Veröffentlicht: 29.07.13
Science

Erdbeben setzen Methan frei

Fabio Bergamin
Am Meeresboden vor der pakistanischen Küste in über 2800 Metern Tiefe steigen Methan-Blasen auf. Im Bild sind auch der Greifarm eines Tauchroboters und ein Temperatursensor zu sehen. (Foto: Marum, Universität Bremen)
Am Meeresboden vor der pakistanischen Küste in über 2800 Metern Tiefe steigen Methan-Blasen auf. Im Bild sind auch der Greifarm eines Tauchroboters und ein Temperatursensor zu sehen. (Foto: Marum, Universität Bremen) (Grossbild)

Erdbeben haben einen wesentlichen Einfluss auf die Freisetzung des Treibhausgases Methan vom Meeresboden. Dies schreiben Michael Strasser, Professor am Geologischen Institut, und Forscherkollegen der Universität Bremen und des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven in einer neuen Studie. Sie ziehen diesen Schluss aus der Untersuchung von Methanquellen am Boden des indischen Ozeans vor der Küste Pakistans. Dort, wo die arabische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinanderstossen, sprudelt Methan gasförmig aus dem Untergrund. Die Wissenschaftler haben in ihren Analysen gezeigt, dass diese Quellen erst seit einigen Jahrzehnten aktiv sind. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wurden sie 1945 geschaffen. Damals erschütterte ein Erdbeben mit der Magnitude 8,1 auf der Richterskala die Region.

«Unsere Messungen zeigen erstmals, dass Erdbeben Methanquellen freilegen können», sagt der Erdbebenspezialist Strasser. Man gehe davon aus, dass Quellen wie diese nach einem Erdbeben ein gutes Jahrhundert lang Methan freisetzten und anschliessend wieder versiegten.

Alleine die zwei untersuchten Quellen stiessen seit dem Starkbeben von 1945 nach vorsichtigen Hochrechnungen der Forschenden mindestens sieben Millionen Kubikmeter Methan aus, was etwa zehn grossen Tankschiffen entspricht. «Diese Menge ist durchaus signifikant, auch in Bezug auf die Methanemissionen weltweit», sagt Strasser. «Neben den bekannten permanenten Methanquellen sollten wir daher zum Beispiel für Klimaberechnungen auch solche von Erdbeben ausgelösten temporäre Quellen berücksichtigen.»

Methan kommt im Untergrund des Ozeanbodens in Form von gefrorenem Methanhydrat vor. Bricht der Meeresboden beispielsweise wegen eines Erdbebens auf, kann Methan als Gas ins Wasser und von dort in die Atmosphäre gelangen, wo es als potentes Treibhausgas wesentlich das Klima beeinflusst.

Die Datierung der Methanquellen im indischen Ozean gelang Strassers Kollegen aus Bremen und Bremerhaven mit einer geochemischen Analyse des Wassers in Poren von Sedimentproben. Aufgrund eines Ungleichgewichts charakteristischer chemischer Stoffkonzentrationen folgerten sie, dass der Methanfluss in den 1940er Jahren stark angestiegen sein muss. Für die Erklärung der Forscher, dass das Starkbeben von 1945 zu diesem Anstieg geführt haben muss, sprechen auch Daten, welche die Wissenschaftler mittels der sogenannten Reflexionsseismik aufgenommen haben, einem Verfahren zur hochauflösenden Kartierung des Untergrunds mit Schallwellen. In diesen Daten erkannten die Forschenden, dass das Gas aus tieferliegenden Zonen entlang von Rissen aufsteigt, die sich dort bildeten, wo das Erdbeben die Stabilität des Meeresbodens schwächte.

Literaturhinweis

Fischer D, Mogollón JM, Strasser M, Pape T, Bohrmann G, Fekete N, Spiess V, Kasten S: Subduction zone earthquake as potential trigger of submarine hydrocarbon seepage. Nature Geoscience, 2013, Advance Online Publication, doi: 10.1038/ngeo1886

 
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