Veröffentlicht: 26.09.08
Meeresgeologie

Black Smoker naturgetreu modelliert

Entlang der Mittelozeanischen Rücken, an denen neue Ozeankruste gebildet wird, liegen Felder hydrothermalen Quellen, so genannte Black Smoker. Wie diese hydrothermalen Systeme funktionieren - was sie antreibt und am Leben erhält - zeigt eindrücklich ein 3D-Modell von Forschern der ETH Zürich.

Simone Ulmer
Thermische Struktur und Fliessmuster in hydrothermalen Systemen unter dem Meeresboden: (A) Konturen gleicher Temperatur in der Erdkruste unter dem Meeresboden. Die röhrenförmigen Strukturen umschliessen Gesteinszonen, in denen heisses hydrothermales Fluid aufsteigt. Die offenen Enden der Röhren entsprechen Flächen mit heissen Quellen („Black Smokers“). (B) Horizontale Schnitte in 100m und 500m Tiefe. Die Farben kennzeichnen die Intensität des Fluidflusses. (C) Dreidimensionale Darstellung des Fliessmusters.
Thermische Struktur und Fliessmuster in hydrothermalen Systemen unter dem Meeresboden: (A) Konturen gleicher Temperatur in der Erdkruste unter dem Meeresboden. Die röhrenförmigen Strukturen umschliessen Gesteinszonen, in denen heisses hydrothermales Fluid aufsteigt. Die offenen Enden der Röhren entsprechen Flächen mit heissen Quellen („Black Smokers“). (B) Horizontale Schnitte in 100m und 500m Tiefe. Die Farben kennzeichnen die Intensität des Fluidflusses. (C) Dreidimensionale Darstellung des Fliessmusters. (Grossbild)

Bereits in der Schule erfahren Schülerinnen und Schüler, dass an Mittelozeanischen Rücken neue ozeanische Kruste gebildet wird und sich die ozeanischen Platten voneinander weg bewegen. Nahe der Nahtstelle zwischen den beiden Plattengrenzen dringt kaltes Meerwasser durch Spalten tief in die Kruste ein, wo es durch die unterliegende Magmakammer erhitzt wird. Es entwickeln sich so genannte hydrothermale Systeme mit Black Smokern.

Modell beleuchtet die Dynamik

Welche Prozesse diese Systeme zum Leben erwecken und am Leben erhalten und wie es in ihrem Innern in der Nähe von Mittelozeanischen Rücken aussehen könnte, zeigen nun Dingeman Coumou, Thomas Driesner und Christoph Heinrich vom Departement für Erdwissenschaften der ETH Zürich in einem dreidimensionalen Modell. Die Ergebnisse, die sie heute in der Wissenschaftszeitschrift „Science“ publizierten, geben eine genaue zeitliche und räumliche Vorstellung des Wärmefluss und davon wie die hydrothermalen Wässer zirkulieren.

Nährstofflieferant für einzigartige Ökosysteme

Das in dem System auf mehrere hundert Grad erhitzte Wasser löst während seinem Weg durch die Kruste chemische Elemente aus dem Gestein. Die angereicherten Wässer sind dort, wo sie aus dem Meeresboden wieder austreten, Nährstoffgrundlage für einzigartige Ökosysteme. Die metallischen Elemente und Schwefel, die von den Fluiden an die Oberfläche des Meersgrund transportiert werden, verbinden sich zu Metallsulfiden, etwa von Kupfer und Eisen, und lassen so die Black Smoker und potentielle Lagerstätten entstehen. Black Smoker sind bis zu zehn Meter hohe kreisrunde Türme, die durch ihr durchlässiges Gestein die hydrothermalen Wässer wieder in den Ozean entlassen. Dabei entsteht auch der schwarze Rauch, dem die Black Smoker ihrne Namen zu verdanken haben. Die Struktur dieser hydrothermalen Systeme, wo das Meerwasser genau in die Kruste eindringt und ihre Dynamik, sind bis anhin nicht eindeutig geklärt.

Durch das von den ETH-Forschern entwickelte Modell gelang es nun eine genauere Vorstellung davon zu bekommen. Die Parameter, die dabei dem Modell als Rahmenbedingung vorgegeben wurden - wie etwa Wärmefluss und Permeabilität des Gesteins - sind durch bestimmte bekannte Gegebenheiten festgelegt. Die Temperatur des Magmas liegt nach heutigem Wissenstand in derartigen Regionen bei etwa 1200 Grad Celsius. Der Wärmefluss von 350 Megawatt pro Kilometer Mittelozeanischer Rücken konnte über verschiedenen Beobachtungen, wie etwa die Geschwindigkeit mit der sich die ozeanischen Platten bewegen, oder über direkte Messungen gemittelt werden. Bei der Permeabilität der basaltischen Ozeankruste wurde der Wert automatisch dadurch eingegrenzt, dass bei zu geringer Permeabilität das System überhitzen würde und bei einer zu hohen die Wärme zu gering wäre.

