Veröffentlicht: 08.06.11
Campus

Wieso Chemiker auch Künstler und Künstler auch Chemiker sind

Das Vorurteil: Künstler und Chemiker haben nichts gemeinsam. Das heute stattfindende Diskussionsforum zum Thema «Chemie und ihr Einfluss auf die Architektur und die Bildenden Künste» beweist das Gegenteil. Kunsthistoriker, Chemiker, Architekten und Materialwissenschaftler der ETH Zürich referieren und diskutieren ab 14.30 Uhr auf dem Hönggerberg.

Lukas Langhart
Errungenschaften und Erkenntnisse der Chemie inspirieren und bereichern seit jeher die Kunst. (Bild: iStockphoto LP)
Errungenschaften und Erkenntnisse der Chemie inspirieren und bereichern seit jeher die Kunst. (Bild: iStockphoto LP)

Den Anfang der Vortragsreihe macht Antonio Togni vom Laboratorium für Anorganische Chemie der ETH Zürich. Er geht dem ästhetischen Empfinden von Chemikern auf den Grund und macht sich auf die Suche nach «schönen» Molekülen. Anschliessend gehen Annik Pietsch und Robin Rehm, wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Denkmalpflege und Bauforschung der ETH, am Beispiel des britischen Naturforschers Michael Faraday der Frage nach, wie farbenfroh die Architektur des Altertums war. Ausserdem referieren sie über die Entwicklung neuer Maltechniken im 19. Jahrhundert – die teilweise auf Faradays Analyse antiker Farbproben zurückgehen.

(Un)Kenntnisse der Chemie als Fluch und Segen in der Kunst

Kohlenstoff bildet nicht nur die molekulare Grundlage allen irdischen Lebens, sondern dient auch als Inspirationsquelle für Architekten. Carlo Thilgen vom Laboratorium für Organische Chemie präsentiert in einem bildhaften Referat, dass die Fullerene – die nach Graphit und Diamant dritte bekannte Erscheinungsform elementaren Kohlenstoffs – nicht zu Unrecht nach dem für seine geodätischen Kuppeln bekannten Architekten Richard Buckminster Fuller benannt wurden.

Michael Matile wünscht sich häufig, Künstler wie Leonardo da Vinci hätten ein wenig mehr von Chemie verstanden. Matile ist Konservator in der Graphischen Sammlung der ETH und spricht heute Nachmittag über einen der grössten Feinde der Konservatoren: den Tintenfrass. Vor allem die Eisengallustinte ist dafür bekannt, dass die darin enthaltenen Sulfate nach einer gewissen Zeit mit den Inhaltsstoffen der Luft reagieren, wodurch Schwefelsäure entsteht, die sich regelrecht durch die Papierzellulose ätzt.

Das Publikum ist zum Mitdiskutieren aufgefordert

Walter Steurer, Leiter des Laboratoriums für Kristallographie der ETH, interessiert sich für Symmetrien und Strukturen sowie deren Bedeutung für Stabilität und Funktion von Objekten – und zwar auf allen Skalen; vom Atom bis zum Bauwerk. In seinem Referat zeigt er auf, wie sich beispielsweise islamische Künstler und Architekten von Kristallformen inspirieren liessen.

Das letzte Referat des Abends ist Detlef Günthers «Weltreise mit 4 Elementen». Der Leiter des Departements Chemie und Angewandte Biowissenschaften spricht über Gold, Riesenkristalle und Edelsteinfälschungen. Im Anschluss an die Vortragsreihe findet eine moderierte Diskussion zwischen den anwesenden Experten und dem Publikum statt.

«Chemie und ihr Einfluss auf die Architektur und die Bildenden Künste»

ETH Zürich, Campus Hönggerberg, HCI, Hörsaal J7, Mittwoch, 8. Juni 2011, 14.30–19.00 Uhr (zum Programm)
Die Veranstaltung wird organisiert vom Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich und dem Collegium Helveticum. Sie findet anlässlich des Internationalen Jahres der Chemie statt.

 
Leserkommentare: