Veröffentlicht: 22.02.13
Campus

«Wir sind der VSETH»

Seit dem 1. Februar 2013 hat der Verband der Studierenden an der ETH Zürich (VSETH) einen neuen Präsidenten: Petros Papadopoulos hat die Nachfolge von Rahel Zoller angetreten, die den VSETH seit dem Oktober 2011 geleitet hat. Im Interview mit ETH Life sagt er, was ihn als Studierendenpräsident beschäftigt.

Florian Meyer
Petros Papadopoulos ist neuer VSETH-Präsident. (Bild: Florian Meyer / ETH Zürich)
Petros Papadopoulos ist neuer VSETH-Präsident. (Bild: Florian Meyer / ETH Zürich) (Grossbild)

Petros Papadopoulos, seit Anfang Februar vertreten Sie als VSETH-Präsident die Interessen der ETH-Studierenden. Was ist Ihr erster Eindruck?

Ich war vorher zwei Jahre aktiv im Fachverein der Maschinen- und Elektro-Ingenieure (AMIV), aber der VSETH ist noch eine Nummer grösser: das ist echte, geregelte Arbeit wie in der Industrie. Man muss sich stärker vor der Studierendenschaft verwantworten, und die Erwartungen sind um einiges höher. Meine Vorgängerin, Rahel Zoller, hat mir ein sehr gut strukturiertes Präsidium mit professionell bearbeiteten Dossiers übergeben.

Welche Akzente wollen Sie als Präsident des VSETH setzen?

Ich will den VSETH attraktiver machen. Wichtig ist, dass die Studierenden wissen, dass der VSETH nicht irgendeine Arbeit macht, sondern ihre Anliegen vertritt. Mir fehlt bei den Studierenden der ETH teilweise eine Grundhaltung nach dem Motto «Wir sind der VSETH».

Wie kommen Sie zu dieser Feststellung?

Es ist nicht einfach, Studierende zum Engagement zu bewegen. Im VSETH-Vorstand sind zum Beispiel nur acht Posten besetzt und vier Stellen vakant. Selbst beim Thema Studiengebühren ist es schwierig, Freiwillige anzuwerben. Viele Studierende stört die Gebührenerhöhung zwar, sie finden aber trotzdem keine Zeit, sich aktiv für Lösungen einzusetzen.

Was wollen Sie unternehmen?

Ich möchte die Beziehungen zu den Fachvereinen weiter vertiefen, denn sie sind das Fundament, damit die Studierenden und der VSETH als Einheit auftreten.

Was müsste die ETH für die Studierenden besser machen?

Die ETH macht prinzipiell viel Gutes für die Studierenden. Gerade, weil sie so gut organisiert ist, sieht man vieles gar nicht. Das ist wie beim Strom: Erst, wenn er ausfällt, merkt man, wozu er gut ist. Ein Punkt, der mich stört, sind die Lernplätze.

Es müsste mehr Lernplätze geben?

Mehr sinnvolle Lernplätze. Es geht um Qualität: Es hat an der ETH zwar überall verstreut Lernplätze, aber was fehlt, sind Orte, wo sich Studierende treffen können, um ihre Aufgaben zu besprechen. Davon müsste es mehr haben. Die EPFL hat da eine elegante Lösung gefunden.

Welche?

Im Learning Center der EPFL, wo ich ein Semester studierte, gibt es sogenannte Bubbles. Das sind Glaskugel-ähnliche Räume, die Studierende reservieren können. Darin können sie den Lernstoff diskutieren, ohne andere beim Lernen zu stören. Ausserdem stört es mich, wenn andere Bildungsinstitutionen ETH-Studierende von ihren Lernplätzen ausschliessen, während die ETH für alle offen ist.

Damit sind wir bei den «harten» Themen der Hochschulpolitik.

Gut, nur zu.

Erstes Thema: Testate. Bisher waren sie in vielen Fächern eine übliche Form der Leistungsbescheinigung und der Prüfungszulassung. Nun hat sie die Schulleitung im Sommer 2012 für eine Versuchsphase von drei Jahren abgeschafft.

