Veröffentlicht: 09.09.11
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100 Jahre Militärakademie: Eine strategische Partnerschaft mit der ETH Zürich

Seit 1911 werden an der ETH Berufsoffiziere ausgebildet. Stand zu Beginn die militärwissenschaftliche Lehre im Vordergrund, so vermittelt der international anerkannte Bachelor heute vor allem auch staats- und sicherheitspolitische Kompetenzen. Am 9.September 2011 feierte die Militärakademie an der ETH (MILAK) ihr 100-Jahr-Jubiläum.

Thomas Langholz
General Ulrich Wille am Rande eines Manövers nach 1900. (Bild: Schweizerische Nationalbibliothek)
General Ulrich Wille am Rande eines Manövers nach 1900. (Bild: Schweizerische Nationalbibliothek) (Grossbild)

Obwohl die Militärakademie an der ETH, kurz MILAK, ihr hundertjähriges Bestehen feiert, reicht ihre Geschichte viel weiter zurück. Bereits 1851 sah der Bundesrat am neu zu gründenden Polytechnikum einen Lehrstuhl für «Kriegswissenschaften» zur Weiterbildung der Milizoffiziere vor. Doch der Vorstoss wurde vom Parlament abgelehnt. Durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1874 sollten Soldaten kompetent auf die Offizierslaufbahn vorbereitet werden. Daher beschloss der Bundesrat am 26. Oktober 1877, am Eidgenössischen Polytechnikum eine Militärabteilung einzurichten. Unterrichtet wurden neben Kriegsgeschichte, Strategie, Taktik und Heeresorganisation auch Ingenieurwissenschaften. Zum ersten Professor für Militärwissenschaften wurde der Aargauer Emil Rothpletz gewählt.

Eigene Abteilung an der ETH

1898 wurde aus der Militärabteilung eine eigenständige ETH-Abteilung. Während drei Semestern wurden in der Sektion A Studierende und Gasthörer in Abendkursen und in der Sektion B Offiziere in Tageskursen unterrichtet.

1911 dann ein erneuter Strukturwandel, die Gründung der «Militärschulen» für die Instruktionsoffiziere der «fechtenden Truppengattungen». Die Militärschule I war die eigentliche Grundausbildung und bildete junge Instruktionsoffiziere auf ihre Tätigkeiten als Klassenlehrer in Unteroffiziersschulen vor. General Ulrich Wille formulierte seine Ausbildungsziele wie folgt: «Den Instruktor muss man gleich ansehen, und ganz nach den Grundsätzen heranbilden wie jeden anderen Lehrer. Niemand fällt es ein, jemanden als Lehrer anzustellen, der die Sache nicht weiter und nicht höher erlernt hat als jene, deren Lehrer er sein soll.» Die Militärschule II nahm erste Praxiserfahrungen auf und bildete Lehrer in höheren Offizierskursen aus, und die Militärschule III war für erfahrene Instruktionsoffiziere in der Verwaltung vorgesehen. Bei der Ausbildung wurde darauf geachtet, das kulturelle Interesse der Teilnehmer und ihr Verständnis für Belange des öffentlichen Lebens zu fördern. So erweiterte die Schule das Fächerangebot zum Beispiel um Völkerrecht, Kriegsrecht, Militärpädagogik und Militärsanitätswesen erweitert.

Sicherheitspolitik als neues Fach

Bis Mitte der 1980er Jahre blieben die Militärschulen an der ETH weitgehend gleich strukturiert. War der Direktor der Militärschulen zugleich Vorsteher der Abteilung für Militärwissenschaften, wurde die Personalunion mit der Einführung einer ordentlichen Professur für Sicherheitspolitik und Konfliktforschung beendet. Der Direktor der Militärschulen übernahm nur noch das militärische Kommando der Schule. Vorsteher der Abteilung XI A Militärwissenschaften wurde ETH-Professor Kurt Spillmann. Die Weiterentwicklung der Ausbildung signalisierten die neuen Lehrveranstaltungen wie Sicherheitspolitik, Friedens- und Konfliktforschung, oder Ökonomie und Streitkräfte. Auch der Name der Militärschule wurde 1991 in Militärische Führungsschule (MFS) geändert. Aus dem bisher verwendeten Begriff «Instruktor» wurde 1993 der internationale Terminus «Berufsoffizier».

