Veröffentlicht: 30.08.10
Science

Phänomen der Plattentektonik erklärt

Transformstörungen untergliedern den Mittelozeanischen Rücken in Segmente. Sie galten bis anhin als Brüche, die sich in weniger stabilen Krustenbereichen bildeten. Taras Gerya hat die Dynamik, die zu den Transformstörungen führt nun im Modell erfasst und zeigt, dass es sich nicht um Brüche, sondern um natürlich gewachsenen Strukturen handelt.

Simone Ulmer
Links im Bild der durch Transformstörungen versetze Ostpazifische Rücken. Daneben die Simulation, die zeigt, wie sich im Laufe der Zeit Transformstörungen ausbilden. (Bild: Taras Gerya)
Links im Bild der durch Transformstörungen versetze Ostpazifische Rücken. Daneben die Simulation, die zeigt, wie sich im Laufe der Zeit Transformstörungen ausbilden. (Bild: Taras Gerya) (Grossbild)

An den Orten, an denen in den Weltmeeren neue ozeanische Kruste gebildet wird, befindet sich das grösste untermeerische Gebirge der Erde, der Mittelozeanischen Rücken (MOR). Er durchzieht die grossen Ozeane auf einer Länge von etwa 60'000 Kilometern. Im MOR liegt die Grenze der zwei aktiven Plattenränder an denen die neue Kruste gebildet wird und die sich jährlich um wenige Zentimeter auseinander bewegen. Charakteristisch für den MOR ist, dass er meist in Abständen von ein paar hundert Kilometern durch sogenannte Transformstörungen zerstückelt und versetzt ist.

«Diese auffälligen und noch immer rätselhaften Erscheinungen wurden bis anhin als Folgeprodukt von bereits zuvor existierenden Schwächezonen in der Kruste angesehen», sagt Taras Gerya Privatdozent am Departement für Erdwissenschaften der ETH Zürich. An den Transformstörungen wird nämlich im Gegensatz zu den Plattenrändern keine neue Kruste gebildet. Die Platten verschieben sich lediglich parallel entlang der Transformstörungen zueinander.

Wann Transformstörungen entstehen

Gerya ist spezialisiert auf die Simulation plattentektonischer Prozesse und hat nun mit neuen hochauflösenden dreidimensionalen Modellen simuliert, warum und wie sich Transformstörungen an den MOR bilden und unter welchen physikalischen Bedingungen.

Die Modelle zeigen, dass Transformstörungen dort entstehen, wo die ozeanische Kruste asymmetrisch wächst. Am ehesten an Orten, an denen sich die aktiven Plattenränder mit einer niedrigeren bis mittleren Geschwindigkeit, von etwa 4 bis 6 Zentimeter pro Jahr, voneinander weg bewegen. Zur Asymmetrie kommt es etwa indem die ozeanischen Krustenplatten ungleich von Magma genährt werden und somit unterschiedlich wachsen. Dies führt zu dynamischen Instabilitäten im Bereich der Krustenplattengrenze und in Folge zur spontanen Entwicklung von Transformstörungen aus den «Kurven» die sich durch das unterschiedliche Anwachsen der Krusten entlang des MOR bilden. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift «Science» publiziert.

Schneeflocke statt Glasscherbe

Die Simulationen zeigen eindrücklich, dass die ungleichmässig gebildeten Plattengrenzen im Laufe weniger Millionen Jahre zunehmend «kurviger» verlaufen und sich allmählich zu Transformstörungen entwickeln können. Die Transformstörungen sind somit quasi rotierte und gedehnte Teile des MOR. Dass es sich um Platenwachstumsstrukturen und keine Platenbruchstrukturen handelt ist ein entscheidender Unterschied: «Etwa so, wie der Unterschied zwischen der Wachstumsstruktur einer Schneeflocke und der Bruchstruktur einer Glasscherbe», sagt Gerya.

Literaturhinweis

Gerya T: Dynamical Instability Produces Transform Faults at Mid-Ocean Ridges. Science 27 August 2010 329: 1047-1050. DOI: 10.1126/science.1191349] (in Reports)

 
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