Veröffentlicht: 10.05.13
Campus

«Die Ausgangslage in Zürich ist hervorragend»

Die Biologin Corina Schütt ist Geschäftsführerin des neuen Verbundes «Hochschulmedizin Zürich». Im Interview spricht sie über Ziele, erste Resonanzen auf ihre Arbeit und das gerade lancierte «Zentrum für Personalisierte Medizin».

Alice Werner
Seit November 2011 leitet Corina Schütt die Geschäfte der Hochschulmedizin Zürich: «Wir haben viele positive Rückmeldungen von Seiten beider Hochschulen und des Universitätsspitals erhalten» (Bild: Simone Meierhofer)
Seit November 2011 leitet Corina Schütt die Geschäfte der Hochschulmedizin Zürich: «Wir haben viele positive Rückmeldungen von Seiten beider Hochschulen und des Universitätsspitals erhalten» (Bild: Simone Meierhofer) (Grossbild)

Frau Schütt, sechs Zentren, Netzwerke und Projekte sind von der Hochschulmedizin Zürich mittlerweile akkreditiert. Wie weit ist die jeweilige Zusammenarbeit denn schon vorangeschritten?
Die sechs Zentren, Netzwerke und Projekte befinden sich in sehr unterschiedlichen Stadien. Das Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ) etwa ist bereits vor 15 Jahren als gemeinsames Kompetenzzentrum von ETH Zürich und Universität Zürich gegründet worden und mittlerweile etabliert. Mit ihrem neuen Programm «Aging Brain Challenge» möchte sich das Zentrum nun vermehrt auf neurodegenerative Krankheiten, somatosensorische und motorische Verluste, Hirnschlag, Hirntumore und weitere altersbedingte Krankheiten des Nervensystems konzentrieren. Dabei soll eine verbesserte Rehabilitation und Selbstständigkeit im Alter im Mittelpunkt stehen.

Bei welchen Projekten wird bereits konkret geforscht?
Zum Beispiel beim Projekt «Zurich Heart». Hier wird an möglichen Lösungsansätzen geforscht, ein verbessertes Kunstherz zu entwickeln, das den heute verwendeten Systemen überlegen ist. Auf dem Platz Zürich ist die gesamte Expertise für ein solch ambitioniertes Projekt vorhanden. Allerdings hat «Zurich Heart» einen Zeithorizont von mindestens zehn Jahren.

Die personalisierte Medizin ist ja momentan in aller Munde. Wie will man sich auf diesem Gebiet in Zürich positionieren?
Wir haben gerade das «Zentrum für Personalisierte Medizin» lanciert. Der Begriff «personalisierte Medizin» ist breit und nicht klar definiert; er beginnt sich jedoch als Synonym für «Genomisierte Medizin» durchzusetzen. Und so wird er auch in unserem Zentrum verstanden. Die genetische und epigenetische Disposition einer Person bildet die Grundlage für eine darauf abgestimmte Therapie. Diese Zusammenhänge sollen auf molekularer Ebene erforscht werden, und dazu braucht es Spezialisten aus den verschiedensten Gebieten.

Welches sind die nächsten Schritte, die Sie als Geschäftsführerin angehen wollen?
Es geht uns in erster Linie darum, die Ausgangslage für Zusammenarbeiten zu verbessern, die Synergien optimal zu bündeln. Die medizinische Forschung wird immer interdisziplinärer. Ohne über das eigene Gebiet hinauszublicken, wird es in Zukunft kaum mehr bahnbrechende Resultate geben.

Aber die Forschenden sind doch bereits gut vernetzt
Die Wissenschaftler treffen sich zwar an Fachkongressen, stossen da aber häufig auf ähnlich Gesinnte. Oder sie lernen durch Zufall tausende von Kilometern entfernt jemanden kennen, wissen aber nicht, dass die gesuchte Expertise auch in unmittelbarer Nachbarschaft vorhanden wäre. Ein regelmässiger und direkter Austausch, der durch geographische Nähe erleichtert wird, bringt die Zusammenarbeit in aller Regel viel rascher voran.

Was braucht es für diesen direkten Austausch?
Zuerst müssen wir uns um die interne Kommunikation kümmern. Innerhalb der beiden Hochschulen und des Universitätsspitals möchten wir unserer Institution zu noch mehr Sichtbarkeit verhelfen. Und mittelfristig werden wir auch unsere Kontakte zu Industrie und Wirtschaft ausbauen.

Gab es für die Hochschulmedizin Zürich eigentlich ein Vorbild?
Man muss lange suchen, bis man einen vergleichbaren strategischen Zusammenschluss von Forschungsinstituten findet. Die Ausgangslage in Zürich ist für so einen Verbund einfach hervorragend. Aber selbstverständlich gibt es ein berühmtes Beispiel: In der Region Boston arbeiten das Massachusetts Institute of Technology (MIT), die Harvard Medical School, die Harvard University und die Spitäler eng zusammen. Seit fast 40 Jahren sind dort Grundlagenwissenschaften, Medizin und Technik äusserst erfolgreich zusammengeführt. Boston ist für uns zugleich Vorbild und Benchmark.

Wie ist die Resonanz auf das Label «Hochschulmedizin Zürich» bislang?
Sehr gut. Erstens haben wir viele positive Rückmeldungen von Seiten beider Hochschulen und des Universitätsspitals erhalten: Unsere Dienstleistungen, etwa Unterstützung beim Aufbau von interdisziplinären Forschungsprojekten und bei der Mittelakquisition, wird offensichtlich gern in Anspruch genommen. Zweitens wollen Forschende immer häufiger wissen, wie sie ebenfalls unter das Dach der Hochschulmedizin Zürich kommen können. Ein gutes Zeichen.

Hochschulmedizin Zürich

Die Universität Zürich, die ETH Zürich und das Universitätsspital Zürich lancierten 2012 den Verbund «Hochschulmedizin Zürich». Dieser soll den Forschungsplatz Zürich stärken, von der biomedizinischen Grundlagenforschung über Medizintechnik und klinische Forschung bis zur medizinischen Versorgung. Zum Verbund gehören: das Center for EXperimental & Clinical Imaging TEchnologies Zürich (EXCITE Zürich), der Node in Infection & Immunity, das Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ), das Grossprojekt Zurich Heart, das Netzwerk Regenerative Medizin und das Zentrum für Personalisierte Medizin.

 
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