Ausbildungsstätte für alle Berufsoffiziere

Seit dem 1.Juni 2002 heisst die MFS Militärakademie an der ETH Zürich, kurz MILAK. Sie versteht sich nun als «Ausbildungsstätte für alle Berufsoffiziere der Schweizer Armee». Doch mehr als der veränderte Name zeigt die Eingliederung in das Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften eine Ausrichtung auf die neuen Bedürfnisse einer geänderten weltpolitischen Lage. Das Studium ist seitdem darauf ausgerichtet, Berufsoffiziere zu kompetenten Lehr- und Führungspersönlichkeiten auszubilden. Gleichzeitig wurde aus dem bisherigen Diplomstudiengang im Zuge der Bolognareform einer der ersten Bachelorstudiengänge an der ETH Zürich. Jetzt führt die dreijährige Ausbildung zu einem international anerkannten Bachelor-Abschluss in Staatswissenschaften, auf dem die Absolventen akademisch aufbauen können.

100 Jahre MILAK

Bundesrat Ueli Maurer, Chef Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, fasst die Ziele der Ausbildung in seiner Grussbotschaft zusammen: «Ich gratuliere der MILAK zu ihrem 100-jährigen Bestehen. Während vieler Jahre hat sie herausragende Spezialisten für die militärische Ausbildung hervorgebracht. Heute hat sie nicht nur die Aufgabe, Offizieren das nötige Rüstzeug für die Ausbildung oder für die Führung von Armeeverbänden zu vermitteln. Sie muss auch Kader für den Einsatz im internationalen Bereich oder für wichtige Stellen in der Verwaltung ausbilden. Dafür sind neue Kompetenzen und Fähigkeiten in Disziplinen wie Betriebswirtschaft oder Personalführung unabdingbar. Als Chef des VBS bin ich stolz, dass die Armee ihren Offizieren eine fundierte wissenschaftliche und vielseitige Ausbildung mit akademischem Abschluss anbieten kann. Sie ist für alle angehenden Offiziere eine Motivation und unverzichtbar für eine glaubwürdige und leistungsfähige Armee im Dienste unseres Landes.»

Für Korpskommandant André Blattmann, Chef der Armee, steht die Vorbereitung der Offiziere auf ihre zukünftige Ausbildung im Vordergrund: «Wer im entscheidenden Moment eine perfekte Leistung erbringen muss, braucht optimale Voraussetzungen. Diese schafft die Militärakademie an der ETH Zürich seit über 100 Jahren. Die Führungsausbildung der MILAK trägt massgeblich dazu bei, dass Berufsoffiziere im sicherheits- und gesellschaftspolitischen Umfeld erfolgreich bestehen. Die Armee als wichtigstes Reserve- und Sicherheitsinstrument unseres Landes wird auch an seiner Kaderschmiede gemessen werden. Deshalb muss man die Marke MILAK pflegen.»

Strategische Partnerschaft

Andreas Wenger, Professor für schweizerische und internationale Sicherheitspolitik und Delegierter des Studiengangs Staatswissenschaften, hebt insbesondere die Zusammenarbeit der MILAK mit der ETH hervor: «In einer komplexen und interdependenten Welt, die sich immer rascher wandelt, erhalten Konstanten, wie die einer soliden akademischen Ausbildung ein besonderes Gewicht. Die MILAK und die ETH sind sich dessen sehr bewusst und verstehen das Ausbildungsangebot als langfristige Investition.»

Gemäss ETH-Rektorin Heidi Wunderli-Allenspach hat die ETH die Aufgabe die zukünftigen Offiziere bestes Wissen und Können zu vermitteln: «Unser Ziel ist es, junge Menschen in die Lage zu versetzen, sich in einer komplexen, rasch wandelnden Umwelt zu orientieren, und in ihnen das Verständnis für ethische und kulturelle Werte fördern. Sie sollen sich nach Abschluss ihres Studiums nicht nur als hochqualifizierte Fachleute sehen, sondern auch als Verantwortung tragende Mitglieder der Gesellschaft. Wir hoffen, dass es der MILAK gelingt, weiterhin Studierende mit Potential zu gewinnen. Die ETH Zürich freut sich, auch in Zukunft Teil dieser wichtigen Ausbildung zu sein.»

 
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