Veröffentlicht: 11.06.12
Science

Ein guter Grund für die CO2-Speicherung

Ein wichtiger Schritt nach der CO2-Abscheidung ist die Lagerung im Untergrund. Dazu fehlt heute in der Schweiz das geologische Detailwissen. ETH-Forscher plädieren für ein nationales Pilotprojekt, das sowohl die technische Machbarkeit wie auch die gesellschaftliche Akzeptanz untersucht.

Florian Meyer
Zur Speicherung von CO2 eignen sich vor allem Gesteinsschichten in mindestens 800 Metern Tiefe, die aus einer porösen Gesteinsschicht und aus einer dichten Deckschicht bestehen. Das verdichtete CO2 dringt in das poröse Gestein («saliner Aquifer») ein, löst sich darin im Salzwasser und verfestigt sich mit der Zeit zu Kalk oder Dolomit. Als Speicherstätten eignen sich auch Erdöl- und Erdgasfelder. Die Einlagerung von CO2 kann sogar die Ausbeute an Öl und Gas erhöhen. («Enhanced Oil / Gas Recovery»). (Bild: SPL / ETH Zürich nach: CO2 CRC)
Zur Speicherung von CO2 eignen sich vor allem Gesteinsschichten in mindestens 800 Metern Tiefe, die aus einer porösen Gesteinsschicht und aus einer dichten Deckschicht bestehen. Das verdichtete CO2 dringt in das poröse Gestein («saliner Aquifer») ein, löst sich darin im Salzwasser und verfestigt sich mit der Zeit zu Kalk oder Dolomit. Als Speicherstätten eignen sich auch Erdöl- und Erdgasfelder. Die Einlagerung von CO2 kann sogar die Ausbeute an Öl und Gas erhöhen. («Enhanced Oil / Gas Recovery»). (Bild: SPL / ETH Zürich nach: CO2 CRC) (Grossbild)

Fossile Brennstoffe wie Kohle sollen durch erneuerbare Energieträger ersetzt und das bei der Verbrennung entstehende Treibhausgas CO2 in der Atmosphäre reduziert werden. Das ist das erklärte Ziel der Energie- und Klimapolitik.Bis die Energiesysteme jedoch vollständig auf erneuerbare Energieträger umgestellt sein werden, ist man auch auf sogenannte Brückentechnologien angewiesen. Darunter sind Ansätzewie die «CO2 Capture and Storage»-Technologie (CCS, vgl. ETH Life Online vom 8. Juni 2012.).

Der Grundgedanke der CCS-Technologie sei es, CO2 direkt in den Kraftwerken oder Industrieanlagen abzuscheiden, dann zu komprimieren, in Pipelines zum Speicherort zu transportieren und dort unterirdisch sicher einzulagern, erklärt Marco Mazzotti, Professor für Verfahrenstechnik am Laboratorium für Trennprozesse und Vorsitzender im Leitungsausschuss des Energy Science Center der ETH Zürich.

Aufschluss durch Pilotprojekt

Gesellschaftlich kontrovers diskutiert wird besonders die CO2-Speicherung: Aus wissenschaftlicher Sicht dringend notwendig ist deshalb ein Pilotprojekt, bei dem die Ausbreitung des CO2 in Abhängigkeit der detaillierten, geologischen Merkmale eines Standorts untersucht wird.

Die Anforderungen an einen CO2 -Speicher sind im Prinzip die gleichen wie bei natürlichen Erdöllagern: Um CO2 in mindestens 800 Metern Tiefe sicher zu lagern, muss eine poröse Gesteinsschicht (zum Beispiel Sandstein) vorhanden sein und eine dichte Deckschicht (zum Beispiel bestimmte Tongesteine) darüber liegen. Abgeschirmt von der undurchlässigen Deckschicht dringt das verdichtete CO2 in den Sandstein. Mit der Zeit löst es sich im darin enthaltenen Salzwasser, und es bildet sich natürliches, kohlensäurehaltiges Mineralwasser.

