Veröffentlicht: 25.06.08
Kooperation

IBM und ETH Zürich investieren 90 Mio. in  Nanotech-Lab

Rund 6000 Quadratmeter umfasst das neue Nanotech-Forschungszentrum von IBM und ETH Zürich. Ab 2011 forschen die Partner an gemeinsamen Projekten. Insbesondere die KMU profitieren von neuen Produktionstechnologien.

MM/tl
Am IBM Forschungsstandort Rüschlikon entsteht ein neues Labor für 90 Millionen Franken.
Am IBM Forschungsstandort Rüschlikon entsteht ein neues Labor für 90 Millionen Franken. (Grossbild)

Die beiden Institutionen verbindet eine langjährige Tradition wissenschaftlicher Zusammenarbeit, die nun durch die strategische Partnerschaft im Bereich Nanotechnologie vertieft wird. An einer gemeinsamen Medienkonferenz in Zürich kündigten Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich, und John E. Kelly, Senior Vice-President und Direktor für Forschung bei IBM, die geplante Zusammenarbeit an. Zentrales Element dieser Zusammenarbeit ist ein neues Gebäude, das auf dem Gelände des ZRL in Rüschlikon gebaut wird. Die Grundsteinlegung erfolgt im Frühjahr 2009. Der Start der Forschungsarbeiten ist für das Jahr 2011 geplant.

Ein Gewinn für die Schweizer Industrie

„Dieses Nanotech-Lab wird ein grosser Gewinn nicht nur für die beteiligten Institute, sondern auch für die Schweizer Industrie insgesamt sein“, sagte Professor Ralph Eichler. Als erster externer Partner arbeitet die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) mit dem Labor zusammen. Die Zusammenarbeit bietet auch die Chance, dass neue Produktionstechnologien entstehen können. Davon wird der insbesondere die Schweizer Wirtschaft mit ihren zahlreichen KMU profitieren. „Damit erweitert IBM ein Forschungsprogramm, das zum Ziel hat, unser Wissen über Nanotechnologie und deren vielfältige Anwendungsmöglichkeiten beschleunigt voranzutreiben“, sagt John E. Kelly. „Wir sehen dieses Modell mit der ETH Zürich durchaus als ein Modell für zukünftige Partnerschaften zwischen Industrie und Hochschulen.“

Neues Gebäude – geteilte Infrastruktur

Forschungsschwerpunkte der beiden Institutionen reichen von der Grundlagenforschung bis hin zu angewandter Forschung. Gemeinsam wird in verschiedenen Bereichen geforscht, wie zum Beispiel kohlestoffbasierte Materialien, Nano-Photonics, Spintronics, Nanodrähte und Tribologie. Das Labor umfasst mehr als 900 Quadratmeter Reinraum und ist in drei Bereiche aufgeteilt: neben den jeweils eigenen Abteilungen haben die beiden Partner auch einen gemeinsamen Sektor. Der Neubau hat ein Investitionsvolumen von 90 Millionen Franken, wovon 30 Millionen auf die technische Infrastruktur entfallen. Diese Infrastrukturkosten und die entstehenden Betriebskosten teilen sich die Partner; IBM übernimmt zusätzlich die Gebäudekosten. Die ETH Zürich wird die Räumlichkeiten mieten. Das Gebäude wird nach dem Minenergie-Standard gebaut. Dies bedeutet, dass das Labor nur halb soviel Energie benötigt im Vergleich zu gleichartigen Bauten. Erneuerbare Energien werden über eine Photovoltaik-Anlage und ein geothermisches Wärmesystem eingesetzt.
Die strategische Partnerschaft ist auf mindestens zehn Jahre angelegt. Ausserhalb der gemeinsamen Forschungsaktivitäten steht es den Partnern frei, eigene Projekte zu verfolgen. Für die ETH Zürich bedeutet das neue Nanotech-Lab auf dem IBM-Gelände in Rüschlikon eine ideale Ergänzung zu den bereits existierenden Forschungsanlagen an den Standorten Hönggerberg/Science City sowie im Zentrum Zürichs. Das neue Labor bietet darüber hinaus eine einmalige Gelegenheit für ETH-Studierende, ihre Forschungen in enger Zusammenarbeit mit einem industriellen Partner durchzuführen; dies ist ein grosses Plus der Ingenieur-Ausbildung an der ETH Zürich.

Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

Nanotechnologie stellt eine neue Technologie dar, die Funktionen in einem ausserordentlich kleinen Massstab anwendet. Sie konzentriert sich auf Strukturen und Prozesse in Dimensionen unter 100 Nanometer – ungefähr 400mal dünner als ein menschliches Haar. Im Grössenbereich der Nanometer spielen sich viele grundlegende Prozesse der Biologie, Chemie und Physik ab, die in bislang ungekanntem Mass kontrolliert werden können und neue Perspektiven in vielen Bereichen eröffnen. Dazu gehören hochentwickelte funktionale Materialien, Nanoelektronik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Sensorik, Life Sciences sowie Energietechnologie. Nanotech-Anwendungen könnten zur effizienteren Nutzung von Solarenergie beitragen oder zu neuen Arten der Wasseraufbereitung.
Durch die Forschung an der ETH Zürich und am IBM-Forschungslabor in Rüschlikon sind von Zürich immer wieder entscheidende Impulse in der Quantenmechanik und Nanoforschung ausgegangen. Dies sind zum Beispiel die bahnbrechenden Konzepte der Quantenmechanik durch den ETH-Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Pauli oder die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops durch Gerd Binnig und Heinrich Rohrer am IBM-Forschungslabor Zürich. Dafür erhielten die Forscher 1986 den Nobelpreis für Physik. Dieses Gerät ermöglichte den ersten Blick in die Welt der Atome. Kurz darauf wurde es möglich, einzelne Atome zu manipulieren, wodurch die Tür zur Nanotechnologie weit aufgestossen wurde. Mit ihrem neuen Nanotech-Lab sind die ETH Zürich und das ZRL auf dem Weg, die Nanotechnologie auf die nächst höhere Stufe zu heben.

IBM-Forschungslabor Zürich (ZRL)

Das IBM-Forschungslabor Zürich (Rüschlikon) ist der europäische Zweig der IBM-Forschung. Dieses Netzwerk von rund 3500 Mitarbeitern in acht Laboratorien rund um den Globus ist die grösste industrielle IT-Forschungsinstitution der Welt. Das ZRL wurde 1956und beschäftigt derzeit rund 330 Personen aus 30 Ländern. Das Spektrum der ZRL-Forschungsaktivitäten schliesst Nanowissenschaften, Chiptechnologie, Supercomputing, Servertechnologie, Datensicherheit und Schutz der Privatheit, Risiko und Compliance, sowie die Optimierung von Geschäftsprozessen ein.