Veröffentlicht: 03.09.09
Neues elektronisches Konzept

Wie Hybridmotore billiger werden könnten

Vor ein paar Jahren waren Hybridfahrzeuge noch echte Exoten. Jetzt sieht man sie immer häufiger auf unseren Strassen. Aber bisher sind Hybridautos kein Massenprodukt, da ihre Produktionskosten relativ hoch sind. Eine Forscherin der ETH Zürich hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit ein neues Konzept entwickelt, das leistungselektronische Funktionen und Elektromotoren integriert. Dadurch könnten die Herstellungskosten von Hybridautos sinken.

Nicole Kasielke
Das neue, kompakte Konvertersystem integriert einen DC/DC Wandler und einen Wechselrichter und bezieht den Antriebsmotor magnetisch und elektrisch in beide Funktionen ein.
Das neue, kompakte Konvertersystem integriert einen DC/DC Wandler und einen Wechselrichter und bezieht den Antriebsmotor magnetisch und elektrisch in beide Funktionen ein. (Grossbild)

Seit Hollywoodstars wie Leonardo DiCaprio oder Cameron Diaz stolz mit ihren Hybridautos vor dem roten Teppich vorfahren, werden diese auch für den gewöhnlichen Automarkt interessanter. Die öffentliche Klimadebatte tut ihr übriges und so rücken Hybridautos mit einer Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor immer stärker in den Fokus der Forschung.

Hanna Plesko, Doktorandin an der Professur für Leistungselektronik, kommt zwar jeden Morgen mit dem öffentlichen Verkehr an die ETH Zürich, den Rest des Tages gilt ihr Interesse aber Antriebssystemen für Autos. Genauer gesagt den leistungselektronischen Konvertern von Hybridantrieben, denn die sind ihr wissenschaftliches Forschungsgebiet, in dem sie im Dezember ihre Doktorprüfung ablegen wird. «Dabei besitze ich nicht mal ein Auto», lacht sie.

Hybridantriebe bisher relativ teuer

Die Herstellung von Hybridantrieben ist auch heute noch sehr teuer. «Man munkelt, dass mit Hybridfahrzeugen zwar ein grosser Imagegewinn zu erreichen ist, die Kostendeckung für Automobilkonzerne vielfach aber noch nicht gegeben ist», sagt Plesko. Es stellt sich also die Frage, wie Hybridfahrzeuge kostengünstiger gebaut werden können. Einen beträchtlichen Anteil der Kosten verursachen der Elektromotor und die leistungselektronische Energieverteilung, bei der Wechselrichter und DC/DC Wandler eine wichtige Rolle spielen. Der Ansatz von Plesko beruht auf einer neuen gemeinsamen Nutzung dieser Komponenten, bei der die Leistungselektronik und der Elektromotor gleichzeitig mehrere Funktionen übernehmen. Diese Mehrfachnutzung der elektronischen Bauteile und des Motors spart zusätzlich Volumen.

Kombination mit Motor bringt Vorteile

In konventionellen Hybridfahrzeugen versorgen Batterien nicht nur den Elektromotor, sondern gewährleisten auch den Betrieb von Radio, Lüftung oder Lampen. Im Gegensatz zum elektrischen Antriebssystem, für das eine hohe Gleichspannung von 200 – 600 V in Wechselspannung umgewandelt werden muss, reicht für die Versorgung eines Autoradios eine geringe Gleichspannung von 12 V. Wechselrichter, die den Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln und DC/DC Wandler, welche die Leistung zwischen den zwei Batterien übertragen, sind deshalb wichtige leistungselektronische Komponenten von Hybrid- oder Elektroantrieben. Bei den derzeitigen Hybridantrieben befinden sich diese Konverter ausserhalb des Elektromotors. In der Forschungsgruppe «Future Automotive Power Electronics» um Senior Scientist Jürgen Biela hat Plesko für ihre Doktorarbeit ein System entwickelt, bei dem Wechselrichter, DC/DC Wandler und der Elektromotor funktionell integriert werden. Dadurch dass die Funktionen von Antrieb und DC/DC Wandler in ein Gesamtsystem zusammengefasst werden, können gewisse elektronische Bauteile und Blechpaket sowie Wicklung des Motors mehrfach genutzt werden. Bei grossen Stückzahlen ergibt sich eine Preisersparnis, da weniger Rohstoffe gebraucht werden. Ausserdem ist Pleskos Aufbau weniger komplex, so dass die Produktion vereinfacht werden könnte.

Für ihren Prototyp hat Plesko einen Motor mit einer Leistung von 3 kW verwendet. Real wären 50 kW, aber für so hohe Leistungen sind die Versuchsanordnungen nicht ausgelegt. Sie ist aber überzeugt, dass ihr Aufbau auch bei reellen Leistungen funktioniert. Zwei Patente sind beantragt.

Kontakt zur Autoindustrie aufgenommen

Erste Gespräche mit einem der grossen Autobauer hat es bereits gegeben, aber ob sich daraus eine Zusammenarbeit entwickelt, ist noch unklar.

Nach Meinung von Johann Kolar, Professor für Leistungselektronik und Pleskos Doktorvater, ist die Umsetzung neuer Konzepte im Bereich Hybridfahrzeuge für Autokonzerne vielfach schwierig. Die Herausforderung liegt darin, die traditionell dominierende Kompetenz im Maschinenbau mit neuen Bereichen wie Leistungselektronik, Speichertechnologien und elektromechanischer Energiewandlung eng zu verbinden, um zu einem fortschrittlichen Gesamtkonzept mit hervorragender Performance zu kommen. Japanische Autohersteller haben hier eine Vorreiterrolle übernommen. Maschinenbauer und Elektrotechniker arbeiten dort Hand in Hand, so dass eine sehr breite Kompetenz mit grosser technologischer Tiefe besteht. Diese reicht bis zur eigenen Fertigung von Leistungshalbleitern durch Automobilkonzerne.

Für Kolar ist das neue Konzept von Plesko eine sinnvolle Weiterentwicklung. Ob es Eingang findet in den Hybridmarkt wird die Zukunft zeigen. Alternativ bieten sich interessante Anwendungen in der Industrieautomation und Robotik sowie im Bereich «More-Electric Aircraft», in dem neue Konzepte für die Bordenergieversorgung von Flugzeugen entwickelt werden.

 
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