«Die Ausgangslage in Zürich ist hervorragend»
Die Biologin Corina Schütt ist Geschäftsführerin des neuen Verbundes «Hochschulmedizin Zürich». Im Interview spricht sie über Ziele, erste Resonanzen auf ihre Arbeit und das gerade lancierte «Zentrum für Personalisierte Medizin».
Frau Schütt, sechs Zentren, Netzwerke
und Projekte sind von der Hochschulmedizin Zürich mittlerweile akkreditiert.
Wie weit ist die jeweilige Zusammenarbeit denn schon vorangeschritten?
Die
sechs Zentren, Netzwerke und Projekte befinden sich in sehr unterschiedlichen
Stadien. Das Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ) etwa ist bereits vor 15
Jahren als gemeinsames Kompetenzzentrum von ETH Zürich und Universität Zürich
gegründet worden und mittlerweile etabliert. Mit ihrem neuen Programm «Aging
Brain Challenge» möchte sich das Zentrum nun vermehrt auf neurodegenerative
Krankheiten, somatosensorische und motorische Verluste, Hirnschlag, Hirntumore
und weitere altersbedingte Krankheiten des Nervensystems konzentrieren. Dabei
soll eine verbesserte Rehabilitation und Selbstständigkeit im Alter im
Mittelpunkt stehen.
Bei welchen Projekten wird bereits
konkret geforscht?
Zum
Beispiel beim Projekt «Zurich Heart». Hier wird an möglichen Lösungsansätzen
geforscht, ein verbessertes Kunstherz zu entwickeln, das den heute verwendeten
Systemen überlegen ist. Auf dem Platz Zürich ist die gesamte Expertise für ein
solch ambitioniertes Projekt vorhanden. Allerdings hat «Zurich Heart» einen
Zeithorizont von mindestens zehn Jahren.
Die personalisierte Medizin ist ja momentan
in aller Munde. Wie will man sich auf diesem Gebiet in Zürich positionieren?
Wir
haben gerade das «Zentrum für Personalisierte Medizin» lanciert. Der Begriff «personalisierte
Medizin» ist breit und nicht klar definiert; er beginnt sich jedoch als Synonym
für «Genomisierte Medizin» durchzusetzen. Und so wird er auch in unserem
Zentrum verstanden. Die genetische und epigenetische Disposition einer Person
bildet die Grundlage für eine darauf abgestimmte Therapie. Diese Zusammenhänge
sollen auf molekularer Ebene erforscht werden, und dazu braucht es Spezialisten
aus den verschiedensten Gebieten.
Welches sind die nächsten Schritte,
die Sie als Geschäftsführerin angehen wollen?
Es
geht uns in erster Linie darum, die Ausgangslage für Zusammenarbeiten zu
verbessern, die Synergien optimal zu bündeln. Die medizinische Forschung wird
immer interdisziplinärer. Ohne über das eigene Gebiet hinauszublicken, wird es
in Zukunft kaum mehr bahnbrechende Resultate geben.
Aber die Forschenden sind doch bereits
gut vernetzt
Die
Wissenschaftler treffen sich zwar an Fachkongressen, stossen da aber häufig auf
ähnlich Gesinnte. Oder sie lernen durch Zufall tausende von Kilometern entfernt
jemanden kennen, wissen aber nicht, dass die gesuchte Expertise auch in
unmittelbarer Nachbarschaft vorhanden wäre. Ein regelmässiger und direkter
Austausch, der durch geographische Nähe erleichtert wird, bringt die
Zusammenarbeit in aller Regel viel rascher voran.
Was braucht es für diesen direkten Austausch?
Zuerst
müssen wir uns um die interne Kommunikation kümmern. Innerhalb der beiden
Hochschulen und des Universitätsspitals möchten wir unserer Institution zu noch
mehr Sichtbarkeit verhelfen. Und mittelfristig werden wir auch unsere Kontakte
zu Industrie und Wirtschaft ausbauen.
Gab es für die Hochschulmedizin Zürich
eigentlich ein Vorbild?
Man
muss lange suchen, bis man einen vergleichbaren strategischen Zusammenschluss
von Forschungsinstituten findet. Die Ausgangslage in Zürich ist für so einen
Verbund einfach hervorragend. Aber selbstverständlich gibt es ein berühmtes
Beispiel: In der Region Boston arbeiten das Massachusetts Institute of
Technology (MIT), die Harvard Medical School, die Harvard University und die Spitäler
eng zusammen. Seit fast 40 Jahren sind dort Grundlagenwissenschaften, Medizin
und Technik äusserst erfolgreich zusammengeführt. Boston ist für uns zugleich
Vorbild und Benchmark.
Wie ist die Resonanz auf das Label «Hochschulmedizin
Zürich» bislang?
Sehr
gut. Erstens haben wir viele positive Rückmeldungen von Seiten beider
Hochschulen und des Universitätsspitals erhalten: Unsere Dienstleistungen, etwa
Unterstützung beim Aufbau von interdisziplinären Forschungsprojekten und bei
der Mittelakquisition, wird offensichtlich gern in Anspruch genommen. Zweitens wollen
Forschende immer häufiger wissen, wie sie ebenfalls unter das Dach der
Hochschulmedizin Zürich kommen können. Ein gutes Zeichen.
Hochschulmedizin Zürich
Die Universität Zürich, die ETH Zürich und das Universitätsspital Zürich lancierten 2012 den Verbund «Hochschulmedizin Zürich». Dieser soll den Forschungsplatz Zürich stärken, von der biomedizinischen Grundlagenforschung über Medizintechnik und klinische Forschung bis zur medizinischen Versorgung. Zum Verbund gehören: das Center for EXperimental & Clinical Imaging TEchnologies Zürich (EXCITE Zürich), der Node in Infection & Immunity, das Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ), das Grossprojekt Zurich Heart, das Netzwerk Regenerative Medizin und das Zentrum für Personalisierte Medizin.
LESERKOMMENTARE