Veröffentlicht: 22.11.07
Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin zu Gast an der ETH Zürich

„Abschied von der Weltformel“

Nobelpreisträger Robert B. Laughlin will die Physik neu erfinden. Das entsprechende Buch liegt seit kurzem in deutscher Übersetzung vor. Am 27. November präsentiert der Stanford-Professor an der ETH Zürich sein Werk. Buch wie Lesung richten sich nicht nur an Fachleute und Studierende, sondern auch an ein Laienpublikum.

Roland Baumann
Buchumschlag der kürzlich erschienen deutschen Ausgabe
Buchumschlag der kürzlich erschienen deutschen Ausgabe (Grossbild)

„A Different Universe: Reinventing Physics from the Bottom Down“ lautet der Originaltitel des Buches, in dem Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin den Reduktionismus als dominante theoretische Position kritisiert und sich für die Emergenz, ein physikalisches Ordnungsprinzip, stark macht.

Das Kollektiv als bestimmendes Prinzip

Die Aussage, das Ganze sei mehr als die Summe seiner Teile, drückt laut Laughlin nicht nur eine blosse Vorstellung aus, sondern bezeichnet auch ein physikalisches Phänomen. Die Natur werde nicht allein durch eine Grundlage von Gesetzen auf mikroskopischer Ebene gesteuert, sondern durch starke und allgemeine Ordnungsprinzipien.

Der reduktionistische Ansatz, bei dem Materie in ihre kleinsten Bestandteile zerlegt wird und die Kräfte zwischen den Teilen identifiziert werden, vernachlässige Eigenschaften, die sich erst im Kollektiv ergäben. Das Ganze verhalte sich oft anders als die Einzelteile. Manche der wichtigsten physikalischen Gesetze, wie zum Beispiel die elastischen Eigenschaften eines Festkörpers, seien kollektiver Natur. Sie verschwänden, wenn die betrachtete Menge sehr klein werde. Der Festigkeit eines Objekts komme man nicht auf die Spur, indem man es in die einzelnen Atome und Moleküle zerlege.

Zeitalter der Emergenz

Die Neuerfindung der Physik, wie sie Laughlin im englischen Original fordert, setzt den „Abschied von der Weltformel“ voraus, so der Titel der deutschen Ausgabe. Damit meint er die Abkehr von der Suche nach einem Satz von grundlegenden Formeln, die alle Phänomene der Natur zu erklären vermögen. Statt die ganze Energie auf die Entwicklung einer solchen „Theorie von allem“ zu verwenden, sei es an der Zeit, emergente Phänomene ernst zu nehmen. Der Übergang zum Zeitalter der Emergenz hat bereits stattgefunden, betont Laughlin. Mit der Abkehr vom Reduktionismus verbunden sei auch das Ende des Mythos’ von der absoluten Macht der Mathematik. Dafür gelte es, den gesunden Menschenverstand zu akzeptieren.

Von Füchsen und Hasen

Laughlins Aussagen provozieren die Wissenschaftswelt. Das Laienpublikum weiss er mit prägnanten Bildern zu fesseln, wie folgendes Beispiel zeigt, in dem er die Bedeutung verschiedener Ordnungsprinzipien illustriert: „Die Gesetze der Quantenmechanik, die Gesetze der Chemie, die Gesetze des Stoffwechsels und die Gesetze der Häschen, die in den Innenhöfen meiner Universität vor Füchsen flüchten, gehen alle auseinander hervor, doch es sind die Gesetze der letzten Gruppe, die am Ende für das Häschen zählen.“

Robert B. Laughlin

Robert B. Laughlin, geboren 1950, ist Physik-Professor an der Stanford University, wo er nach Stationen am Massachusetts Institute of Technology und in Berkeley seit 1985 lehrt. 1998 bekam er für seine Arbeiten über den fraktionalen Quanten-Hall-Effekt den Nobelpreis für Physik. Er ist unter anderem Fellow der American Academy of Arts and Sciences und lebt in Palo Alto, Kalifornien.

„Abschied von der Weltformel“

Referat in englischer Sprache
Dienstag, 27. November 2007, 17.30 Uhr
ETH Zürich, Hauptgebäude
Hörsaal F30, Auditorium Maximum

 
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