Veröffentlicht: 22.02.10
Olympische Winterspiele

Mit der ETH zum Olympia-Gold

Die ETH Zürich war buchstäblich hautnah dabei, als Simon Ammann bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver zweimal zur Goldmedaille flog: Ein an dessen Körper befestigter Miniatursensor lieferte ETH-Doktoranden wertvolle Informationen über den mentalen Zustand des Skisprung-Königs.

Christine Heidemann
Simon Ammann auf dem Weg zur Goldmedaille. Mit dabei auch der ETH-Miniatursensor,  der die Herzaktivität und Bewegungsmuster erfasst. (Bild: Keystone/Hendrik Schmidt)
Simon Ammann auf dem Weg zur Goldmedaille. Mit dabei auch der ETH-Miniatursensor, der die Herzaktivität und Bewegungsmuster erfasst. (Bild: Keystone/Hendrik Schmidt) (Grossbild)

Wie genau es in Simon Ammann vor, während und nach seinen Sprüngen von den Olympiaschanzen in Whistler aussah, das wissen vor allem Martin Kusserow und Marc Bächlin. Denn die beiden ETH-Doktoranden von Gerhard Tröster, Professor für Elektronik, am Wearable Computing Lab der ETH Zürich haben die Daten des Schweizer Skispringers in ihrem Computer. Der an der ETH tätige Sportpsychologe Hanspeter Gubelmann und Betreuer von Simon Ammann hatte die Forscher um Unterstützung bei der Olympiavorbereitung gebeten. Mit Hilfe von auf der Haut getragenen Miniatursensoren verfolgen die Doktoranden seit November letzten Jahres Ammanns Herzaktivität und Bewegungsmuster beim Training und an Weltcup-Wettkämpfen. Die Auswertungen der Doktoranden integrierte Gubelmann mit Erfolg in das olympische Vorbereitungsprogramm des Skispringers. So auch bei den beiden Goldsprüngen in Vancouver. Wahrscheinlich erstmalig in der Geschichte des Spitzensports sind genaue physiologische Messungen von zwei Olympiasiegen gelungen. «Wir haben die mentale Fitness, die so genannte Aktivierung des Spitzensportlers analysiert und verglichen sie mit derjenigen vor, während und nach einem Wettkampf oder Training», sagt Martin Kusserow. Ein Indikator für die Aktivierung sei die elektrische Herzaktivität, die mit einem miniaturisierten EKG-Sensor aufgezeichnet wird. Skispringer müssen innerhalb kürzester Zeit in der Lage sein, ihre Höchstleistung abzurufen. Vom Anlauf auf der Schanze über den Absprung und den Flug bis zur Landung vergehen nur wenige Sekunden. Um diese Höchstleistung in derart kurzer Zeit vollbringen zu können, ist eine Aktivierung bereits vor dem Sprung notwendig.

Der unauffällige Begleiter

Simon Ammann trägt den nur zehn Gramm leichten Sensor wie eine Elektrode bei einer EKG-Messung am Brustkorb. Zusätzlich integriert ist ein Beschleunigungssensor, der die Bewegungen des Sportlers kontinuierlich aufzeichnet. «Für uns war es ganz wichtig, dass Simon durch den Sensor nicht behindert wird», sagt Doktorand Martin Kusserow. Daher trägt Ammann den Sensor während einer Messperiode von morgens bis abends. «Bis zum Wettkampf hatte er sich daran gewöhnt und spürte ihn gar nicht mehr.» Zugleich können die Wissenschaftler so den gesamten Wettkampftag des Athleten verfolgen – von der Erholungsphase, über die Vorbereitung vor dem Wettkampf bis hin zum eigentlichen Sprung. Mit den gewonnenen Daten lernen die Wissenschaftler in welchen Aktivierungsbereichen sich der Weltklasseathlet wann und wie lange befindet. Welche Aktivierungsmuster Ammann zu seinem Olympiasieg führten, wird künftig nicht nur Spitzensportlern bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf helfen, sondern auch Nachwuchsathleten.