Veröffentlicht: 12.05.11
Science

Nano-Silber für Therapie und Diagnostik

Die Nanotechnologie ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch in der Medizinaltechnik ist sie allgegenwärtig, sowohl in der Therapie wie in der Diagnostik. ETH-Forscher haben nun in einer interdisziplinären Studie Silber-Nanopartikel so präpariert, dass sie in diesem Bereich eine weitere Möglichkeit bieten.

Simone Ulmer
Nicht toxische Kern-Silbernanopartikel ummantelt mit einer nanodünnen Siliziumdioxid-Hülle. (Bild: ETH Zürich) .
Nicht toxische Kern-Silbernanopartikel ummantelt mit einer nanodünnen Siliziumdioxid-Hülle. (Bild: ETH Zürich) . (Grossbild)

Nanopartikel aus Silber, kleiner als ein zehntausendstel Millimeter, haben besondere optische Eigenschaften, die beispielsweise für die Medizinaltechnik vielversprechende Anwendungen in sich bergen. Einziges Problem: Nanosilber-Partikel geben Silberionen ab, die auf Zellen toxisch wirken. Wissenschaftler unter Leitung von Sotiris Pratsinis, Professor am Institut für Verfahrenstechnik der ETH Zürich, gelang es nun, die Silberpartikel so zu präparieren, dass sie keine toxischen Silberionen abgeben können und dabei trotzdem ihre optischen – sogenannten plasmonischen – Eigenschaften erhalten bleiben. So können die Partikel in der Medizin als plasmonische Sensoren genutzt werden, indem sie Krankheitserreger identifizieren oder therapeutisch wirken.

Schicht aus Siliziumdioxid schützt Zellen

Um das Problem der Toxizität zu umgehen, haben die Wissenschaftler die Nanopartikel in einem speziellen Verfahren mit einer zwei Nanometer dicken Siliziumdioxid-Schicht ummantelt. In einer Versuchsreihe verglich Georgios Sotiriou in seiner Doktorarbeit bei Pratsinis die Wirkung von unbehandelten Silbernanopartikeln mit nur teilweise und vollständig ummantelten Nanopartikeln.

Bei den vollständig ummantelten Partikeln beeinträchtigt die transparente Hülle die besonderen Lichteigenschaften der Sensoren nicht. Da aber Silberionen die Hülle nicht durchdringen können, besteht keine Gefahr für die Zellen. Letzteres zeigten die Wissenschaftler, indem sie in Zusammenarbeit mit Sven Panke, Professor am Departement für Biosysteme der ETH Zürich, Eschericha coli Bakterien zu den Partikeln hinzugaben, die sich unbeschadet weitervermehrten.

Quanteneffekte nutzen

Die besonderen plasmonischen Eigenschaften stammen von Quanteneffekten der Elektronen im Silber-Nanopartikel: Licht interagiert mit den Elektronen in der Oberfläche der plasmonischen Sensoren und bringt diese zum Oszillieren. Das eintreffende Licht wird dadurch stark absorbiert und gestreut. In der sogenannten Dunkelfeldbeleuchtung leuchten so die plasmonischen Sensoren. Sie sind deshalb ideal dafür geeignet, beispielsweise Viren, Bakterien oder Krebszellen aufzuspüren, oder die auf die Sensoren applizierten Medikamente gezielt an einen bestimmten Ort im menschlichen Körper zu transportieren.

Die Partikel können, etwa mit einem Antikörper bestückt, an definierte Biomoleküle gebunden werden. In Zusammenarbeit mit Janos Vörös, Professor am Institut für Biomedizinische Technik der ETH Zürich, gelang es den Wissenschaftlern zudem zu zeigen, dass sie auch als sogenannte Label-Free Sensoren einsetzbar sind. Das heisst, dass alle möglichen Eiweissmoleküle im Blutserum allein durch die physikalische Absorption zwischen Molekül und Sensoroberfläche auf dem Sensor anhaften und so nachgewiesen werden können. Das zeigten Versuche mit Rinderserumalbumin, das als Mustereiweissmolekül diente. Die an den Sensoren anhaftenden Eiweissmoleküle verursachen eine lokale Veränderung des Brechungsindexes an den plasmonischen Sensoren. Der höhere Brechungsindex der Lösung führt dazu, dass sich die optische Absorption des Sensors zu einer grösseren Wellenlänge des Lichts verschiebt. So werden die Biomoleküle sichtbar, das heisst, sie können einwandfrei nachgewiesen werden.

Die präparierten Silber-Nanopartikel liefern aber noch einen weiteren Vorteil, betont Sotiriou: «Die ummantelten Nanoteilchen sind in Seren-Suspensionen stabil, ohne dass wir dafür Substanzen hinzugeben müssen, die möglicherweise die Untersuchung stören.»

Auch Transport ist möglich

In einer kürzlich veröffentlichten Folgestudie in «Chemistry of Materials» beschreibt das Team von Pratsinis, wie die Funktionalität der mit Siliziumdioxid ummantelten Silber-Nanopartikel noch erhöht werden kann: Die Forschenden ummanteln in Zusammenarbeit mit Ann Hirt, Professorin am Institut für Geophysik der ETH Zürich, einen Eisenoxid- und einen Silberpartikel zusammen. Dadurch wurde der Sensor magnetisch.

Diese multifunktionellen Partikel können an bestimmte Zellen (z. B. Krebszellen wie HeLa-Zellen) binden und diese dadurch nachweisen. Das zeigten Versuche, die in Zusammenarbeit mit Pierre-Yves Lozach am Institut für Biochemie der ETH Zürich durchgeführt wurden. Die magnetischen Eigenschaften der Partikel ermöglichen nun zusätzlich, dass die Partikel an einen bestimmten Ort gelenkt werden können. Die Nanosilber Partikel docken an die Krebszellen an und könnten dort durch lokale Wärmeeinwirkung eines hochenergetischen Magnetfeldes oder infraroter Bestrahlung eliminiert werden. «Das bietet eine hochinteressante Möglichkeit zur nicht-invasiven Tumorzerstörung», betont Pratsinis.

Literatur:

Sotiriou GA et al.: Non-Toxic Dry-Coated Nanosilver for Plasmonic Biosensors, Advanced Functional Materials (2010), 20, 4209–4399, DOI: 10.1002/adfm.201000985
Sotiriou GA et al: Hybrid, Silica-Coated, Janus-Like Plasmonic-Magnetic Nanoparticles, Chemistry of Materials (2011), 23, 1985–1992, DOI: 10.1021/cm200399t
Sotiriou GA et al.: Nanosilver on nanostructured silica: Antibacterial activity and Ag surface area, Chemical Engineering Journal (2011), in press, DOI: 10.1016/j.cej.2011.01.099

 
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