Veröffentlicht: 31.05.13
Science

Mehrheit für die allgemeine Wehrpflicht

2013 fühlen sich die Schweizerinnen und Schweizer sicher und sehen der Zukunft ihres Landes optimistisch entgegen. Deutlich mehr Personen als im Vorjahr sprechen sich für die allgemeine Wehrpflicht aus. Das zeigt die Studie «Sicherheit 2013».

Claudia Naegeli
Nur eine Minderheit der Schweizer Bevölkerung möchte die Armee abschaffen. 2013 sprechen sich zudem markant mehr Personen für eine Milizarmee aus. Das zeigt die Studie «Sicherheit 2013» (Bild: Flickr).
Nur eine Minderheit der Schweizer Bevölkerung möchte die Armee abschaffen. 2013 sprechen sich zudem markant mehr Personen für eine Milizarmee aus. Das zeigt die Studie «Sicherheit 2013» (Bild: Flickr). (Grossbild)

Die Schweizer Stimmbevölkerung zeigt sich überraschend konstant, wenn es um ihre Meinung zu sicherheitspolitischen Fragen geht. In der aktuellen Erhebungsreihe «Sicherheit» der Militärakademie an der ETH und des Center for Security Studies der ETH Zürich geben Herr und Frau Schweizer wie in den Vorjahren an, dass sie sich im Land allgemein sicher fühlen (89%) und dass sie der Zukunft der Schweiz optimistisch entgegen blicken (82%). Nach wie vor zeigen die Schweizerinnen und Schweizer ein grosses Bedürfnis nach Autonomie und stehen der EU kritisch gegenüber. So befürworten lediglich 36 % eine politische Annäherung an die EU und gerade einmal 17% sprechen sich für einen Betritt aus. Hoch bleibt das Bekenntnis zur Neutralität (94%) sowie das Vertrauen in Institutionen und Behörden - letzteres lag 2013 mit 6,5 auf einem Index von 0 bis 10 sogar über dem langjährigen Durchschnitt von 6,2.

Vertrauen schafft Sicherheit

Dieses grosse Vertrauen, das die Schweizerinnen und Schweizer dem Rechtswesen, der Regierung und den Parlamenten entgegenbringen, könnte mit ein Grund dafür sein, dass sich die Bevölkerung so optimistisch gibt. Diese beiden Werte scheinen über den Zeitraum der letzten zehn Jahre stark miteinander zu korrelieren. «Es ist bemerkenswert, wie konstant die Zahlen während der ganzen Dekade geblieben sind. Auch die diesjährige Erhebung bestätigt die langfristigen Tendenzen», sagt Tibor Szvircsev Tresch, Militärsoziologe und Mitherausgeber der Studie «Sicherheit 2013».

Gleichzeitig gibt es bei der aktuellen Studie signifikante Unterschiede zum Vorjahr. Beispielsweise schätzen viele der Befragten die weltpolitische Lage weniger düster ein als 2012. Während damals 53% mit einer Zuspitzung der internationalen Krisen rechneten, sank dieser Anteil dieses Jahr auf 46%. Szvircsev Tresch erklärt sich dies unter anderem damit, dass die Schweiz im Vergleich mit dem umliegenden Ausland wirtschaftlich wie politisch weiterhin sehr gut dasteht. «Ausserdem ist es in schwierigen Situationen oft so, dass die Leute darauf vertrauen, dass es nicht noch schlimmer werden kann», fügt er an. An eine Entspannung der weltpolitischen Lage in den nächsten fünf Jahren glaubt die grosse Mehrheit jedoch nicht (91%).

Mehrheit für Milizarmee

Von einem regelrechten Meinungsumschwung könnte man sprechen, wenn es um die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zur Armee geht. 2013 sprechen sich deutlich weniger Personen (37%) für eine Berufsarmee aus als im Vorjahr (43%). Gleichzeitig hat die Milizarmee markant an Unterstützung gewonnen (56 %, +4%). Während sich im letzten Jahr noch 48% der Befragten für eine Abschaffung der Wehrpflicht aussprachen, ist dieser Anteil auf 33% gesunken. Damit liegt die Ablehnung der Wehrpflicht im langjährigen Vergleich heuer auf einem überaus tiefen Niveau. Tiefer war der Wert nur im Zeitraum von 1983 bis 1993. Die Wissenschaftler vermuten, dass vor allem öffentliche Debatten die Meinungsbildung stark beeinflussen und letztlich zu solchen Effekten führen. Im Januar 2012 reichte die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) eine Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht ein und lancierte die öffentliche Debatte. Im September 2012 beschloss der Bundesrat, die Initiative abzulehnen, und der Nationalrat folgte diesem Entscheid im Dezember. Die politische Debatte rief zudem zahlreiche militärfreundliche Organisationen auf den Plan, die für ihre Interessen mobil machten.

Innere Sicherheit wahren

Öffentliche Diskurse können auch Meinungen beeinflussen, wenn es um Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit geht. Die Einstellung der Befragten zur Bekämpfung und Bestrafung von Hooliganismus hat sich innert Jahresfrist ebenfalls signifikant verändert. Die mit 85% immer noch sehr hohe Zustimmungsrate sank um 4%. «Ein Grund dafür dürfte die Debatte um die bevorstehende Abstimmung über das Hooligan-Konkordat sein, das manchen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern in der Meinungsbildung sensibilisiert hat», vermutet Szvircsev Tresch. Die Bekämpfung von Hooliganismus ist aber dennoch die am stärksten unterstützte Massnahme zur Wahrung der inneren Sicherheit. Militärsoziologe Szvircsev Tresch betont aber, dass die «Studie Sicherheit 2013» eine repräsentative Befragung sei und keine Schlüsse auf mögliche Abstimmungsresultate zulasse.

Die Kontrolle des Ausländeranteils (76%, –1%) und der Einsatz der Armee zur Sicherung von Ruhe und Ordnung im Falle einer Überforderung der Polizei (77%, –2%) erfahren ebenfalls eine hohe Akzeptanz und sind im Jahresvergleich konstant. Lediglich eine knappe Mehrheit der Schweizer Bevölkerung billigt die gewaltsame Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei (55%, –1%). Eine ambivalente Haltung zeigen die Schweizerinnen und Schweizer zu verstärkten Eingangskontrollen in öffentlichen Gebäuden. Massnahmen wie eine intensivierte polizeiliche Überwachung von Telefonaten (51% Ablehnung, –4%) und privaten Computern (52% Ablehnung, –4%) spalten die Meinung der Schweizer Bevölkerung. Eine Ausgangsperre für Jugendliche nach Mitternacht missbilligt eine Mehrheit der Bevölkerung auch in diesem Jahr (66% Ablehnung, ±0%).

Studie «Sicherheit 2013»

Die repräsentative Datenerhebung zur Studie «Sicherheit 2013» fand vom 9. Januar bis 12. Februar 2013 telefonisch bei 1200 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in allen Sprachregionen der Schweiz statt. Durchgeführt wurde die Erhebung durch das Forschungsinstitut Isopublic. Der Stichprobenfehler liegt bei ±3%. Die jährliche Studienreihe «Sicherheit» führen die Dozentur für Militärsoziologie der Militärakademie an der ETH Zürich und Center for Security Studies der ETH Zürich seit 1991 durch.

 
Leserkommentare: