Veröffentlicht: 25.10.10
Science

Ein Karton-Iglu für Shanghai

Drei Masterstudenten haben am Lehrstuhl für Computer Aided Architectural Design einen Pavillon aus Karton entworfen, der zurzeit in Shanghai zu sehen ist. Das Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie der gesamte architektonische Prozess von der Findung des Designs über die Produktion bis hin zur Logistik von Computern profitieren kann.

Samuel Schläfli
Wie aus einer anderen Welt: Ein Pavillon aus Karton, von drei ETH-Masterstudenten für die Ausstellung «3D PaperArt» in Shanghai entworfen. (Bild: Michele Leidi)
Wie aus einer anderen Welt: Ein Pavillon aus Karton, von drei ETH-Masterstudenten für die Ausstellung «3D PaperArt» in Shanghai entworfen. (Bild: Michele Leidi) (Grossbild)

Ein bisschen wie von einer anderen Welt sieht das löchrige Karton-Iglu aus, das man diese Tage in Shanghai sehen kann. Entworfen hat das futuristische Objekt ein Dreierstudententeam im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Professur für Computer Aided Architectural Design an der ETH Zürich. Die Einladung für die Präsentation eines eigenen Beitrags im Arts & Crafts Museum in Shanghai kam von den Schweizer Kuratoren der Ausstellung «3D PaperArt», die von Pro Helvetia organisiert wird. Die Ausstellung zeigt über 50 Werke aus Papier und Karton von Schweizer sowie chinesischen Künstlern und Designern. In zwei Monaten haben Min‐Chieh Chen, Dominik Zausinger and Michele Leidi das  Projekt «Packed» realisiert. «Skizzen von Hand oder Entwürfe mit einem Zeichnungsprogramm spielten bei dieser Arbeit eine vernachlässigbare Rolle. Von der Form bis zur Logistik verliessen wir uns auf den Computer», erzählt Michele Leidi. Dafür haben die Studenten eigene Programme geschrieben, die das Design des Pavillons nach Kriterien wie Lichteinfall, Stabilität und räumliche Qualitäten optimierten. Zugleich lieferten die Programme die Rohdaten für die computergesteuerte Kartonschneidmaschine. «Da der Gesamtprozess von der Idee bis zum Aufbau vor Ort in unseren eigenen Händen lag, konnten wir die einzelnen Schritte bestmöglich aufeinander abstimmen», sagt Leidi. Fragen des Gewichts oder der Verpackung zum Beispiel konnten die Studenten bereits beim Design als Kriterium einfliessen lassen.

Foto-Highlight und Experiment mit Erfahrungsgewinn

Zusammen mit Studenten aus China setzten die drei Architekten die 409 Rondellen in Shanghai innerhalb von einem Tag zusammen. Befestigt wurden sie mit Kabelbinder; bewusst setzte man auf günstige und leichte Materialien. Der Kartonpavillon war schliesslich eines der Foto-Highlights an der Ausstellung in Shanghai. Auf hunderten von Bildern ist «Packed» mit Gesichtern, die aus den Löchern strahlen, verewigt. Zudem hätten sich viele Betrachter sofort darüber Gedanken gemacht, wie sie eine solche Konstruktion am einfachsten kopieren könnten, erzählt Leidi. Weitergehende Anwendungen der Kartonkonstruktion schwebt den Studenten momentan nicht vor: «Das Ganze war ein Experiment, anhand dessen wir lernten, mit Problemen im computerunterstützten Designprozess umzugehen», resümiert Leidi. «Packed» wird nun noch einen Monat lang an der Fudan University in Shanghai zu sehen sein und danach als feste Installation vielleicht sogar für immer in Shanghai bleiben.

Ein Film zum Entstehungsprozess von «Packed» gibt es hier zu sehen.