Veröffentlicht: 30.04.10
Campus

Ehre für lebendige Science City

Seit 2003 entwickelt die ETH Zürich am Standort Hönggerberg kontinuierlich den Hochschulcampus Science City als Modell der Universität des 21. Jahrhunderts. Nun wird der Initiant des visionären Projekts, Gerhard Schmitt, Professor für Architektur an der ETH Zürich, in Strassburg mit dem Europäischen Wissenschafts-Kultur-Preis 2010 geehrt.

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Science City hoch über Zürich. (Bild: Manfred Richter/ETH Zürich)
Science City hoch über Zürich. (Bild: Manfred Richter/ETH Zürich) (Grossbild)

Noch vor wenigen Jahren herrschte nahezu klösterliche Stille auf dem Gelände des ETH-Satelliten auf dem Hönggerberg über Zürich. Heute ist der Campus der ETH-Hönggerberg schon fast von urbaner Lebendigkeit erfüllt. Sportmöglichkeiten, Bistro, Kinderkrippe und seit neuestem knallbunte mobile Sitzgelegenheiten auf dem Campus sorgen für regen Betrieb auch ausserhalb der Labors und Hörsäle. Vor dem Laden der Buchhandlung werden die Kisten mit Restsellern aufgestellt, im danebenliegenden kleinen Lebensmittelladen drängen sich hungrige Studierende, die eine Zwischenverpflegung suchen. Ein Bautrupp legt lautstark Hand an, um die Alumni-Lounge, die Mitte Mai eröffnen soll, fertigzustellen. Willkommen in Science City.

Mit dem Ziel, nicht nur heute, sondern auch in Zukunft ideale Ausbildungs- und Forschungsvoraussetzungen für die besten Talente aus aller Welt zu bieten, entwickelt die ETH Zürich seit 2003 am Standort Hönggerberg kontinuierlich den Hochschulcampus Science City. Dazu gehören excellente Forschungsanlagen, aber auch die eben genannten Attribute, die einen Stadtteil lebenswert machen. Science City versteht sich als ein Modell der Universität des 21. Jahrhunderts. Wegweisend dafür ist unter anderem die Vision vom Stadtquartier für Denkkultur – einem Ort, der Wissenschaft, Unternehmenswelt und Öffentlichkeit nachhaltig verbindet. Die Europäische Kulturstiftung Pro Europa verleiht dem Initianten, Gerhard Schmitt, Professor für Informationsarchitektur an der ETH Zürich und designierter Direktor des Singapore-ETH Centre, sowie dem Projekt Science City heute den Europäischen Wissenschafts-Kultur-Preis 2010.

Wissen mit der Gesellschaft teilen

Science City wird dabei als exemplarisches Modell gewürdigt, welches das Problem vieler Universitätserweiterungen und Neugründungen, die oft als isolierte Satelliten an der Peripherie der Städte geplant werden, zu lösen versucht. «Universitäten haben die Verpflichtung, Wissen zu mehren und zu vertiefen, es als öffentliches Gut zu lehren und mit der Wissens-Gesellschaft zu teilen. Gerhard Schmitt war als Vizepräsident Planung und Logistik der ETH nicht bereit, eine Isolation des ETH-Satelliten auf Zürichs Hönggerberg hinzunehmen», sagt Olaf Kübler, ehemaliger Präsident der ETH Zürich, in seiner Laudatio.

Wohnen und Leben in Science City

Science City ist auch ein Modell für eine nachhaltige Entwicklungsplanung, welche alle Beteiligten mit einbezieht. In Future Workshops mit den Studierenden und Mitarbeitern der ETH Zürich, in Diskussionen mit der Einwohnerschaft der umgebenden Wohnquartiere und in Gesprächen mit Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft entstand ein Austausch, welcher den Ausbau des neuartigen Campus möglich machte. So änderte die Stadt Zürich ihre Bauordnung, um das Wohnen auf dem Campus zu ermöglichen. Bis 2014 sollen in einer ersten Etappe 430 Wohnungen für Studierende entstehen. Das innovative HIT-Gebäude für Information Science und ein grosszügiges Sportzentrum, das auch von lokalen Vereinen genutzt wird, konnten dank Donationen bereits eröffnet werden. Mit der populären Wissenschaftsreihe «Treffpunkt Science City» wurde ein Programm geschaffen, das der Bevölkerung Wissenschaft auf attraktive und verständliche Weise vermittelt und zahlreiche Besucher anzieht.

Aktuelle Projekte in Science City zielen darauf ab, die Standortattraktivität und Lebensqualität von Science City weiter zu erhöhen. So soll es bald einen Wochenmarkt mit lokalen Produkten auf der Piazza geben, Strassenschilder und eine neue Signaletik werden für bessere Orientierung auf dem Campus sorgen.

Leuchturm für Nachhaltigkeit

Science City ist auch das grösste Nachhaltigkeitsprojekt der ETH Zürich. Dank einer gezielten Verkehrspolitik erreichen über 80 Prozent der Studierenden und Mitarbeitenden den Campus mit dem öffentlichen Verkehr. Ein dynamisches Erdspeichersystem sorgt dafür, dass die ETH Zürich in Science City die CO2-Emissionen massiv reduzieren wird. Zudem werden auf dem Campus die Gebäude so gebaut und saniert, dass sie energieeffizient und mit grösstmöglicher Schonung der Ressourcen betrieben werden können. Auch zahlreiche experimentelle Projekte leisten einen Beitrag zum nachhaltigen Hochschulbetrieb, wie etwa das von Studierenden betriebene Solarkino im Sommer.

«Science City ist ein Ort, an dem Ideen entstehen und verwirklicht werden, und der so für Zürich und die Schweiz zum wichtigen Standortvorteil wird», ist Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich, überzeugt. Preisträger Gerhard Schmitt sieht im Kulturpreis eine Bestätigung für die langfristige Entwicklungspolitik der Hochschule. «In Science City entstehen Konzepte der ETH, welche in die ganze Welt getragen werden – zum Beispiel über das Future Cities Laboratory, das in Singapur entsteht. Dieser Preis gehört ebenso den Menschen der Stadt Zürich und ihrer Quartiere, die das Projekt unterstützt haben.»

Ehrenpreis für Förderung von Kulturaustausch

Die Europäische Kulturstiftung ist eine private und gemeinnützige Institution mit Sitz in Basel. Sie wurde 1993 gegründet mit dem Ziel, den Dialog zwischen den europäischen Staaten und Regionen zu beleben und zu einem politikbegleitenden, vertrauensbildenden und kommunikationsfördernden Kulturaustausch in Europa beizutragen.
Alljährlich verleiht die Stiftung für herausragende Leistungen, Initiativen und Kulturwerke die Europäischen Kulturpreise. Mit undotierten Ehrenpreisen ausgezeichnet werden hochrangige Persönlichkeiten, die sich um die Kultur Europas verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Preiträgern gehören so bekannte Namen wie der Tessiner Architekt Mario Botta, der Komponist Pierre Boulez oder der kürzlich verstorbene Kunstsammler und Museumsgründer Ernst Beyeler.

 
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