Veröffentlicht: 19.10.12
Science

Schweizer Auge im All

Ein Schweizer Weltraumprojekt mit Beteiligung der ETH Zürich hat den Zuschlag für die erste S-class-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA erhalten. Ab 2017 soll der Satellit «Cheops» Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems erforschen.

Peter Rüegg
Der Satellit Cheops trägt ein besonders empfindliches Teleskop, das Daten von Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems sammeln soll. (Bild: Swiss Space Center/EPFL)
Der Satellit Cheops trägt ein besonders empfindliches Teleskop, das Daten von Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems sammeln soll. (Bild: Swiss Space Center/EPFL) (Grossbild)

26 Projektvorschläge hatten Vertreter der 19 ESA-Mitgliedsländer zu begutachten, für das Schweizer Weltraumprojekt «Cheops» haben sie sich nun entschieden. Damit ist die Schweiz die erste Nation, welche zusammen mit dem ESA-Wissenschaftsprogramm die Hauptverantwortung für eine der neuen S-class-Missionen übernimmt.

Mit dieser Klasse von Weltraummissionen will die ESA innovative Forschung fördern, welche mit kleineren Missionen bedeutende Resultate liefern kann. S-class-Missionen sollen nur vier Jahre nach Projektannahme realisiert werden und dürfen höchstens 150 Mio. Euro kosten, wobei die ESA 50 Mio. beisteuert. Ein Drittel der Projektkosten trägt die Schweiz, ein weiteres Drittel die beteiligten Nationen. «Cheops» wird allerdings deutlich weniger kosten.

Starkes Konsortium

Zum Schweizer Konsortium gehören unter Führung von Astrophysiker Willy Benz vom Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern auch das Institut für Astronomie der ETH Zürich, die Universität Genf, die in der Suche nach Exoplaneten vom Boden aus führend ist, und das Swiss Space Center der EPFL. Ausserdem sind bis jetzt fünf weitere europäische Nationen an der Mission beteiligt: Belgien, Grossbritannien, Italien, Österreich und Schweden.

Michael Meyer, Professor für Astrophysik der ETH Zürich, ist begeistert, dass das «Cheops»-Konsortium den Zuschlag erhalten hat. Die Schweizer Astronomie-Community habe in der vergangenen Zeit viel wertvolle Vorarbeit geleistet und sei auf die Ausschreibung des neuen ESA-Programms gut vorbereitet gewesen. «Als die Möglichkeit kam, ein gemeinsames Projekt einzureichen, war unser Konsortium in den Startblöcken.» Im Labor des ETH-Professors wird derzeit das Infrarotdetektormodul, das in der «Cheops»-Mission eingesetzt werden soll, auf Herz und Nieren geprüft. Die ETH-Forscher wollen herausfinden, ob dieses Gerät stabil genug und für die Mission geeignet ist.

Exoplaneten charakterisieren

Der 200 Kilogramm schwere «Cheops»-Satellit soll schon 2017 in eine erdnahe Umlaufbahn geschossen werden, wo er in 800 Kilometer Höhe kreisen wird. Der Satellit ist bestückt mit einem Teleskop von 30 Zentimeter Durchmesser und eineinhalb Meter Länge. Damit sollen mindestens dreieinhalb Jahre lang etwa 500 helle Sterne beobachtet und ihre Planeten charakterisiert werden. Das Teleskop wird also nicht nach neuen Exoplaneten suchen, sondern Daten über bereits bekannte Objekte sammeln.

Dazu wird die Transitmethode verwendet: Das Teleskop wird den Durchmesser eines Planeten respektive seines Schattens auf einem Stern bestimmen. Wandert nämlich ein Planet vor seiner Sonne durch, leuchtet diese weniger hell. Aus der Abnahme der Helligkeit lässt sich der Durchmesser des Planeten berechnen. Das «Cheops»-Teleskop ist derart empfindlich, dass es geringste Veränderungen der Helligkeit eines Sterns messen kann.

Mithilfe der Transit- und der Radialgeschwindigkeitsmethode können Astrophysiker die Dichte und somit auch weitere Eigenschaften von ausgewählten Exoplaneten bestimmen - etwa, ob der Planet aus Stein, Eis oder Gas besteht und ob er eine ausgedehnte Atmosphäre hat. Dabei interessieren sich die Forschenden besonders für die Eigenschaften von kleinen Planeten, deren Durchmesser ein bis sechs Mal so gross ist wie derjenige der Erde.

Schweiz führend bei Exoplanetenforschung

Die «Cheops»-Mission hat im Vergleich zu anderen Projekten wesentliche Vorteile. Weder das Keppler- noch Hubble-Teleskop seien in der Lage, diese Art von Beobachtungen durchzuführen, sagt ETH-Professor Michael Meyer. Keppler beobachte nur ein bestimmtes Stück des Himmels, Hubble sei zwar mit sehr sensiblen Instrumenten ausgestattet, sei aber als Beobachtungsplattform weniger stabil als ein Satellit. «Cheops» dagegen kann über lange Zeiträume den ganzen Himmel absuchen und sei sehr stabil.

«Cheops» reiht sich ein in eine lange schweizerische Astronomie-Tradition. Bei der Entdeckung und Erforschung von Exoplaneten spielt die Schweiz in der obersten Liga mit. Den ersten Planeten in einem fremden Sonnensystem entdeckten die Astronomen Michel Mayor und Dider Queloz von der Universität Genf im Jahr 1995 um den Stern «51 Pegasi». Seither boomt dieser Wissenschaftszweig: Astrophysiker haben in den vergangenen Jahren über 800 Exoplaneten entdeckt, darunter immer kleinere und schwieriger zu entdeckende. Eben erst meldete die Universität Genf die Entdeckung eines Planeten im Sternsystem Alpha Centauri.

 
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