Veröffentlicht: 18.09.09
Robotdalen Scientific Award 2009

Konkurrenz für Google Street View

Der Italiener Davide Scaramuzza hat einen der renommiertesten Preise auf dem Gebiet der Robotik gewonnen. Seine an der ETH Zürich verfasste Doktorarbeit über die autonome Navigation von Fahrzeugen überzeugte die Jury des schwedischen «Robotdalen Scientific Award 2009». In seinen aktuellen Projekten konzentriert sich der Preisträger auf die autonome Navigation von Luftfahrzeugen.

Lukas Langhart
Der Preisträger Davide Scaramuzza, flankiert von den beiden anderen Finalisten. (Bild: Davide Scaramuzza)
Der Preisträger Davide Scaramuzza, flankiert von den beiden anderen Finalisten. (Bild: Davide Scaramuzza)

Der 29-jährige Italiener Davide Scaramuzza, dem letztes Jahr an der ETH Zürich die Doktorwürde verliehen wurde, durfte am 9. September in Schweden den renommierten «Robotdalen Scientific Award 2009» in Empfang nehmen. Er erhielt die mit 20‘000 Euro dotierte Auszeichnung für seine Doktorarbeit über die eigenständige Navigation vom Fahrzeugen auf Basis von automatisch generierten Umgebungsbildern.

Blick in alle Richtungen

Scaramuzzas Dissertation mit dem Titel «Omnidirectional vision: from calibration to robot motion estimation» basiert auf der Kombination eines autonomen Fahrzeugs und einer omnidirektionalen Kamera. Eine solche Kamera kann Bilder aus allen Richtungen in einem Bereich von 360 Grad aufnehmen. Dazu lenkt ein Spiegel, in diesem Fall in Form eines Kegels, die Lichtstrahlen von allen Seiten in Richtung des Kameraobjektivs. In einem ersten Schritt konstruierte und kalibrierte Scaramuzza ein Modell einer solchen omnidirektionalen Kamera. In einem zweiten Schritt verband Scaramuzza die Kamera mit einem Fahrzeug und programmierte dieses darauf, die generierten Rundumbilder zur Navigation zu verwenden. Der Roboter kann damit während der Fahrt autonom ermitteln, welchen Weg er zu befahren hat.

Aus den aufgenommenen Bildern wird mit Hilfe des «Random Sample Consensus»-Algorithmus, kurz RANSAC, ein Modell erstellt. Diese Methode beschränkt sich auf die minimal benötige Anzahl von Messwerten und verhindert damit, dass Ausreisser oder grobe Fehler die Resultate verfälschen. Scaramuzza hat den bisher verwendeten RANSAC-Algorithmus deutlich vereinfacht. Die neue Version läuft bei 400 Hertz sogar auf einem handelsüblichen Laptop und ist zurzeit der effizienteste Algorithmus zur visuellen Positionsbestimmung, wie Scaramuzza sagt. Die Technologie wurde zum Patent angemeldet.

Einfacher als Google Street View

Die von Scaramuzza entwickelten Roboter generieren die Umgebungsbilder mit einer einzigen Kamera. Auf den Fahrzeugen von Google, die seit August dieses Jahres auch die Schweizer Strassen für den 3D-Kartendienst «Street View» abfahren, befinden sich dagegen neun Kameras. Die Nachbearbeitung, worunter auch das Zusammensetzen der verschiedenen Kamerabilder fällt, nimmt einige Zeit in Anspruch. «Dieser Schritt fällt bei Scaramuzzas Roboter weg», sagt Roland Siegwart, Professor am Institut für Robotik und Intelligente Systeme an der ETH Zürich.

Scaramuzzas Doktorvater Siegwart sagt weiter, er sei «sehr stolz auf diese ausgezeichnete Doktorarbeit». Er weist ausserdem darauf hin, dass Scaramuzzas Projekt mit dieser Auszeichnung noch lange nicht beendet ist. Bereits in der Doktorarbeit widmet sich Scaramuzza nicht nur fahrenden, sondern auch fliegenden Objekten. Der 29-Jährige arbeitet zurzeit daran, die autonome Navigation auch in der Luft anzuwenden: Das internationale Projekt «sFly» möchte 500 Gramm leichte Helikopter, die ebenfalls dank eigens generierten Umgebungsbildern autonom navigieren können, in Schwärmen durch städtisches Gebiet fliegen lassen – beispielsweise in Rettungs- oder Beobachtungsaktionen.

ETH an der Spitze der Robotik

Der «Robotdalen Scientific Award», der seit 2007 jährlich vergeben wird, zeichnet junge Wissenschaftler mit «bahnbrechenden Ideen und aussergewöhnlichem Talent» aus. Der Sieger wird jeweils von einer internationalen Jury auserkoren. Zwei der drei bisher gekürten Projekte sind in der Schweiz entstanden – vergangenes Jahr ging der Preis an einen Forscher der ETH Lausanne.

An der ETH Zürich laufen zurzeit mehrere Forschungsprojekte, die in eine ähnliche Richtung zielen wie Scaramuzzas Doktorarbeit. An der diesjährigen «European Micro Air Vehicle Conference» in den Niederlanden, wo fliegende Roboter im Navigations-Wettbewerb gegeneinander antreten, nehmen gleich zwei Teams von der ETH Zürich teil. Eines davon steht unter der Leitung von Davide Scaramuzza.

Links:
Persönliche Homepage von Davide Scaramuzza http://asl.epfl.ch/~scaramuz/research/Davide_Scaramuzza.htm

 
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