Veröffentlicht: 07.05.08
Quantenoptik

Chaotischer Laser gezähmt

„Klassisches“ Laserlicht ist etwas Alltägliches geworden. In jedem CD-Spieler steckt ein Laser, mit Laserpointern zeigen Referenten auf ihre Folien, Ärztinnen nehmen mit Laserstrahlen medizinische Eingriffe vor. Dennoch gibt es zahlreiche ungewöhnliche Arten von Laserlicht, die noch weitgehend unerforscht sind und eine davon sind die Diffusive Random Lasers (DRL).

Peter Rüegg
Schematische Darstellung eines Diffusive Random Lasers. Weiss bezeichnet hohe Lichtintensität, blau dagegen tiefe. (Bild: H. Türeci, ETH Zürich)
Schematische Darstellung eines Diffusive Random Lasers. Weiss bezeichnet hohe Lichtintensität, blau dagegen tiefe. (Bild: H. Türeci, ETH Zürich) (Grossbild)

„Die grundlegende Idee hinter den DRL ist verblüffend einfach“, sagt der Quantenphysiker Hakan Türeci von der Quantum Photonics Group des ETH-Instituts für Quantenelektronik. In einer Arbeit, die am Freitag in Science veröffentlicht wurde, beschreiben er und Kollegen von der Yale University und der TU Wien neue Erkenntnisse über die Physik von DRL. Zudem haben sie eine neue Formel entwickelt, mit der Laser von Grund auf neu berechnet werden können. Damit schaffen sie einen Rahmen, um die Eigenschaften und die Entwicklung von solch komplexen und exotischen Lasern zu verstehen.

Laser ohne Spiegel

Ein normaler Laserstrahl wird in einem Hohlraum zwischen zwei Spiegeln erzeugt. Das Licht saust hin und her, durchquert ein verstärkendes Material. Eine „Pumpe“ führt Energie von aussen zu. Einer der Spiegel ist halb durchlässig und lässt den Laser austreten. Wichtig ist, dass das Licht innerhalb des Hohlraums nicht gestreut wird, zum Beispiel durch Verunreinigungen, weil dies die Kraft des Laserstrahls vermindern würde. Dieser Laserstrahl ist gerichtet und hat eine bestimmte Frequenz, sprich Farbe.

Die Entwicklung von DRL hingegen steckt noch in den Kinderschuhen, obwohl das Prinzip bereits 1968 von einem russischen Forscher postuliert wurde. Der Vorteil am DRL: Um das Laserlicht zu erzeugen, braucht es keine aufwändig polierten Spiegel. Das Verstärkermedium kann eine Farblösung sein, die Nanoteilchen enthält, etwa Titandioxid. Diese Teilchen verteilen sich zufällig in der Lösung, diese wird mit einer Lichtquelle angeregt und mit Energie von aussen „gepumpt“.

Zufälliges Spektrum

Das zugeführte Licht wird zufällig an den Nanopartikeln gestreut, schiesst von einem Partikel zum anderen und verstärkt sich dabei. Dazu braucht es keinen Hohlraum wie einem konventionellen Laser. Bei einer optimalen Pumpleistung, also der Zuführung von externer Energie in Form von Licht oder elektrischem Strom, tritt schliesslich aus dem Medium Laserlicht aus. Allerdings sind die Hotspots mit der grössten Lichtintensität nicht voraussagbar, liegen aber meist ringförmig am Rand des Verstärkermediums. Dieser Zufallslaser hat auch keine scharf begrenzte Frequenz. In einem DRL-System entstehen unzählige Frequenzen, die sich gegenseitig auslöschen können, also eine Art Frequenz-Darwinismus betreiben. Unter dem Strich bleiben nur noch die „stärksten“ Frequenzen übrig. „Aber auch die Intensität dieser Gewinner ist nicht stabil, sie schwankt von Puls zu Puls“, sagt Türeci.

In ihrer Arbeit haben die Forscher zudem ein neues mathematisches Modell entworfen, eine ab initio-Lasertheorie, ein grundlegender Ansatz, der es ihnen erlaubt, die Leistung von Lasern vorauszusagen. „Wir haben eine komplett neue Formel, mit der wir alle physikalischen Eigenschaften berechnen können“, erklärt der Physiker. Diese könne etwa zur Entwicklung neuartiger Lasermethoden benutzt werden und werde in der Zukunft wichtig.

Laserfarbe für Dokumente

Für DRL gibt es gemäss dem Postdoc bereits eine interessante Anwendung, eine Art „Laserfarbe“. Diese mit Partikeln angereicherte Farbe kann zum Beispiel auf Dokumente aufgedruckt werden. Die Verteilung der das Laserlicht streuenden Nanoteilchen ist dabei absolut zufällig und für jeden Aufdruck individuell verschieden. Bei einer Überprüfung des Dokuments wird Licht eingestrahlt und mit einem Detektor das austretende Laserlichtspektrum analysiert. Damit lässt sich die Echtheit eines Dokuments eindeutig feststellen. Diese Laserfarbe ist in den USA bereits patentiert worden.

Weiter könnte DRL-Technik eingesetzt werden, um chemische Verunreinigung von Wasser aufzudecken oder um neuartige Displays mit höchster Umschaltgeschwindigkeit und Schärfe zu entwickeln. Türeci stellt sich auch vor, dass man mit dieser Technik menschliches Gewebe auf Schäden hin untersuchen könnte. Das Gewebe spielt dabei die Rolle des Streumediums, welches angefärbt werden müsste. Dessen Eigenschaften – zum Beispiel zelluläre Zusammensetzung und Dichte – bestimmen die spektrale Signatur des Lichts, die das Gewebe bildet. Enthält ein Organ einen Tumor, dann wird das Licht gegenüber einem gesunden Organ verschieden gestreut.

Soweit sind die Forscher noch nicht. Weitere Forschung an verschiedenen DRL soll zeigen, wie zum Beispiel die Intensitätsschwankungen der erzeugten Frequenzen in den Griff zu bekommen sind.

Literaturhinweis

Hakan E. Türeci, Li Ge, Stefan Rotter, A. Douglas Stone: Strong Interactions in Multimode Random Lasers, Science, 2. Mai 2008, Vol. 320. no. 5876, pp. 643 - 646 DOI: 10.1126/science.1155311

 
Leserkommentare: