reisten letzte Woche in die USA. In einem Camp der US-Marines in Kalifornien wird ihr System nun getestet. Die erste Hürde muss es heute Dienstag nehmen: Den Sicherheitscheck. Das Verteidigungsministerium ist auf der Suche nach einem System, welches Soldaten an ihrer Weste tragen können. Wenn das ETH-System als sicher eingestuft wird, kommt es danach in einen 92-stündigen Labortest, unter anderem unter Luftabschluss und in einer Kältekammer. Anschliessend trägt es ein Mitglied des Entwicklerteams während vier Stunden an einer Weste mit sich und speist an verschiedenen Posten Geräte, etwa Video- und Funkgeräte, GPS-Empfänger und Computer. Von denjenigen Systemen, welche alle Anforderungen erfüllen, gewinnt das leichteste.

Die Million Dollar war ein besonderer Ansporn, aber auch wenn das Team ohne Preis aus den USA zurückkehrt, war die Arbeit nicht vergebens. Johann Kolar, Professor des Instituts für Leistungselektronik, sagt: „In Zusammenarbeit mit Konstantinos Boulouchos vom Institut für Energietechnik ging es uns vorrangig darum, ein Hybridsystem hinsichtlich Effizienz, Gewicht und Bauvolumen zu optimieren.“ Hybridsysteme kombinieren Verbrennungsmotoren, elektrische Generatoren und Energiespeicher sowie Leistungselektronik und sind gefragter denn je. Nicht unbedingt für mobile Energiequellen, wie im aktuellen Wettbewerb, sondern vor allem für Autos und in ähnlicher Form auch für die Nutzung regenerativer Energiequellen wie beispielsweise Solarenergie.

Mit Batterie, Benzinmotor und Generator

Im Test im kalifornischen Armeezentrum muss das ETH-Produkt während vier Tagen durchschnittlich 20 Watt liefern – das entspricht etwas weniger, als ein Laptop verbraucht. Diesen Strom liefert eine sehr kompakte und leichte Batterie, wie sie auch in Modellfliegern verwendet wird. Die Batterie wird durch den Benzinmotor und einen Generator schubweise nachgeladen. Der Motor wird auch eingesetzt, wenn das System höhere Leistungen liefern muss. Spitzen bis zu 200 Watt sind gefordert – damit liesse sich bereits ein mobiles Büro betreiben.

Die Million Dollar sei gut investiertes Geld für die US-Army, rechnet sich Simon Round aus: 51 Teilnehmer sind im Rennen, die Armee bekommt also 51 Protoypen zu sehen. Diese selber zu entwickeln hätte sie mehr gekostet. Zudem wäre die Vielfalt an Systemen wohl weniger gross geworden – Round weiss gar von einer Gruppe, die mit einer Dampfmaschine ins Rennen steigt.

Den ETH-Forschern war weniger der militärische Einsatz als die wissenschaftliche Herausforderung wichtig. Das System könnte auch bei Rettungseinsätzen in abgelegenen Gegenden zum Einsatz kommen. Professor Johann Kolar kann sich gut vorstellen, dass Anfragen aus der Industrie kommen, wenn das Team im Wettbewerb gut abschneidet. Dazu ist aber auch eine Portion Glück nötig. Simon Round sagt: „Ein einzige fehlerhafte Lötstelle reicht, und das System läuft nicht.“