Veröffentlicht: 28.05.10
Science

Image der Armee gestiegen

Die Studie «Sicherheit 2010» untersucht die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zu sicherheitspolitischen Fragen. Der Mitherausgeber und Militärsoziologe Tibor Szvircsev Tresch erklärt wie aktuelle Ereignisse das Image der Armee beeinflussen und warum Schweizer Bevölkerung für gute Qualität auch etwas ausgeben will.

Thomas Langholz
Militärsoziologe Tibor Szvircsev Tresch ist Mitherausgeber der Studie «Sicherheit 2010».
Militärsoziologe Tibor Szvircsev Tresch ist Mitherausgeber der Studie «Sicherheit 2010». (Grossbild)

Herr Szvircsev Tresch, seit 1993 fragen die Militärakademie an der ETH Zürich und das Center for Security Studies die Schweizer Bevölkerung nach ihrer Einstellung zu verschiedenen Sicherheitsaspekten. Wo gibt es die grössten Änderungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren?
Szvircsev Tresch:
22 Prozent der 1200 Befragten plädieren für ein höheres Verteidigungsbudget, 50 Prozent möchten die Ausgaben so belassen und 22 Prozent wollen weniger ausgeben. Es ist erstaunlich, dass 22 Prozent mehr Geld für die Verteidigung ausgeben wollen. Selbst in den 80er Jahren sollte nach Ansicht der Bevölkerung eher gespart werden.

Verfolgt man die Diskussion um militärische Neuanschaffungen, wie zum Beispiel der Militärjets, gibt es eher die Tendenz zu sparen. Wie passt dies mit Ihrem aktuellen Ergebnis zusammen?
Wenn die Schweizer Bevölkerung etwas möchte, dann soll es von guter Qualität sein, und diese kostet eben Geld. 71 Prozent der Befragten wollen eine gut ausgerüstete und ausgebildete Schweizer Armee. Die Wahrnehmung in Teilen der Bevölkerung könnte auch die sein, dass die Armee unterfinanziert ist. Gemessen an den Bundesausgaben in den vergangenen Jahren sind die Militärausgaben nominell zurück gegangen und alle anderen Posten wurden erhöht. Dies scheint bei der Bevölkerung angekommen zu sein.

Wie beurteilen die Schweizer Bürger die militärische Kaderausbildung?
Das Image der Unteroffiziers- und Offiziersausbildung ist gestiegen und wird positiv bewertet. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass eine solche Ausbildung auch für den zivilen Beruf Vorteile bringt, wie zum Beispiel Führungserfahrung.

Sie haben zwischen Januar und Februar 1200 Bürgerinnen und Bürger telefonisch befragt. Welchen Einfluss hat das aktuelle Image der Armee in den Medien auf das Ergebnis?
Jede Befragung fällt zu jeden Zeitpunkt anders aus. Durch die Daten aus über zehn Jahren sehen wir aber nur marginale Abweichungen aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage. Wir haben aber festgestellt, dass durch militärpolitische Ereignisse die Akzeptanz der Armee beeinflusst werden kann. Positive Auswirkungen hatten die Hilfe der Armee beim Unwetter 2005 oder die Unterstützung bei der Euro 2008. Interessant ist aber, dass wir zum Beispiel bei der Affäre Nef-Schmid, 9/11 oder dem Unglück auf der Kander keine Auswirkungen auf die Befragung feststellen konnten. Wir als Wissenschaftler haben die Hypothese, dass erst Ereignisse, die jemanden direkt betreffen die Akzeptanz der Schweizer Armee positiv oder negativ beeinflussen.

Wie unterscheiden sich die Antworten je nach Alter?
Die älteren Personen sind meist positiver gegenüber der Armee eingestellt und möchten an der Wehrpflicht festhalten. Bei den jüngeren ist dies nicht so, vielleicht auch aus der eigenen Betroffenheit heraus. Aber auch das politische Spektrum links-rechts unterteilt die Bevölkerung in zwei Teile.

72 Prozent der Schweizer lehnen gemäss der Studie einen EU-Beitritt ab. Im Jahr 2003 waren es nur 44 Prozent. Woher kommt Ihrer Meinung nach dieser Wandel?
Die Schweiz sollte sich nach früheren Umfragen der EU eher politisch als wirtschaftlich annähern. Heutzutage ist es umgekehrt: Wirtschaftliche Annäherung aber politische Eigenständigkeit. Welche Gründe hinter diesem Meinungswechsel stehen, haben wir in unserer Studie nicht erfragt.

Viele Regelungen in der Schweiz entsprechen schon heute dem EU-Recht, politisch geht die Bevölkerung aber auf Distanz. Inwieweit spiegeln die Antworten die reale politische Situation wieder?
Es ist sehr schwierig die Daten zu interpretieren. Das Ergebnis spricht aber dafür, dass die Schweiz die schon bestehenden wirtschaftlichen Verbindungen halten und ausbauen möchte, ihre Autonomie und die direkte Demokratie aber behalten will, dass heisst, den bilateralen Weg präferiert.

Sie haben Ihre Ergebnisse auch international mit Studien aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den USA verglichen. Zu welchen Ergebnissen kamen Sie da?
Wir haben vor allem das sicherheitspolitische Meinungsbild der Bevölkerung verglichen; sprich welche zentralen Ziele soll die Sicherheits- und Aussenpolitik des jeweiligen Staates verfolgen? An erster Stelle kam der Schutz vor Krieg und Terror, aber auch die Wahrung von normativen ideellen Werten, wie zum Beispiel die der Menschenrechte. Insbesondere in Deutschland und der Schweiz kamen wir zu diesem Ergebnis. In Frankreich, Grossbritannien und in den USA hat die Armee darüber hinaus auch die Aufgabe einen freien und ungehinderten Welthandel zu sichern. Wir haben die These, dass Staaten, die weltweit militärisch weniger agieren, ähnliche sicherheits- und aussenpolitische Ziele verfolgen und eher auf ideelle als auf machtpolitische Ziele setzen.

Sicherheit 2010

Die Studie «Sicherheit 2010 – Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend» wird seit 1993 von der Militärakademie an der ETH Zürich (Milak) zusammen mit dem Center for Security Studies der ETH Zürich durchgeführt. Zwischen Januar und Februar dieses Jahres wurden 1200 Bürgerinnen und Bürgern in allen Sprachregionen der Schweiz telefonisch zu sicherheitspolitischen Themen befragt.
Die Studie ist im Internet verfügbar.

 
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