Aus meiner Sicht ist der Verzicht auf Testate kein Verlust. Die Professoren gingen sehr unterschiedlich mit ihnen, um und als Student findet man immer Wege, den Übungszwang zu umgehen. Ich war selber Hilfsassistent und habe einmal bei einer Testat-Aufgabe eine Variable a mit einer Variable b ersetzt. Die Studierenden gaben trotzdem fast alle eine Antwort mit a ab, weil sie die Musterlösung aus dem Vorjahr hatten. Übungen lösen ist studentische Eigenverantwortung.

Anderes Thema: Die kantonalen Stipendien sind sehr uneinheitlich.

Bevor die Hochschulen die Studiengebühren erhöhen, müssten eigentlich die Kantone ihre Stipendien einheitlicher und gerechter verteilen. Die Unterschiede sind zu gross, und zu viele Studierende fallen durch das grobmaschige Netz. Deshalb unterstützt der VSETH die Stipendien-Initiative des Verbands der Schweizerischen Studierendenschaften (VSS), die dem Bund mehr Kompetenzen geben will.

Nächstes Thema: Studiengebühren.

Heikles Thema.

Schon, aber der VSETH ist eingeladen, mit der Schulleitung und der Hochschulversammlung Lösungen zu entwickeln, wie die ETH die Mehreinnahmen in der Lehre einsetzen und negative Auswirkungen abfedern kann.

Wir sind dran, Vorschläge zu entwickeln, deshalb kann ich dazu noch nichts sagen. Bei den Studiengebühren ist aber noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Sie werden also hart verhandeln?

Das ‹harte Verhandeln› muss ich wohl noch lernen. Wir werden aber sicher Gegensteuer geben, damit auch in Zukunft die fähigsten Studierenden an der ETH sind und nicht die mit dem stärksten Portemonnaie. Mir ist es aber wichtig, dass das Verhältnis von Schulleitung und Studierenden weiterhin auf wechselseitigem Respekt beruht. Das ist eine Stärke der ETH.

Zum Schluss eine Frage zu Ihrem Studium, das ein doch umstrittenes Fachgebiet betrifft: Sie absolvieren den Masterstudiengang für Nuklearingenieurwesen. Da geht es um Energieumwandlung im Kernkraftwerk. Was hat Sie zu diesem Studium geführt?

Die Energietechnik ist der Grund, weshalb ich ein Ingenieurstudium wählte. Ein Schlüsselerlebnis war der Besuch des Kernkraftwerks Beznau. Da begriff ich, dass mich die elektrische Energieerzeugung mehr fasziniert als die mobile Energietechnik für Fahrzeuge, und je mehr ich über Kernkraft erfahre, umso grösser wird mein Respekt vor dieser mächtigen Technik.

Nun soll die Schweiz aber schrittweise aus der Atomenergie aussteigen. Welche beruflichen Zukunftsperspektiven haben Sie da?

Der Ausstieg aus der Atomkraft heisst nicht, dass Nuklearingenieure in Zukunft keine Arbeit haben. Die Kernkraftwerke, die im Boom der 1960er- und 1980er-Jahre gebaut wurden, erreichen langsam, aber sicher das Ende ihres Lebenszyklus. Danach muss man sie zurückbauen, und es gibt noch nicht viele Nuklearingenieure, die Erfahrung mit solchen Rückbauten haben. So gesehen sind die Berufsaussichten gut.

Zur Person

Petros Papadopoulos wurde 1988 in Griechenland geboren. Seit dem vierten Lebensjahr lebt er zusammen mit seinen Eltern in der Schweiz. Im Grossraum Zürich hat er seine gesamte Schulbildung erhalten. An der ETH Zürich studiert er seit 2006. Nach dem Bachelor-Studium in Maschinenbau wechselte er 2011 in den spezialisierten Joint-Master-Studiengang für Nuclear Engineering von ETH Zürich und EPFL. Im November 2012 wählte ihn der Mitgliederrat, das oberste Organ des Studierendenverbands, als VSETH-Präsidenten.

 
Leserkommentare: