Veröffentlicht: 07.12.09
10 Jahre IDEA League

Motor der europäischen Wissensgesellschaft

1999 prägte das Bologna-Abkommen Europas Hochschullandschaft. Gleichzeitig nahmen die technischen Universitäten von Delft und Aachen, das Imperial College London und die ETH Zürich eine vielfältige Kooperation in Angriff. In den ersten zehn Jahren hat sich die IDEA League zum führenden europäischen Hochschul-Netzwerk für Technik und Naturwissenschaften entwickelt.

Norbert Staub
Die Repräsentanten der IDEA League: Ralph Eichler, Präsident ETH Zürich; Sir Roy Anderson, Rektor Imperial College, London; Rolf Rossaint, Prorektor für Forschung und Struktur, RWTH Aachen; Yves Polaine, Direktor Telecom-Paristech (v.l.n.r.). Dirk Jan van den Berg, Präsident TU Delft und Präsident der IDEA League (sitzend) (Bild: ETH Zürich)
Die Repräsentanten der IDEA League: Ralph Eichler, Präsident ETH Zürich; Sir Roy Anderson, Rektor Imperial College, London; Rolf Rossaint, Prorektor für Forschung und Struktur, RWTH Aachen; Yves Polaine, Direktor Telecom-Paristech (v.l.n.r.). Dirk Jan van den Berg, Präsident TU Delft und Präsident der IDEA League (sitzend) (Bild: ETH Zürich) (Grossbild)

Es war kein Zufall: Wenige Monate nach dem Durchbruch von Bologna, der die universitären Ausbildungen europaweit öffnete und in eine beispiellose Dynamik versetzte, schmiedeten die Präsidenten von vier technischen Universitäten eine strategische Allianz. Das Memorandum of Understanding der IDEA League-Partner aus London, Delft, Aachen und Zürich nahm explizit Bezug auf die Bologna-Deklaration. Es waren dies Hochschulen, die schon seit jeher weiter dachten als bis zur jeweiligen Landesgrenze: Starke Mitstreiter zu haben, war angesichts der Internationalisierungsschubs ein Gebot der Stunde.

Die gewählten Marke «IDEA League» setzt sich zusammen aus den Initialen der Gründer-Unis Imperial College, TU Delft, ETH Zürich und RWTH Aachen. Sie steht für den Willen, den besten wissenschaftlichen Ideen als Gemeinschaft noch mehr Gewicht und Gehör zu verleihen. Man stelle sich vor: Dieses Netzwerk baut heute Brücken, über die sich rund 100'000 Studierende und Doktorierende sowie zirka 18'000 akademische Angestellte begegnen können.

Wer in der IDEA League spielt, versteht Integration à la Bologna nicht als Ziel, sondern lediglich als Instrument, um der globalen Konkurrenz - in den USA und immer mehr im Ferner Osten - Paroli zu bieten. Im November 2006 stiess als fünftes und bislang letztes Mitglied das Paris Tech zum Verbund. Diese Hochschule vereinigt die elf tonangebenden technisch-naturwissenschaftlichen «Grandes Ecoles» Frankreichs. Kürzlich nun hat die IDEA League ihren zehnten Geburtstag feiern können.

Vom Fokus aufs Studium …

Fernziel des Netzwerks war, sein Gewicht für einen besseren Zugang zu den EU-Töpfen der Forschungsförderung zu nutzen, für das Werben um mehr und bessere Studierende sowie für mehr Einfluss auf die europäische Bildungs- und Forschungspolitik. Dazu musste jedoch zunächst viel Grundlagenarbeit geleistet werden. In den Anfangsjahren konzentrierte man sich auf die Herstellung von Transparenz und Vergleichbarkeit bei den Ausbildungssystemen. Konkret übersprangen alle Partnerhochschulen nationale Hürden, stellten gemeinsame Qualitätsmassstäbe und Zulassungskriterien auf und definierten ihre Studienprofile nach dem selben Raster – ein wichtiger Schritt, um Studierende mobil zu machen, und eines der grossen Ziele von «Bologna».

Bis zum Jahr 2002 waren im ganzen Netzwerk die Profile von zehn Studienprogrammen bestimmt und in so genannten «Diploma Supplements» definiert, also erläuternden Ergänzungen zu den Abschlussdiplomen. Ein Resultat dieser Bemühungen sticht heraus: Das erste trilaterale Masterprogramm Europas, ein Abschluss in Angewandter Geophysik, den die ETH Zürich, die TU Delft und die RWTH Aachen gemeinsam anbieten und der den Studierenden eine einzigartige Vielfalt bietet – sowohl kulturell als auch wissenschaftlich. Eine weitere attraktive Dividende der Kooperation sind die IDEA League Summer Schools. Bisher neun Mal trafen sich Doktorierende der IDEA League Hochschulen, um grenzüberschreitend und autonom ihre Kompetenzen in den unterschiedlichsten Gebieten zu schärfen, von Biotechnologie und Problemen urbaner Mobilität über Modellierungstechniken in Materialwissenschaften sowie Informationstechnologie bis zur Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz. Diesen Austausch fördern auch die IDEA-League-Stipendien für Studierende, die seit 2006 angeboten wurden.

… zum Agenda-Setting für die Forschung in Europa

Und nicht zu unterschätzen: die rund 20 Fachgruppen mit Management-Angehörigen aller Partnerhochschulen, die sich formierten um gegenseitig Standards zu überprüfen und gemeinsam zu entwickeln. Die behandelten Themen reichen von Ethik über Lehrqualität und Chancengleichheit bis zum Sportangebot und zu den Studierendenanliegen. Letztere artikuliert seit 2005 der IDEA League Student Council «IDEALiSTiC».

In den Folgejahren erweiterten die Partner das Spektrum des Netzwerks kontinuierlich in Richtung Forschung, Innovation und Wissenstransfer. Mit dazu bei trug sicher auch, dass Europa erkannt hatte, welche Schlagkraft mit der Verkoppelung der nationalen Kräfte zum kontinentalen Forschungsraum zu erzielen ist. Ab dem Jahr 2006 hob die IDEA League insgesamt fünf sogenannte Excellence Clusters aus der Taufe, die Netzwerk-weit zu Forschungspartnerschaften in den Gebieten Energie, Umwelt, Gesundheit, Informationstechnologie und Mobilität anregten. Erklärtes Ziel ist, die Forschung konsequent an den Bedürfnissen und Anforderungen von Gesellschaft und Wirtschaft auszurichten und damit zur Lösung europäischer und globaler Probleme beizutragen.

Gemeinsam stark

Diese Excellence Clusters bereiteten das Feld für ein neues und besonders ambitioniertes Projekt: eine «Knowledge and Innovation Community» (KIC) zum Thema Klimaforschung, die im Spätsommer 2009 vier IDEA-League-Hochschulen und weitere Partnern aus Forschung und Industrie beim European Institute of Innovation and Technology (EIT) beantragt haben. Die KICs verkörpern zurzeit das dynamischste und prestigeträchtigste Instrument zur Forschungsförderung im europäischen Raum. Ihre Besonderheit: Sie bündeln für bis zu 15 Jahre wissenschaftliche und wirtschaftliche Kompetenzen, um den grossen aktuellen Herausforderungen – wie hier dem Klimawandel – zu begegnen. Das EIT erwartet, dass ein KIC künftig Ausgaben von bis zu 100 Mio. Euro jährlich generiert, wovon das EIT selbst etwa ein Viertel übernimmt. Nun sind die Mitglieder des «Climate-KIC»-Konsortiums gespannt, wie ihr Vorschlag abschneidet. Erwartet wird die Entscheidung Mitte Dezember 2009.

Die IDEA-League-Vision mündet in den Satz: «Gemeinsam machen wir den Unterschied». Konsequenterweise haben sich die Universitätsleitungen in London, Aachen, Delft, Zürich und Paris im ersten Jahrzehnt auf den Aufbau starker Beziehungen konzentriert und auf eine umfassende organisatorische Harmonisierung - mit grossem Erfolg. Nun ist das Netzwerk bereit, um als Gemeinschaft der exzellentesten Technikerschmieden Europas die Bildungs- und Forschungslandschaft des Kontinents massgeblich mitzuprägen.

 
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