Veröffentlicht: 25.11.09
Klimafreundliches Menü

Beim Essen an die Umwelt denken

Das Physikrestaurant in Science City bietet seinen täglich rund 1500 Gästen während drei Wochen ein klimafreundliches Menü an. In Zusammenarbeit mit dem Verein «eaternity», der von Studierenden der ETH gegründet wurde, hat das Physikrestaurant das vegetarische Gericht auf einen geringen CO2-Wert hin optimiert. Die ersten Reaktionen sind positiv.

Lukas Langhart
Das erste klimafreundliche Menü fand – obwohl optisch nicht so ansprechend – Anklang bei den Gästen des Physikrestaurants. (Bild: Lukas Langhart / ETH Zürich)
Das erste klimafreundliche Menü fand – obwohl optisch nicht so ansprechend – Anklang bei den Gästen des Physikrestaurants. (Bild: Lukas Langhart / ETH Zürich) (Grossbild)

Melanie ist keine Vegetarierin – trotzdem entscheidet sie sich in der Mensa häufig für das fleischlose Gericht. So auch am Montag, als im Physikrestaurant in Science City ein peruanischer Gemüseeintopf mit Limettensauce auf Quinoa auf dem Speiseplan steht. Als Gelegenheitsvegetarierin kennt Melanie die getreideähnlichen Quinoa-Samen, die auch als Inkareis oder Andenhirse bekannt sind. Sie hat deshalb auch bedenkenlos zugegriffen – und bereut ihre Wahl nicht: «Das ist besser als die sonstigen Vegi-Menüs.» Fast 300 Personen probierten am Montag das mit dem Slogan «weniger CO2 – 100 Prozent Geschmack» aufwändig beworbene eaternity-Menü. Die Reaktionen sind mehrheitlich positiv.

Ernährung und Klimawandel hängen zusammen

Die Ernährung trägt einen wesentlichen Teil zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Wer pflanzliche statt tierische und saisonale statt im Gewächshaus gezüchtete Produkte konsumiert, kann den CO2-Ausstoss beeinflussen. «Unser Ziel ist, die Leute darauf zu sensibilisieren», sagt Judith Ellens, Masterstudentin der Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich mit Schwerpunkt Ökologie und Evolution, die das Projekt eaternity ins Leben gerufen hat und als Koordinatorin amtet. Nebst den Flyern macht der Verein mit Plakaten auf Fakten rund um eine ökologische Ernährung aufmerksam und bietet auf der Webseite einen CO2-Rechner an, mit dem einzelne Zutaten sowie ganze Menüs auf ihre Klimafreundlichkeit getestet werden.

Judith Ellens ist zufrieden mit der Präsenz von eaternity und dem Grundtenor der Mensabesucherinnen und -besucher am ersten Tag. Sie wollen die ETH-Angehörigen nicht zu Vegetariern umerziehen, betont Ellens. «Aber die Leute sollen sich bewusst werden, dass das, was auf ihrem Teller landet, das Klima beeinflusst – und ich glaube, das werden wir mit dieser Aktion erreichen.» Das Pilotprojekt läuft bis am 11. Dezember. Danach evaluiert der Verein eaternity zusammen mit den Verantwortlichen von SV Schweiz, ob ein Bedürfnis nach einem klimafreundlichen Menü grundsätzlich da ist.

Vegi oder Fleisch?

Auch die üblichen Vegi-Menüs seien zwar in der Regel gut, aber eben nicht jeden Tag gleich ansprechend, sagt Biochemiestudentin Melanie. Sie bedauert, dass Vegetarier in der Mensa nicht zwischen mehreren Menüs wählen können. Während im Physikrestaurant täglich vier Fleischgerichte angeboten werden, bleibt Vegetariern, denen das aktuelle Menü nicht zusagt, nur das Salatbüffet. «Wahrscheinlich ist die kleine Auswahl an fleischlosen Gerichten ein Grund dafür, dass sich nur eine Minderheit vegetarisch ernährt.»

Zum eaternity-Menü gehört auch ein Saisonsalat. Alles in allem entspricht das Mittagessen am Montag 350 Gramm CO2-Äquivalenten. Als angehende Biochemikerin ist Melanie die CO2-Problematik alles andere als fremd, doch nicht alle kennen sich in dieser Materie aus. Der Flyer, der den Besucherinnen und Besuchern in der ersten Woche des Pilotprojekts im Eingang zum Physikrestaurant in die Hand gedrückt wird, liefert die Hintergründe: Dass CO2-Äquivalente das Treibhauspotenzial aller freigekommenen Klimagase, von der Herstellung einer Zutat bis zum Produktverkauf, umgerechnet in CO2, angeben. Und dass das eaternity-Menü nach diesen Berechnungen rund 65 Prozent weniger CO2 verursacht als die fleischhaltigen Gerichte. Melanie wusste bereits, dass die Ernährung Einfluss auf die persönliche Ökobilanz hat. «Die Ausmasse hätte ich aber nie so riesig eingeschätzt», gibt sie zu.

Die angehende Bauingenieurin Silvana stempelt das klimafreundliche Gericht als «typisches Mensa-Essen» ab. «Das Salz fehlt, ansonsten ist es ganz gut.» Sie sei aber, was Essen anbelangt, auch nicht so heikel, fügt sie an. Einer ihrer Kommilitonen wirft ein: «Ich für meinen Teil bin sehr heikel – und sogar mir hat es geschmeckt.»

Gegen Fleischkäse ist kein Kraut gewachsen

Im Schnitt greifen rund 23 Prozent der Besucherinnen und Besucher des Physikrestaurants zum Vegi-Teller, weiss Michael Jegge von SV Schweiz, der die grösste Mensa auf dem Hönggerberg leitet. Dass das eaternity-Menü diese Marke am ersten Tag noch nicht ganz zu erreichen vermochte, führt Jegge auf die starke Konkurrenz zurück: «Der Fleischkäse mit Rösti und Bohnen, den wir am Montag unter anderem im Angebot hatten, ist ein absoluter Renner bei unseren Gästen.» Da sei auch ein noch so gutes Vegi-Menü chancenlos. Der SV Service unterstützt das Projekt eaternity, obwohl es der Mensa einen Mehraufwand beschert. Jegge geht davon aus, dass das klimafreundliche Menü ähnlich erfolgreich wie der übliche Vegi-Teller sein wird. Auf die Frage, ob eine dauerhafte Umstellung auf die CO2-armen Menüs realistisch wäre, antwortete er: «Diese Entscheidung liegt nicht bei mir – aber machbar ist grundsätzlich alles.»