Veröffentlicht: 21.02.12
Campus

«Wir verstärken die Zusammenarbeit mit den KMU»

Das ETH Career Center berät ETH-Studierende und Doktorierende beim Berufseinstieg. Leiter Martin Ghisletti erklärt, welche Dienstleistungen Studierende am meisten nachfragen, ob auch ETH-Absolventen von der höheren Arbeitslosigkeit betroffen sind und was amerikanische CEOs von ihm wissen wollen.

Thomas Langholz
Martin Ghisletti leitet seit anderthalb Jahren das ETH Career Center. (Bild: Thomas Langholz / ETH Zürich)
Martin Ghisletti leitet seit anderthalb Jahren das ETH Career Center. (Bild: Thomas Langholz / ETH Zürich) (Grossbild)

Herr Ghisletti, das ETH Career Center existiert jetzt seit eineinhalb Jahren. Wie sieht ihr erstes Fazit aus?
Martin Ghisletti
: Das ETH Career Center soll die zentrale Drehscheibe für Unternehmen, ETH-Studierende und Doktorierende betreffend Berufseinstieg und Rekrutierung sein. Dieses Ziel haben wir erreicht. Die Rückmeldungen der Studierenden und Doktorierenden und der Unternehmen sind äusserst positiv.

Wie profitieren die Studierenden und Doktorierenden konkret von den Dienstleistungen?
Für Studierende und Doktorierende bieten wir unter anderem Podiumsdiskussionen mit Firmenvertretern zum Thema Berufseinstieg oder zur Karriereplanung an. Zum Beispiel, ob eher eine Fach-, Führungs- oder Projektlaufbahn sinnvoll ist oder ob der ideale Arbeitgeber eher eine KMU oder eine Grossfirma ist. Diese Veranstaltungen werden im Durchschnitt von über 150 Studierenden besucht. Ein weiterer Erfolg ist unser Interviewtraining, welches bisher von rund 1000 Studierenden und Doktorierenden besucht wurde. Auch spezielle Events für ausländische Studierende zum Thema ‹Working in Switzerland› stossen auf grosses Interesse.

Das Career Center arbeitet mit Firmen zusammen. Wie bewerten diese die Zusammenarbeit?
Unsere Partnerfirmen können sich neben den bereits erwähnten Podiumsdiskussionen  auch bei den «Company on Campus»-Veranstaltungen als interessante Arbeitgeber präsentieren. Dabei berichten zwei bis drei Referenten, idealerweise ETH-Alumni, über ihren Arbeitsalltag und ihre Erfahrungen beim Berufseinstieg. Studierende schätzen diese authentischen Berichte und die Möglichkeit, im Anschluss die Referenten persönlich anzusprechen. 96 Prozent der Teilnehmer, von denen wir ein Feedback erhalten haben, empfehlen die Veranstaltung weiter. Der Vorteil für die Firmen liegt darin, dass sie Studierende und Doktorierende gezielt erreichen. Alle 18 Partnerfirmen haben ihre Zusammenarbeit mit uns verlängert, und wir haben Anfragen von weiteren Unternehmen.

Welche Dienstleistungen werden am meisten nachgefragt?
Sehr grosses Interesse liegt bei den individuellen Beratungen. Allein in den vergangenen 14 Monaten haben wir rund 500 Personen beraten - Tendenz steigend. Dies liegt auch daran, dass sich unsere Dienstleistungen herumsprechen und wir von den Studierenden und Doktorierenden weiterempfohlen werden. 82 Prozent derjenigen, die wir beraten haben, geben an, dass sie danach zuversichtlicher die nächsten Schritte bei der Jobsuche angehen, das freut uns natürlich. Dank dieser Gespräche kennen wir die Wünsche und Bedürfnisse der Studierenden genau und können auch Firmen beraten.

Sie beraten auch Unternehmen, die keine Partnerfirmen sind. Welche Informationen sind hier von Interesse?
Firmen fragen uns an, wenn sie sich zum Beispiel über Rekrutierungsmöglichkeiten informieren wollen. Allein im vergangenen Jahr haben wir 50 Unternehmen beraten, davon 50 Prozent aus dem Ausland. So erkundigte sich der CEO einer amerikanischen IT Firma, die überlegt, ob sie ihren Hauptsitz in die Schweiz verlegen will, was bei der Rekrutierung von IT-Spezialisten in der Schweiz zu beachten sei. Er wollte auch wissen, wie sich die Firma als potentieller Arbeitgeber bei ETH-Studierenden positionieren könnte. Da gibt es auch kulturelle Aspekte zu beachten, über die wir Auskunft geben konnten.

Neben Grossfirmen wollen Sie auch KMU in die Veranstaltungen einbeziehen. Wie sieht hier die Zusammenarbeit aus?
Wir arbeiten mit Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie, zusammen. Am 22. März organisieren wir zum Beispiel eine Veranstaltung zum Thema ‹ETH-Talente treffen KMU›. Auf einem Marktplatz stellen sich mehrere Firmen vor und zeigen unterschiedliche Karrierewege. Die Studierenden interessieren sich durchaus für KMU. Oft haben die KMU aber Berührungsängste, sich aktiv zu zeigen. Das ist meiner Ansicht nach unbegründet. Sie sollten die Chance nutzen, um sich bei den kommenden ETH-Absolventen zu präsentieren und die umfassenden Arbeitsmöglichkeiten und Chancen der Schweizer KMU zu zeigen.

Die Arbeitslosigkeit steigt in der Schweiz. Bekommen Sie von Studierenden Rückmeldungen, dass es jetzt schwerer wird, einen Job zu finden?
Im Moment nicht. Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt unterscheidet sich auch von Fach zu Fach. Die Situation für Naturwissenschaftler ist eine andere als für Informatiker. Es gibt Firmen, die ihre Graduate-Programme für 2012 reduziert oder sistiert haben. Die Reaktionen auf diese Massnahmen werden wir von den Studierenden erst in den nächsten Monaten spüren. Aber generell suchen die Firmen auch weiterhin Talente und sind auf dem Campus präsent.

Das ETH Career Center führt die bestehenden Beratungen und Veranstaltungen fort. Gibt es auch neue Formate?

Neben der schon erwähnten verstärkten Zusammenarbeit mit KMU, haben wir neu eine Veranstaltungsreihe über Mittag unter dem Titel ‹Career Sandwich›. Bei diesem Event können sich Firmen bei einem Sandwich-Lunch mit Studierenden austauschen. Das hat den Vorteil, dass es dabei nicht um eine reine Firmenpräsentation geht, sondern darum, rund 15 Studierenden die Möglichkeit zu geben, in exklusiver Runde ihre Fragen zu stellen. Das hat den Vorteil, dass Veranstaltungen nicht nur am Abend stattfinden und bei dieser Gruppengrösse ist der Austausch erfahrungsgemäss am intensivsten. Weiterhin wollten wir die Effizienz der Beratungen erhöhen. Wir werden alle zwei Wochen einen Workshop zu CV und Bewerbungsschreiben in einer kleinen Gruppe durchführen. Bei diesem Format profitieren die Teilnehmer einerseits von unserem Input und andererseits auch von Ideen und Herausforderungen anderer Workshopteilnehmer. Die Rückmeldungen aus der ersten Veranstaltung waren durchweg sehr positiv. Darüber hinaus werden wir ab Mitte dieses Jahres ein Handbuch anbieten, das von der ersten Standortbestimmung bis hin zur Bewerbung speziell auf ETH-Absolventen ausgerichtet ist und sie in diesem Prozess unterstützt.

 
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