Veröffentlicht: 23.05.08
Abschiedsvorlesung von Hans Hengartner

Brückenbauer zwischen ETH und Universität

Während 28 Jahren leitete Hans Hengartner zusammen mit seinem Kollegen Rolf Zinkernagel das Institut für Experimentelle Immunologie. Er hat nicht nur in der Forschung Brücken zu anderen Gebieten geschlagen, sondern half auch mit, dass ETH und Universität Zürich in den Life Sciences heute eng zusammenarbeiten.

Felix Würsten
Hans Hengartner im Gespräch (Bild: P. Rüegg)
Hans Hengartner im Gespräch (Bild: P. Rüegg) (Grossbild)

Die Leidenschaft für seine Forschungstätigkeit ist ihm immer noch anzumerken. «In diesen Räumen haben wir gearbeitet», erzählt Hans Hengartner beim Rundgang durch die verlassenen Laborräumlichkeiten im obersten Stock des Departements Pathologie am Universitätsspital Zürich, die demnächst renoviert werden. 28 Jahre lang hat er hier zusammen mit seinem Kollegen Rolf Zinkernagel das Institut für Experimentelle Immunologie geleitet. Wenn Hans Hengartner nun am Montagabend im Audimax seine Abschiedsvorlesung hält, schliesst sich dieses Kapitel endgültig.

Ein eigentlicher Glücksfall

Hengartner hat ursprünglich Biochemie an der ETH Zürich studiert und kam dann nach Erfahrungen als Postdoktorand in Cambridge (GB) während seiner Zeit als selbständiger Forscher in Basel mit der Immunologie in Kontakt. "Zu dieser Zeit war die Immunologie noch ein sehr unklares Gebiet", erinnert er sich an seine Arbeit am Institut für Immunologie in Basel. "Vieles basierte damals noch auf der Beschreibung von klinischen Phänomenen. Genau diese Unklarheit faszinierte mich, denn ich konnte als Naturwissenschaftler grundsätzlich neue Forschungsansätze in dieses wichtige Gebiet einbringen."

Als eigentlicher Glückfall erwies sich, dass Hans Hengartner 1977 auf einer Konferenz Rolf Zinkernagel näher kennen lernte. Die beiden verstanden sich auf Anhieb und konnten 1980 – nach vielen Planungsgesprächen – das neue Institut für Experimentelle Immunologie in Zürich gründen. Zinkernagel wurde später Ordinarius an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich; Hengartner erhielt eine Doppelprofessur der ETH und Universität. "Die ETH erkannte, dass das Gebiet der Immunologie enorm wichtig ist, und deshalb beteiligte sie sich an dieser Professur."

Keine Konkurrenz

Die beiden Forscher arbeiteten in all den Jahren eng zusammen. "Wir sahen uns jeden Tag", erzählt Hans Hengartner. "Häufig besuchten wir auch gemeinsam Konferenzen und konnten so neue Ideen sofort miteinander diskutieren." An der guten Zusammenarbeit änderte sich auch nichts, als Rolf Zinkernagel für eine Arbeit, die er 1973 in Australien gemacht hatte, mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. "Ich hatte eine Riesenfreude und gönnte ihm diese Auszeichnung", hält Hengartner fest. "Wir sahen uns nie als Konkurrenten, sondern anerkannten uns wie Brüder."

Keine Unstimmigkeiten in all den Jahren? "Wir hatten nie Streit, auch wenn wir auf der sachlichen Ebene durchaus ernste Diskussionen führten. Das lag nicht nur daran, dass wir uns thematisch gut ergänzten. Wir wurden vermutlich ähnlich erzogen und waren stets anständig zueinander. Wenn es Probleme gab, sprachen wir das an, bevor es Streit gab."

Grundlegende Erkenntnisse

Zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben die beiden zahlreiche wichtige Forschungsergebnisse erarbeitet. "Wir konnten zum Beispiel zeigen, unter welchen Umständen das Immunsystem gegen körpereigene Eiweisse aktiv wird", sagt Hengartner. "Dieser Mechanismus spielt etwa beim Ausbruch von Jugenddiabetes eine entscheidende Rolle." Auch zur Funktionsweise von T-Lymphozyten, den weissen Blutkörperchen, konnten die Forscherinnen und Forscher am Institut für Experimentelle Immunologie wichtige Beiträge liefern. "Es gelang uns nachzuweisen, dass Perforin eine zentrale Rolle spielt. Dieses Eiweiss ist eine Waffe, mit der die Killerzellen virusinfizierte Zellen vernichten." Die Nähe zur Klinik sei übrigens ein grosser Vorteil für ihre Arbeit gewesen, ergänzt Hengartner. "Wir hatten eine intensive Zusammenarbeit mit den Kliniken des Universitätsspitals, insbesondere mit der Pathologie, und waren dadurch immer wieder mit den konkreten Problemen des medizinischen Alltags konfrontiert."

Besonders stolz ist Hengartner, dass es ihm als Vorsteher des ETH-Departements Biologie gelungen ist, wichtige Weichen im Bereich der Life-Science-Forschung zu stellen. So hat er sich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die Systembiologie als zukunftsträchtiges Fach an der ETH Zürich aufgebaut wurde. Und er war auch massgeblich daran beteiligt, dass die ETH und die Universität Zürich heute in den Life Sciences enger zusammenarbeiten. "Zürich verfügt in den Bereichen Biologie, Medizin, Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften über ein enormes Potenzial, das wir unbedingt nutzen müssen", ist Hengartner überzeugt. "Da ich mit meiner Doppelprofessur in beiden Institutionen vertreten war, konnte ich den Brückenschlag zwischen den beiden Hochschulen massgeblich unterstützen."

Abschiedsvorlesung Prof. Hans Hengartner: "Immunologische Grundlagenforschung im Team", Montag, 26.5. 17:15 Audi Max, HG ETH.

 
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