Die entstandene Lösung ist etwas schwerer und hat keinen Auftrieb mehr. Bei geeigneter mineralischer Zusammensetzung des Speichergesteins wandelt sich das CO2 auf die lange Dauer zu festen Karbonaten, wie zum Beispiel Kalk oder Dolomit, und setzt sich am Speichergrund fest. Wie ein CO2-Speicher funktioniert, haben zwei Doktoranden Marco Mazzottis, die CCS-Forscher Daniel Sutter und Mischa Werner, unlängst im «ETH-Klimablog» beschrieben.

Ausserdem haben Sutter und Werner zusammen mit fünf Maschinenbaustudierenden einen interaktiven Schaukasten entwickelt, der anschaulich und visuell nachvollziehbar darstellt, wie die CO2-Speicherung in einem porösen Sandstein («saliner Aquifer») funktioniert (siehe Bild).

«Noch nicht auf CO2-Speicherung vorbereitet»

Dass die Geologie im Molassebecken des Schweizer Mittellands Potential für die CO2-Speicherung bietet, haben Forschende der Universität Bern 2010 in einer Studie nachgewiesen. Woran es fehlt, ist das Detailwissen über geeignete Standorte: «Zurzeit ist die Schweiz noch nicht auf die Speicherung von CO2 vorbereitet», sagt Daniel Sutter, «die sorgfältige Auswahl von Speicher- und Deckschicht ist absolut zentral. Dazu muss aber die lokale geologische Struktur genau untersucht werden.» Ein Pilotprojekt, bei dem eine kleine Menge CO2 injiziert und genau beobachtet wird, ermöglicht detailliertere und exaktere Informationen über die Geologie eines Standorts als die seismischen Methoden und Probebohrungen.

Zudem könnten Umweltorganisationen, Behörden und auch der Gesetzgeber das Projekt von der Planungsphase an begleiten, um ihrerseits Erfahrungen zu sammeln, Zuständigkeiten abzuklären und allfällige rechtliche Anpassungen vorzunehmen. «Ein Pilotprojekt ist ausserdem ein gutes Forum, um den Dialog mit der Öffentlichkeit aufzunehmen und die Bevölkerung mit der CCS-Technologie vertraut zu machen», sagt Daniel Sutter. Dies zeigen die Erfahrungen aus einem vergleichbaren Pilotprojekt in Deutschland: In Ketzin bei Berlin wurden verschiedene Möglichkeiten, die Bewegung des CO2 im Speicherreservoir zu verfolgen, erfolgreich getestet.

Daraus konnten die Forschenden wertvolle Detailinformation über die Eigenschaften des Speichergesteins und den Speicherbetrieb gewinnen. Die offene und klare Kommunikation mit Informationsveranstaltungen und einer Dauerausstellung vor Ort ermöglichten es zudem, auch kritische Punkte und Befürchtungen der lokalen Bevölkerung anzusprechen und die Akzeptanz des CO2-Speichers zu erhöhen.

Zehn Jahre Forschung

Bereits seit 2008 leitet Marco Mazzotti das im Dezember 2012 zu Ende gehende Forschungsprojekt «Carma» («CARbon MAnagement in Power Generation»). In diesem Projekt untersuchen Forschende verschiedener Institutionen des ETH-Bereichs das technische, geologische und sozioökonomische Potential, das die CCS-Technik weltweit und in der Schweiz hat.

Im Hinblick auf einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie und den Aufbau von zusätzlichem Know-how ist ein nationales Pilotprojekt zur Lagerung von abgeschiedenem CO2 wichtig. Erfahrungen mit Speicherungsprojekten im Ausland zeigen, dass die Suche nach einem geologisch geeigneten Speicher und die Durchführung eines Pilotprojekts rund zehn Jahre dauert. «Ein Pilotprojekt mit kleinen CO2-Mengen ist dringlich, wenn sauberer Strom aus CCS-Gaskraftwerken für die Schweiz eine Option bleiben soll», sagt Marco Mazzotti.