Image der Armee gestiegen
Die Studie «Sicherheit 2010» untersucht die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zu sicherheitspolitischen Fragen. Der Mitherausgeber und Militärsoziologe Tibor Szvircsev Tresch erklärt wie aktuelle Ereignisse das Image der Armee beeinflussen und warum Schweizer Bevölkerung für gute Qualität auch etwas ausgeben will.
Herr Szvircsev Tresch, seit 1993 fragen
die Militärakademie an der ETH Zürich und das Center for Security Studies die
Schweizer Bevölkerung nach ihrer Einstellung zu verschiedenen
Sicherheitsaspekten. Wo gibt es die grössten Änderungen im Vergleich zu den
vergangenen Jahren?
Szvircsev Tresch: 22 Prozent der 1200 Befragten
plädieren für ein höheres Verteidigungsbudget, 50 Prozent möchten die Ausgaben
so belassen und 22 Prozent wollen weniger ausgeben. Es ist erstaunlich, dass 22
Prozent mehr Geld für die Verteidigung ausgeben wollen. Selbst in den 80er
Jahren sollte nach Ansicht der Bevölkerung eher gespart werden.
Verfolgt man die Diskussion um militärische
Neuanschaffungen, wie zum Beispiel der Militärjets, gibt es eher die Tendenz zu
sparen. Wie passt dies mit Ihrem aktuellen Ergebnis zusammen?
Wenn
die Schweizer Bevölkerung etwas möchte, dann soll es von guter Qualität sein,
und diese kostet eben Geld. 71 Prozent der Befragten wollen eine gut
ausgerüstete und ausgebildete Schweizer Armee. Die Wahrnehmung in Teilen der Bevölkerung
könnte auch die sein, dass die Armee unterfinanziert ist. Gemessen an den Bundesausgaben
in den vergangenen Jahren sind die Militärausgaben nominell zurück gegangen und
alle anderen Posten wurden erhöht. Dies scheint bei der Bevölkerung angekommen
zu sein.
Wie beurteilen die Schweizer Bürger
die militärische Kaderausbildung?
Das
Image der Unteroffiziers- und Offiziersausbildung ist gestiegen und wird positiv
bewertet. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass eine solche
Ausbildung auch für den zivilen Beruf Vorteile bringt, wie zum Beispiel Führungserfahrung.
Sie haben zwischen Januar und Februar
1200 Bürgerinnen und Bürger telefonisch befragt. Welchen Einfluss hat das
aktuelle Image der Armee in den Medien auf das Ergebnis?
Jede
Befragung fällt zu jeden Zeitpunkt anders aus. Durch die Daten aus über zehn
Jahren sehen wir aber nur marginale Abweichungen aufgrund der aktuellen
Nachrichtenlage. Wir haben aber festgestellt, dass durch militärpolitische
Ereignisse die Akzeptanz der Armee beeinflusst werden kann. Positive
Auswirkungen hatten die Hilfe der Armee beim Unwetter 2005 oder die
Unterstützung bei der Euro 2008. Interessant ist aber, dass wir zum Beispiel bei
der Affäre Nef-Schmid, 9/11 oder dem Unglück auf der Kander keine Auswirkungen
auf die Befragung feststellen konnten. Wir als Wissenschaftler haben die
Hypothese, dass erst Ereignisse, die jemanden direkt betreffen die Akzeptanz
der Schweizer Armee positiv oder negativ beeinflussen.
Wie unterscheiden sich die Antworten
je nach Alter?
Die
älteren Personen sind meist positiver gegenüber der Armee eingestellt und
möchten an der Wehrpflicht festhalten. Bei den jüngeren ist dies nicht so, vielleicht
auch aus der eigenen Betroffenheit heraus. Aber auch das politische Spektrum
links-rechts unterteilt die Bevölkerung in zwei Teile.
72 Prozent der Schweizer lehnen gemäss
der Studie einen EU-Beitritt ab. Im Jahr 2003 waren es nur 44 Prozent. Woher
kommt Ihrer Meinung nach dieser Wandel?
Die
Schweiz sollte sich nach früheren Umfragen der EU eher politisch als
wirtschaftlich annähern. Heutzutage ist es umgekehrt: Wirtschaftliche
Annäherung aber politische Eigenständigkeit. Welche Gründe hinter diesem
Meinungswechsel stehen, haben wir in unserer Studie nicht erfragt.
Viele Regelungen in der Schweiz
entsprechen schon heute dem EU-Recht, politisch geht die Bevölkerung aber auf
Distanz. Inwieweit spiegeln die Antworten die reale politische Situation wieder?
Es ist
sehr schwierig die Daten zu interpretieren. Das Ergebnis spricht aber dafür,
dass die Schweiz die schon bestehenden wirtschaftlichen Verbindungen halten und
ausbauen möchte, ihre Autonomie und die direkte Demokratie aber behalten will,
dass heisst, den bilateralen Weg präferiert.
Sie haben Ihre Ergebnisse auch
international mit Studien aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den
USA verglichen. Zu welchen Ergebnissen kamen Sie da?
Wir haben
vor allem das sicherheitspolitische Meinungsbild der Bevölkerung verglichen;
sprich welche zentralen Ziele soll die Sicherheits- und Aussenpolitik des
jeweiligen Staates verfolgen? An erster Stelle kam der Schutz vor Krieg und
Terror, aber auch die Wahrung von normativen ideellen Werten, wie zum Beispiel
die der Menschenrechte. Insbesondere in Deutschland und der Schweiz kamen wir
zu diesem Ergebnis. In Frankreich, Grossbritannien und in den USA hat die Armee
darüber hinaus auch die Aufgabe einen freien und ungehinderten Welthandel zu
sichern. Wir haben die These, dass Staaten, die weltweit militärisch weniger
agieren, ähnliche sicherheits- und aussenpolitische Ziele verfolgen und eher auf
ideelle als auf machtpolitische Ziele setzen.
Sicherheit 2010
Die
Studie «Sicherheit 2010 – Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitische
Meinungsbildung im Trend» wird seit 1993 von der Militärakademie an der ETH
Zürich (Milak) zusammen
mit dem Center for Security Studies der ETH Zürich durchgeführt. Zwischen Januar und Februar dieses Jahres wurden
1200 Bürgerinnen und Bürgern in allen Sprachregionen der Schweiz telefonisch zu
sicherheitspolitischen Themen befragt.
Die
Studie ist im Internet verfügbar.
LESERKOMMENTARE