Erstmals Realwerte als Modelliergrundlage

Die Parameter Wärmefluss, Permeabilität und Wassertiefe speisten sie in ein Modell ein. Das neue an dem Modell ist, dass die davon abhängigen Faktoren wie Dichte und Viskosität des Wassers als nicht lineare Grössen in das Modell einfliessen und als realistische Werte in Abhängigkeit von der Temperatur berücksichtigt werden. „Bisher hat man der Einfachheit halber diese Werte immer als lineare Werte in Modellierungen aufgenommen“, sagt Thomas Driesner. „Dafür musste man so lange an den anderen Parametern rumschrauben, bis ein sinnvolles Modell zustande kam“.

Traum jedes Modellierers

Die ETH-Wissenschafter nutzten nun erstmals realistische physikalische Parameter, ohne eine komplexe Geologie, wie etwa Sedimentschichten und Spalten im Gestein, zu berücksichtigen. „Das Ergebnis war für uns verblüffend“, erklärt Driesner. In einem wasserduchlässigen einheitlichen Gesteinsblock, ohne Risse und Spalten, entwickelte sich von selbst ein hydrothermales System, wie es in der Natur zu finden ist. Im Abstand von 500 Metern formten sich kreisrunde Black Smoker-Felder, die im Schnitt einen Durchmesser von 20.000 Quadratmetern aufwiesen. „Wir sind davon überzeugt, dass wir die wesentlichen physikalischen und geologischen Einflussgrössen erfasst haben und deshalb unser Modell die Natur gut wiedergibt“, erklärt Driesner.

Darüber hinaus muss eine weitere Vorstellung revidiert werden. Bis anhin ging man davon aus, dass das Meerwasser in grösserer Entfernung von den Black Smokern in die Kruste eindringt. Die Modelle zeigten jedoch, dass die Temperatur der Gebilde von etwa 400 Grad Celsius im Zentrum auf 100 Grad Celsius im Randbereich abnahm. Durch das Aufheizen der Aussenregion der Black Smoker wird die Viskosität des Wassers herabgesetzt – bei etwa 200 Grad Celsius um das Zehnfache. In diesen Regionen, direkt bei den Black Smokern, kann folglich bei unveränderter Permeabilität neues Meerwasser in grossen Mengen leicht eindringen.

Das System schafft damit ideale Bedingungen für eine sich selbst erhaltende Zirkulation der Wässer und zur Ausfällung von Metallsulfiden. Bereits nach 100 bis 1000 Jahren kann es deshalb beispielsweise zu nennenswerten Kupferablagerung kommen, schreiben die Autoren. Ausserdem würden die Wässer nur drei Jahre im System verbleiben, bis sie vollständig zirkuliert sind.

Eldorado für Tiefsee-Bergbau?

Obwohl diese mysteriös anmutenden und ökologisch bunten Kunstwerke der Tiefsee erst Ende der 1970er Jahre entdeckt worden waren, sind sie heute nicht nur für die Wissenschaft ein Eldorado. Die Rohstoffvorkommen im Bereich anderen geologischer Begebenheiten, die am Meeresgrund an ähnlichen hydrothermalen Quellen entstanden, weckten bereits das Interesse von Firmen, die dort Tiefsee-Bergbau betreiben wollen. Ende 2009 soll trotz ökologischer Bedenken - dass zum Beispiel die einzigartigen Ökosysteme solcher Regionen zerstört und die Organismen der darüberliegenden Wasserschichten durch den Schmutz stark beeinträchtigt werden - vor der Küste Papa-Neuguineas in 1700 Meter Tiefe mit dem Abbau derartiger Lagerstätten begonnen werden. Fachleute sind jedoch der Ansicht, dass der Tiefsee-Bergbau sich nicht durchsetzen wird, solange auf dem Festland ausreichend Erzlagerstätten vorhanden sind. Dafür ist der Aufwand zu gross und die Kosten zu hoch. Deshalb sei das für die noch tiefer gelegenen Regionen der Black Smoker an den Mittelozeanischen Rücken im Moment noch weniger aktuell, erklärt Driesner.

Literaturhinweis:

Coumou D, Driesner T, & Heinrich, CA: The Structure and Dynamics of Mid-Ocean Ridge Hydrothermal Systems, Science, Vol. 321. no. 5897, pp. 1825 - 1828, doi: 10.1126/science.1159582

 
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