Veröffentlicht: 21.05.12
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Die Geburtsstunde des Schweizer Internets

Vor 25 Jahren, am 20. Mai 1987, wurde offiziell «.ch» als Schweizer Länderdomäne registriert. Den Antrag stellte Bernhard Plattner, Internetpionier und Professor für Technische Informatik an der ETH Zürich.

Alice Werner
Die Welt der Hochleistungsnetze und Multimedia-Kommunikation lässt sich ohne das Internet nicht denken. Die Geburtsstunde der Schweizer WWW-Domäne erfolgte an der ETH Zürich. (Bild: WebWizzard / flickr)
Die Welt der Hochleistungsnetze und Multimedia-Kommunikation lässt sich ohne das Internet nicht denken. Die Geburtsstunde der Schweizer WWW-Domäne erfolgte an der ETH Zürich. (Bild: WebWizzard / flickr) (Grossbild)

1987 dachte noch niemand an das heutige Internet als (kommerzielle) Kommunikationsplattform für Firmen und Privatpersonen. An der ETH Zürich gab es zu dem Zeitpunkt erst ungefähr 1000 Computer, wie sich Carl August Zehnder, emeritierter Informatik-Professor und damals der ETH-Vizepräsident für den Bereich Dienste, erinnert. Er selbst, sagt der Emeritus, habe in den USA schon 1978 eine erste E-Mail geschrieben: «Die technischen Möglichkeiten dazu existierten eigentlich schon lange, aber erst Ende der 1980er Jahre entwickelte sich das erste internationale Netz.»

Internet als Forschungsnetzwerk

Das Internet war zuerst nicht mehr als ein Meldungsübermittlungsnetz zwischen Wissenschaftlern und eine Infrastruktur für Universitäten. In der Schweiz waren die Rechner an Hochschulen erst seit kurzer Zeit in einer «chunet» (Schweizer Universitätsnetz) genannten Domäne zusammengefasst. Die Betreiber wollten in erster Linie Erfahrungen mit dieser neuen Internettechnologie und dem Betrieb eines Netzwerks sammeln. «Das Internet», sagt Bernhard Plattner, Professor für Technische Informatik, «war von Beginn an Forschungsobjekt und Forschungsmittel zugleich.»

Ende der 1980er Jahre, im Zuge einer internationalen Standardisierungsbewegung, verbreiteten sich erstmals sogenannte ccTLD, Country Code Top-Level-Domains. Gemeint ist der Standard, jedem Land als geografische Identifikation einen Zwei-Buchstaben-Code in der Internetadressierung zuzuordnen. Weltweit waren 1987 etwa 27 000 Computer ans Netz angeschlossen und nutzten Dienste wie E-Mail, Telnet und FTP. In der Schweiz gründeten Bund und Universitäten die Stiftung «Switch», um Teleinformatikdienste für Lehre und Forschung aufzubauen. «Als wir sahen, dass sich die länderspezifischen TLD-Bezeichnungen durchsetzten», erzählt Plattner, «beschlossen wir, für die Schweiz die Länderdomäne .ch zu belegen.»

«ethz.ch» eine der ersten drei Schweizer Internetadressen

Zusammen mit seinem damaligen Doktoranden Hannes Lubich, heute Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz, wandte sich Bernhard Plattner im Mai 1987 an die zuständige Institution in den USA, die Internet Assigned Numbers Authority (IANA). Als eine der Autoritäten im Internet ist die IANA bis heute für die Registrierung von IP-Adressen und die Zuordnung von Nummern und Namen zuständig. «Wir schrieben Jon Postel, dem Gründer der IANA, eine E-Mail und gaben uns als Vertreter der Schweizer Internetgemeinde und zuständige Fachpersonen für die universitären Netzwerke aus», erinnert sich Plattner. Der amerikanische Internet-Wegbereiter antwortete umgehend, er habe die Internet-Domäne auf die beiden Schweizer Wissenschaftler übertragen.

Am 20 Mai 1987 wurde der ccTLD «.ch» registriert. Als Plattner im Oktober 1987 vorübergehend Geschäftsleiter der Stiftung «Switch» wurde, ging das Anrecht auf die Landes-Adressendung an die Non-Profit-Organisation über – der Grundstein für die heutige Registrierung von «.ch»-Domäne-Namen. Die ersten drei Schweizer Internetadressen, die in der Folge eingetragen wurden, lauteten: switch.ch, cern.ch – und ethz.ch.

Den grossen Durchbruch schaffte das Internet erst Anfang der 1990er Jahre, nachdem Tim Berners-Lee 1989 am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf das WWW entwickelt hatte und 1993 der erste massentaugliche Webbrowser «Mosaic» an den Start ging. Damit öffnete sich das Web auch für kommerzielle Nutzungen – eine Entwicklung, die schliesslich zur Boom-Phase in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre führte.

 
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