Veröffentlicht: 23.04.12
Science

Mikro-Helikopter werden flügge

Eine neue Generation von Flugrobotern steht parat: Mit Bordkameras und einem Mini-Computer bestückt, sind sie fähig in Innenräumen wie auch im Freien zu navigieren.

Roman Klingler
Begegnung der anderen Art: Von der ETH und weiteren europäischen Universitäten entwickelter Flugroboter trifft auf Videojournalisten. (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich)
Begegnung der anderen Art: Von der ETH und weiteren europäischen Universitäten entwickelter Flugroboter trifft auf Videojournalisten. (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich) (Grossbild)

Weltweit wird geforscht und getüftelt, um Mikro-Helikopter – so genannte Micro Aerial Vehicles (MAV) – laufend weiter zu entwickeln. Auch an der ETH. Spektakulär sind z.B. die Ball werfenden Quadrocopter aus der Gruppe von Professor Raffaello d’Andrea. Heutige Flugroboter sind jedoch gross und schwer und im Einsatz im Freien oft abhängig von GPS oder von einem trainierten Piloten, der das Gerät mit einer Fernbedienung steuert. Nun ist es ETH-Ingenieuren unter der Leitung der Professoren Roland Siegwart und Marc Pollefeys gelungen, neuartige Flugroboter zu entwickeln, die unabhängig sind von GPS und dank eines neuen, kamera-basierten Ansatzes, eine neue Stufe der Autonomie erreichen.

Kameras zur Navigation…

Die im Rahmen des EU-Projekts «sFly» entwickelten Flugroboter sind mithilfe von Kameras und einem Bord-Computer fähig, ihren Flug zu stabilisieren und sich im Raum zu orientieren. Sie können ohne direkte Verbindung zu einer Bodenstation navigieren. Konkret werden die Flugbewegungen des Helikopters in Echtzeit aus den Kamerabildern berechnet und von einer Flugsteuereinheit mit den Sollwerten verglichen und bei Abweichungen korrigiert.

Diese Technologie, entwickelt am Labor für Autonome Systeme der ETH Zürich, hat zwei gewichtige Vorteile gegenüber GPS-basierten Flugrobotern. Zum einen funktionieren sie sowohl im Freien wie auch in geschlossenen Räumen. Zum andern können die Flugroboter auch dann noch navigieren, wenn das GPS z.B. wegen zu dichten Bauten seinen Dienst versagt. Die kamera-basierte Technologie erlaubt erst noch eine genauere Positionierung der Fluggeräte, als es mit GPS möglich ist.

…und zur 3-D-Kartierung

Während eine von insgesamt drei Bord-Kameras der Flugsteuerung dient, werden die zwei andern Kameras der Mikro-Helikopter für die 3-D-Modellierung verwendet. Der Bord-Computer übermittelt die aufgenommenen Bilder über WLAN an einen Computer am Boden, der dann daraus eine 3-D-Karte des überflogenen Geländes erstellt. Einerseits zeigt die 3-D-Karte Hindernisse für die Flugroboter auf, andererseits können damit z.B. bestmögliche Positionen zur lückenlosen Geländeüberwachung berechnet werden. Die Technologie der 3-D-Modellierung stammt vom Institut für Visual Computing der ETH Zürich.

Prädestiniert für den Katastropheneinsatz

Eine Schwachstelle herkömmlicher Bauweisen von Flugrobotern betrifft ihr Gewicht und ihren Energiehunger. Eines der Ziele von «sFly» war denn auch, effizientere Algorithmen zu entwickeln, die weniger Rechenleistung benötigen, aber auch die Rechenleistung auf flugfähigen Geräten erhöhen. In Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Firma entstand schliesslich der Prototyp eines Flugroboters mit sechs Rotoren. Die Flugroboter sind rund von 1500 Gramm schwer und haben einen Durchmesser von rund 50 Zentimetern.

Sie sind dafür geschaffen, auch in engen oder gar geschlossenen Räumen zu manövrieren und allfällige Hindernisse zu erkennen und zu umfliegen. Naheliegende künftige Anwendungen ergeben sich im Bereich von Rettungseinsätzen. Zum Beispiel wenn es darum geht, ein Katastrophengebiet zu überfliegen und sich ein Bild von der Situation aus der Luft zu verschaffen oder auch mögliche Opfer zu orten.

Das europäische Projekt «sFly» umfasst Partner aus Deutschland, Griechenland, Frankreich und der Schweiz. Neben der ETH ist auch das Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) in Neuenburg am Projekt beteiligt.

Mehr zu «sFly»

Am morgigen Dienstag, den 24.04.2012, erscheint auf ETH Life eine Reportage über die Demonstration der Flugroboter, die heute im Ausbildungszentrum von Schutz & Rettung in Zürich-Oerlikon stattfand. Die Roboter können zudem in einem Video bewundert werden.

 
Leserkommentare: