FCKW-Verbot zeigt Wirkung
So leicht zeigt schnelles Handeln Wirkung und so einfach machte dies das Montrealer Protokoll von 1987: Die Reduktion der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) scheint zu wirken und hilft offenbar, die vor UV-Strahlung schützende Ozonschicht zu regenerieren.
Für Jörg Mäder und Thomas Peter vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich ist es tatsächlich eine Überraschung, wie ihre jüngste, in Atmospheric Chemistry and Physics zur Diskussion gestellte Publikation in den Medien Anklang findet. Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die wesentlich zur Schädigung der Ozonschicht beitragen, sind in der Diskussion ums Klima heute kaum noch Thema, obwohl auch sie neben ihrer ozonzerstörenden Wirkung Treibhausgase sind. Der ETH-Professor Thomas Peter erklärt im Interview, warum es im Umfeld der Ozondiskussion vergleichsweise einfach war, Verordnungen durchzubringen, die nahezu alle Länder akzeptierten, und warum das bei der CO2-Reduktion so schwierig ist.
Herr Peter, Sie sind
überrascht, dass Ihre Studie heute in den Medien Aufmerksamkeit erregt. Warum?
Die Bedeutung der Studie war uns wohl bewusst. Aber dass sie für eine
breite Öffentlichkeit noch interessant ist, hatten wir so nicht erwartet. Auch
weil sie nach einem fast durchstandenen «Review-Prozess» bei der Wissenschaftszeitschrift
«Nature» abgelehnt wurde. Aber bisweilen kann es passieren, dass auch wertvolle
Studien in einer hinter verschlossenen Türen stattfindenden Begutachtung nicht bestehen.
Deshalb haben wir einen weiteren Versuch unternommen und unsere Studie zur
öffentlichen Diskussion gestellt. Der erste Gutachterkommentar ist positiv ausgefallen.
Die Vermutung, dass
das Montrealer Protokoll Wirkung zeigte, ist nicht neu, wurde aber nie klar
nachgewiesen.
Bisher hat man zwar deutlich gesehen, dass die globalen atmosphärischen Chlorkonzentrationen,
die in erster Linie für den chemischen Abbau des Ozons verantwortlich sind, zurückgehen.
Dasselbe gilt für das Brom, welches auch Ozon angreift und das wir lange in
Feuerlöschern verwendet haben. Aber der Nachweis im Ozon selber ist schwierig.
Das liegt daran, dass die lokal an einem Standort vermessene Dicke der
Ozonschicht starken natürlichen Schwankungen unterliegt , über die sich eine
menschgemachte langsame Abnahme der Ozonschicht legt. Das Problem ist: Wie
können wir das nachweisen? Und wie können wir nachweisen, dass dieser Prozess
durch einen politischen Prozess gestoppt und sogar wieder umgekehrt wurde?
Sie haben aber
offenbar eine gute Methode gefunden, um den Nachweis zu erbringen. Der erste
Kommentar zu Ihrer Studie hebt die klare und einfache Vorgehensweise hervor.
Die Ozonmessungen von einer Bodenstation aus sind an sich sehr einfach,
aber daraus Änderungen über mehrere Jahrzehnte von 5 bis 10 Prozent abzulesen,
ist eine Herausforderung. Das Problem ist ein statistisches, für das wir
Langzeitmessungen brauchen. Jörg Mäder hat deshalb weltweit Daten von all denjenigen
Messstationen genommen, die über Jahrzehnte praktisch täglich die Dicke der Ozonschicht
gemessen haben. Er analysierte, wie stark die Variationen und Trends sind, und
welche Faktoren dazu beitragen, zum Beispiel Temperaturänderungen als Mass der
Klimaveränderung oder Chlorzunahmen als Mass chemischer Einflüsse. Auf Grund
dieser Daten erhielten wir ein Bild davon, an welchen Messstationen die Dicke der
Ozonschicht zu-, und wo sie abgenommen hat. Die Anzahl der Messstationen mit
signifikanter Zunahme überwog bei weitem.
Und wie kamen Sie zu Ihrer
Schlussfolgerung?
Mittels einer statistischen Analyse der Daten kommen wir zum Schluss,
dass der gemessene Anstieg im Ozon nur im Zusammenhang mit dem Montrealer
Protokoll erklärt werden kann. Hierfür haben wir verglichen, wie die Messungen
an den Stationen hätten aussehen müssen, wenn die Chlor- und
Bromkonzentrationen in der Stratosphäre weiterhin linear angestiegen wären, im
Gegensatz zu der tatsächlich beobachteten Chlor- und Bromabnahme nach dem
Montrealer Protokoll: der Vergleich dieser beiden Szenarien zeigt deutlich,
dass der Ozonanstieg in den letzten Jahren bei den meisten Stationen nur durch
das Wirksamwerden des Montrealer Protokolls erklärt werden können.
Warum wird das Verbot
erst rund sechs Jahre später in den stratosphärischen Chlor- und
Bromkonzentrationen sichtbar?
Zum einen beträgt die typische Austauschzeit zwischen Troposphäre und Stratosphäre
zwei Jahre, die Schadstoffe gelangen dadurch erst verzögert in die Stratosphäre.
Dann kommt noch hinzu, dass die ursprüngliche Variante des Montrealer Protokolls
nur sehr begrenzte Einschränkungen der FCKW-Produktion vorsah und erst durch
spätere Folgeabkommen nachgebessert wurde. Dies hat den Effekt verzögert.
Eine Verordnung hat
Erfolg gebracht. Warum war das im Fall der FCKWs so einfach und warum ist das
so schwierig, wenn es darum geht, die klimabeeinflussenden Treibhausgase zu
reduzieren?
Die
FCKW-Problematik war im Vergleich zur CO2-Problematik letztlich ein
Spaziergang. Letztere hängt mit dem Rückgrat unserer industrialisierten
Gesellschaft zusammen – der Energiewirtschaft – und bewegt sich in ganz anderen
Grössenordnungen. Und dennoch bleibt es interessant, dass damals ein weltweites
Umweltabkommen so erfolgreich initialisiert werden konnte, und bis heute hält.
Aus psychologischer Sicht gibt es interessante Beobachtungen dazu. Wir haben
dazu am Department für Umweltwissenschaften während eines Studentenprojektes eine
Fallstudie durchgeführt, in der wir Presseberichte nach Montreal und nach Kyoto
verglichen. Unter anderem ergab die statistische Auswertung, dass der Begriff «Gesundheit»
in den Ozon-Artikeln viel häufiger als Argument für das Montrealer Protokoll
angeführt wurde, als das in der Diskussion um das Kyoto Protokoll zum
Klimaschutz gemacht wird.
Vermutlich war das Risiko, durch eine verminderte Ozonschicht an Hautkrebs zu
erkranken, ein starkes Motiv dafür, dass fast alle Staaten das Montrealer Protokoll
unterschrieben. Auch gab es in der damaligen Situation nicht die Diskussion von
«Gewinnern» und «Verlierern», weil jeder sich von einer Erkrankung bedroht
fühlte. Niemand identifiziert sich jedoch mit den Menschen, die in eine
Schlammlawine geraten, in Überschwemmungsgebieten leben oder denen bei einem
Hurrikan das Dach auf den Kopf fällt – alles Ereignisse, die durch die
Klimaveränderung häufiger werden könnten.
Jetzt können wir uns
über den positiven Effekt der FCKW-Verordnungen freuen. Aber wie wird sich der
Klimawandel auf die Ozonschicht auswirken?
Das Klima hat Einfluss auf die Ozonschicht. Umgekehrt sind aber auch die
FCKW und das Ozon selbst Treibhausgase. Zwischen der Chemie, der Atmosphäre und
dem Klima besteht somit ein komplexer Zusammenhang. Wir wissen, dass
Treibhausgase wie CO2 die Temperatur am Boden und in der Troposphäre
erhöhen, hingegen kühlen Treibhausgase die Stratosphäre. Letzteres führt dazu,
dass die chemischen Reaktionen sich verlangsamen und Ozon langsamer abgebaut
wird. Also erst einmal ein positiver Effekt, der die Ozonheilung unterstützt.
Vermutlich wird unsere Ozonschicht Ende des Jahrhunderts deshalb sogar dicker
sein als in den letzten Tausend Jahren. Ob das aber gut ist, ist die Frage.
Wird zu viel UV-Strahlung gefiltert, kann es bei den Menschen zu Vitamin
D-Mangel kommen. Aber das wird frühestens in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
eintreten.
Was passiert in den
Polarregionen?
In den nordpolaren Gebieten rechnen wir damit, dass die Heilung der
Ozonschicht ungefähr so voranschreitet wie in den mittleren Breiten. Im
Gegensatz dazu wird sich das Ozonloch unter den speziellen Bedingungen, die am
Südpol herrschen, erst später, vielleicht um 2070 oder 2080, schliessen.
Zur FCK-Problematik:
Die Ozonschicht in 15 bis 40 Kilometern Höhe, in der Stratosphäre, schützt das Leben auf der Erde vor schädlicher UV-Strahlung. Fluorchlorkohlenwasserstoffe schädigen die Ozonschicht, so dass mehr UV-Strahlung auf der Erde auftrifft. Dies kann beim Menschen Hautkrebs verursachen. 1985 wurde erstmals das Ozonloch über der Südpolarregion beschrieben. 1987 wurde das Montrealer Protokoll ratifiziert und trat 1989 in Kraft. Es verpflichtet die Staaten, den Einsatz von FCKW, etwa in Sprays, zu senken und schliesslich vollständig darauf zu verzichten. Es wurde in den vergangenen Jahren auf der Basis neuer Erkenntnisse mehrfach nachgebessert und beinhaltet mittlerweile auch FCKW-Ersatzstoffe und bromhaltige Halone, wie sie in Feuerlöschern verwendet werden.
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