Veröffentlicht: 01.03.12
Science

Iodierung von Salz wirkt

Noch nie war die Weltbevölkerung so gut mit Iod versorgt wie heute. Das zeigt eine neue weltweite Studie von Ernährungswissenschaftlern der ETH Zürich über die Lage bei den Kindern. In Afrika und Südostasien könnte sich die Situation noch stark verbessern.

Peter Rüegg
Eine Inderin mit einer Handvoll Meersalz: Die Iodierung dieses überall verfügbaren Lebensmittels hat sich bewährt, um den Iodmangel weltweit zu bekämpfen.
Eine Inderin mit einer Handvoll Meersalz: Die Iodierung dieses überall verfügbaren Lebensmittels hat sich bewährt, um den Iodmangel weltweit zu bekämpfen. (Grossbild)

Der Kropf ist in immer mehr Ländern am Aussterben. Denn Hauptursache für die Verdickung des Halses, hervorgerufen durch eine Vergrösserung der Schilddrüse, ist Iodmangel. Nun sind aber gemäss einer neuen Studie, die soeben veröffentlicht wurde, die Bewohner von 105 Ländern ausreichend mit Iod versorgt - und der Kropf ist deshalb kaum mehr ein Thema. Die WHO ging 2003 noch von 67 Staaten aus, die ihre Bevölkerung genügend mit Iod versorgen konnten. Die Zahl der Staaten mit ungenügender Versorgung ging zwischen 2003 und 2011 von 54 Ländern auf 32 zurück.

Zu den ausreichend bis gut mit Iod versorgten Erdenbürgern gehören auch die Schweizerinnen und Schweizer. Dies bestätigten die ETH-Forschenden wie auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Lediglich Kleinkinder und Stillende sind an der Grenze zur Unterversorgung. Die ETH-Forscher werteten in ihrer Studie die Iod-Daten von 148 Ländern aus, die dazu Daten erhoben haben und verglichen diese Daten mit Erhebungen, die die WHO 2003 und 2007 durchgeführt hat.

Jedes dritte Schulkind braucht mehr Iod

Die Studie, die ETH-Forschende unter der Leitung von Michael B. Zimmermann, Professor für Ernährungswissenschaften, in Zusammenarbeit mit dem International Council for the Control of Iodine Deficiency Disorders (ICCIDD) und der WHO erstellt haben, zeigt auch: Im weltweiten Durchschnitt ist jedes dritte Schulkind ungenügend mit Iod versorgt, insbesondere in Südostasien und Afrika. In diesen Regionen erhalten 76 Millionen, respektive 58 Mio. Kinder, zu wenig Iod.

In einigen Staaten hat sich das Blatt gewendet. Die Iod-Versorgung hat sich zum Beispiel in Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion massiv verschlechtert, sodass die russische Bevölkerung mittlerweile unterversorgt ist. Vom Iodmangel betroffen sind auch westliche Industriestaaten, darunter Australien, Neuseeland und Grossbritannien. Von diesen Nationen wurde bisher angenommen, dass deren Bevölkerung genügend Iod einnimmt.

Briten unterversorgt

«Grossbritannien hat die Iodierung von Salz nicht staatlich verordnet», sagt Maria Andersson, Mitautorin der Studie. Weniger als fünf Prozent des Salzes, das in Grossbritannien verkauft wird, ist iodiert. Selbst in Ländern, die eine entsprechende Verordnung erlassen haben, ist die Iodversorgung ungenügend, weil die Leute zu wenig gut informiert sind. «Und die jungen Menschen sind zunehmend skeptisch gegenüber Lebensmittelzusätzen», sagt die Forscherin.

Die Schweiz gilt und galt bezüglich Iodierung von Speisesalz als Vorbild. 1918 zeigte ein Schweizer Mediziner, dass mit Iod versetztes Salz gegen Kropfbildung wirksam ist. Damals hatten in gewissen Alpentälern drei von vier Personen einen Kropf. Bereits 1922 wurde in der Schweiz damit begonnen, Speisesalz mit Iod zu versetzen. Im Laufe der Zeit wurde die Dosis schrittweise erhöht. Heute ist in iodiertem Schweizer Tafelsalz 20 Milligramm Iod pro Kilo enthalten.

Salz bewährt sich

«Salz hat sich weltweit als Transportmittel für die Iod-Versorgung bewährt», betont Maria Andersson. Es gebe nicht mehr viele Regionen auf dieser Welt, die nicht mit iodiertem Salz versorgt seien. Die Iodierung sei überdies günstig und koste jährlich zwischen 2 und 5 US-Cents pro Person. Salz ist zudem ein Grundnahrungsmittel, das sich die allermeisten Menschen leisten können. In mehr als 120 Ländern wird iodisiertes Salz angeboten. Die Unicef hat eben aufgezeigt, dass 70 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu iodiertem Salz haben. «In Industrieländern ist die Herausforderung aber nicht die Feinverteilung des Salzes, sondern die Nahrungsmittelindustrie dazu zu bringen, iodiertes Salz zu verwenden», sagt Andersson.

An sich sei Iod eines der wenigen Spurenelemente, von dem der Körper kaum genug über die Nahrung bekommen könne. Dennoch müsse die Iodmenge im Salz kontrolliert werden, damit die Menschen nicht zu viel des Guten bekommen. Die Studie der ETH-Forschenden zeigt nämlich auch auf, dass in elf Ländern, darunter Uganda, zu viel Iod im Salz enthalten ist, die Leute deshalb zu viel davon aufnehmen.

Lebenswichtiges Iod

Natürlicherweise kommt Iod im Boden und im Meerwasser vor. Meerfische und Algen sind deshalb besonders reich an Iod. Weitere wichtige Quellen sind Brot und Milch. Allerdings liegt der generelle Iodgehalt von Nahrungsmitteln nicht hoch genug, um den Bedarf des Menschen zu decken. Iodmangel war insbesondere in Bergregionen ein Problem, weil Iod in tausenden von Jahren aus dem Boden ausgewaschen wurde. Nahrungspflanzen, die unter diesen Bedingungen wachsen, nehmen deshalb wenig Iod auf. Damit gelangt zu wenig dieses Stoffes in die Nahrungskette. Iodmangel verursacht beim Menschen nicht nur den Kropf, sondern schadet auch der Gehirnentwicklung. Die Folge sind kognitive Schwächen, ein tieferer IQ und mangelnde motorische Fähigkeiten. Einen erhöhten Iodbedarf haben Schwangere und Stillende, um den Fötus, respektive den Säugling, genügend mit Iod zu versorgen. Iod ist ein natürlicher Bestandteil von Schilddrüsenhormonen. Schilddrüsenhormone regulieren den menschlichen Stoffwechsel und den Wärmehaushalt des Körpers.
Im Urin lässt sich Iod einfach nachweisen. Dessen Konzentration in Urinproben verschiedener Personen gibt den Forschern darüber Auskunft, ob die untersuchte Population genügend mit dem Spurenelement versorgt ist oder nicht.

Literaturnachweis

Andersson M, Karumbunathan V, Zimmermann MB, Global Iodine Status in 2011 and Trends over the Past Decade. J. Nutr. 142: 1–7, 2012, published online February 29, 2012, doi:10.3945/jn.111.149393