Veröffentlicht: 03.05.10
Science

Nanopartikel gegen Eisenmangel

Das Anreichern von Nahrung mit lebenswichtigen Spurenelementen beugt Mangelerscheinungen vor. Schwierig ist es beim Eisen. Nun entdeckten ETH-Forscher, dass das Eisen viel besser aufgenommen wird, wenn es in den Nanobereich zerkleinert und mit den richtigen Mineralien vermischt wird.

Kathrin Schaffner
Die an der ETH entdeckte Mischung aus Eisen-Zink-Oxid und Magnesium wird vom Körper gut aufgenommen und verändert die Farbe der Schokolademilch nicht. (Bild: Kathrin Schaffner / ETH Zürich)
Die an der ETH entdeckte Mischung aus Eisen-Zink-Oxid und Magnesium wird vom Körper gut aufgenommen und verändert die Farbe der Schokolademilch nicht. (Bild: Kathrin Schaffner / ETH Zürich)

Weltweit leiden rund zwei Milliarden Menschen an den Folgen von Eisenmangel. Müdigkeit, Blutarmut und Entwicklungsstörungen sind nur einige der vielen Symptome des Mangels. Frauen sind besonders häufig betroffen, weil sie während der Menstruation Blut und somit viel Eisen verlieren.

Eisenzusätze in der Nahrung

Eine mögliche Lösung des Problems ist es, häufig konsumierten Nahrungsmitteln Eisen beizufügen. Ähnlich, wie dies in der Schweiz seit 1922 mit Iod gemacht wird. Früher verbreitete Schilddrüsenkrankheiten sind durch Iod-angereichertes Salz fast vollständig verschwunden. Doch im Gegensatz zur Mischung von Iod und Salz ist es schwierig, Nahrung mit Eisen wirkungsvoll anzureichern. Denn das oft eingesetzte elementare Eisen ist nicht wasserlöslich und wird im Darmtrakt schlecht aufgenommen.

Eisensulfat hingegen ist wasserlöslich und wird vom Körper gut aufgenommen, aber es verändert die Farbe und den Geschmack der Nahrung. Das würden die Konsumenten nicht akzeptieren, sagt Florentine Hilty, Ernährungswissenschaftlerin an der ETH Zürich: «Keine Mutter tischt ihrem Kind blauen Bananenbrei auf, der nach Metall schmeckt.»

Vermischen und verbrennen

Nun haben Hilty und ihre Kollegen am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH herausgefunden: Zerkleinert und mit den richtigen Metallen vermischt, kann nicht wasserlösliches Eisen vom Körper gut aufgenommen werden. Am besten schneidet eine Mischung aus Eisen-Zink-Oxid und Magnesium ab. Versuche mit Ratten zeigten, dass das Eisen in dieser Form viel besser verwertet wird und die zu Testzwecken eingesetzte Bananen- und Schokolademilch farblich nicht verändert.

Kalzium und Magnesium sind als Mischelemente unbedenklich, da der Körper sie ohnehin in grossen Mengen braucht. Zink hat keinen Einfluss auf die Verwertbarkeit. Es wird aber der Mischung beigefügt, weil Zinkmangel häufig gemeinsam mit Eisenmangel auftritt.

Bei der Mischung werden die drei Metalle in einer brennbaren Flüssigkeit aufgelöst und kontrolliert erhitzt. Bei dieser Verbrennung bilden sich Teilchen, die nur wenige Nanometer gross sind. Sie enthalten 22 Prozent Eisen, 15 Prozent Zink und 17 Prozent Magnesium, der Rest ist Sauerstoff und Wasser. Gemeinsam bilden die Partikel ein pulvriges Gemisch. Die relativ günstige Verbrennungstechnik sei einfach und schon länger bekannt, sagt Florentine Hilty. Sie sei aber erst vor drei Jahren von den ETH-Wissenschaftlern Michael Zimmermann, Fabian Rohner und Sotiris Pratsinis erstmals für Lebensmittel verwendet worden.

Verbesserte Blutwerte

Ratten, die täglich mit dem nanostrukturierten Gemisch gefüttert wurden, hatten nach 13 Tagen schon deutlich bessere Blutwerte. Auch zeigten sich keine Ablagerungen des Eisens im Darm oder anderen Organen. Die Testergebnisse seien erfreulich, sagt Hilty. Sie zeigen, dass der Körper die neue Eisenverbindung wie bereits bekannte Elemente aufnimmt.

Bis zur Anwendung im Markt seien noch viele weitere Versuche nötig, sagt die Wissenschaftlerin. Bananen- und Schokolademilch eignet sich zwar, weil sie farblich stark mit der neuen Verbindung reagiert und deshalb schnell klare Ergebnisse liefert, sie ist aber kein Lebensmittel, das in Zukunft angereichert würde. Zurzeit testen die ETH-Forscher, ob die neuen Verbindungen auch bei Grundnahrungsmitteln wie Reis und Mehl die gewünschten Resultate zeigen. Auch muss noch genauer abgeklärt werden, ob das Gemisch garantiert gesundheitlich unbedenklich ist. 

Ziel ihrer Forschung sei die Verbesserung der Gesundheit vor allem von Menschen in Entwicklungsländern, sagt Hilty. In der Schweiz könnte die Anreicherung von Nahrung mit den neuen Eisenverbindungen vor allem die Lebensqualität junger Frauen verbessern. Bis dahin steht der relativ jungen Forschung, die sich mit nanostrukturierten Verbindungen für Lebensmittel befasst, noch ein weiter Weg bevor.

Literaturhinweis

Hilty, F. et al. Iron from nanocompounds containing iron and zinc is highly bioavailable in rats without tissue accumulation. Nature Nanotechnology, published online: 25 April 2010, doi:10.1038/nnano.2010.79